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Lustvolles Erwachen

Lustvolles Erwachen

Titel: Lustvolles Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Dreyer
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mehr zu gehören schien. Sie bemühte sich, sich keine Sorgen zu machen. Sie suchte in Menschenmengen nicht mehr nach ihm und lauschte nachts nicht mehr auf seine Schritte auf der Treppe. Sie versuchte ihr Bestes, um in ihrem neuen, eingeschränkten Leben Freude zu finden. Sie verließ sich darauf, dass alle Aufregung sich legen und Ruhe einkehren würde.
    Dann kam Onkel Dawes zu Besuch.
    Es war Mitternacht, als Grace allein von einem Ball zurückkehrte, auf dem sie ausnahmsweise einmal wieder mit Diccan zusammen gewesen war. Als sie das Haus betrat, teilte Roberts ihr mit, dass ihr Onkel sie erwartete.
    »Onkel Dawes?« Sie trat in den warmen Salon, und ihr Onkel erhob sich, einen Brandyschwenker in der Hand, von dem blauen Sofa. »Es ist nach Mitternacht. Was ist passiert? Ist etwas mit Tante Dawes?«
    »Ihr geht es gut«, entgegnete er. »Um dich mache ich mir Sorgen. Ich muss dringend mit dir sprechen.«
    Verwirrt wies sie auf die Couch, von der er gerade aufgestanden war. »Dann setz dich bitte wieder hin.«
    »Nein«, erwiderte er beklommen. »Danke. Ist Hilliard mit dir nach Hause gekommen?«
    Sie nahm ihre Haube ab und legte sie zur Seite. »Nein. Er hat sich auf den Weg in den Club gemacht.«
    »O nein«, knurrte Dawes und ließ die Schultern sinken. Mit einem Mal verspürte Grace Angst. »Ich hasse das hier.«
    Er klang mehr als wütend. Er klang traurig. Er sieht alt aus , dachte sie. »Du machst mir Angst, Onkel. Bitte, sag es einfach.«
    Einen Moment lang wandte er den Blick ab. »Er ist nicht in diesem Club. Jedenfalls nicht in diesem Augenblick. Er hatte ein ganz anderes Ziel, als er die Feier verlassen hat.«
    Grace war diese Art von Gespräch leid. »Ich weiß über seine Geliebte Bescheid, Onkel.«
    »Nein, das tust du nicht.« Ungeduldig schüttelte er den Kopf. »Du weißt nicht, in was sie verwickelt ist. Du weißt nicht, in was sie ihn verwickelt hat.«
    »Dann verrate es mir.«
    Er blickte sie an, aber sie war sich nicht sicher, ob er sie wirklich sah. »Vaterlandsverrat.«
    Grace starrte ihn an. »Wovon sprichst du?«
    Er seufzte. »In dieser Minute verrät dein Ehemann sein Vaterland.«

Kapitel 14
    Grace wusste nicht genau, wie es so weit gekommen war, doch eine Stunde später hielten sie und Onkel Dawes vor einem gepflegten kleinen Stadthaus in der Half Moon Street. Sie diskutierte noch immer mit ihm.
    »Onkel, ich schwöre, Diccan mag ein Frauenheld sein, aber er ist kein Verräter. Vor knapp drei Monaten hat er uns geholfen, einen Mann aus Belgien herauszuschaffen, der einen Anschlag auf die Krone aufgedeckt hat.«
    Onkel Dawes half ihr aus der Kutsche. »Weil er sonst enttarnt worden wäre.«
    »Woher willst du das wissen?«, fragte sie und blickte die Reihe unscheinbarer schlichter Klinkerhäuser an.
    »Von dem Mann, zu dem ich dich jetzt bringe.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Solange der Beweis nicht darin besteht, mit eigenen Augen zu sehen, wie Diccan King George eine Pistole an die Schläfe hält, vergeudest du, fürchte ich, deine Zeit.«
    Plötzlich packte ihr Onkel ihren Arm. »Das ist kein Spaß«, versetzte er barsch, »Menschen werden sterben.«
    Grace starrte ihn an. Ihr Onkel Dawes hatte noch nie die Stimme gegen sie erhoben. Er war derjenige, der ihr während des kurzen Sommers, den sie in England verbracht hatte, das Angeln beigebracht hatte. Er war mit ihr ausgeritten, hatte ihr schlechtes Klavierspiel ertragen und über ihre müden Witze gelacht. Zum ersten Mal machten sich Zweifel in ihr breit.
    »Also gut«, lenkte sie ein, »lass uns mit dem Mann reden.«
    Trotzdem fühlte sie sich ein bisschen albern, als sie durch das schmiedeeiserne Tor trat und den Weg entlanglief. Wenn doch nur der Vorwurf nicht so absurd wäre. Und wenn es doch nur keine Nacht wie aus einem billigen Schauerroman wäre. Es war dunkel und nebelig. Graue Schwaden umschlangen wie Ranken die Laternen und legten sich kalt um Grace’ Fesseln. Sie spürte die Feuchtigkeit auf ihrem Gesicht, und ihr fiel auf, wie gedämpft die Geräusche der Kutschen klangen. Es war fast so, als befände sie sich in einem Kokon, an einem kalten, verstörenden Ort, wo sie unsichtbar wurde.
    »Müssen wir uns wirklich wie Einbrecher anschleichen?«, fragte sie. Selbst ihre Stimme hörte sich leiser und seltsam an.
    »Dein Ehemann könnte deinen Besuch bei diesem Mann zu dieser unchristlichen Stunde hinterfragen.«
    Onkel Dawes klopfte an eine schlichte schwarze Tür und führte Grace hinein. Ein Butler empfing sie mit

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