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Luther. Die Drohung

Luther. Die Drohung

Titel: Luther. Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Cross
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etwas
schiefgeht.«
    »Also«, Howie blickt in ihre Notizen, geht einen oder zwei Schritte
zurück, »der Rest der Gruppe. Wie haben die anderen es aufgenommen, als sie von
der Schwangerschaft erfahren haben?«
    »Ich würde sagen, die Reaktionen waren gemischt. Einerseits gibt
eine Schwangerschaft Hoffnung …«
    »Und andererseits?«
    »Na ja, selbstverständlich kann sie Neid hervorrufen.«
    »Tat sie das bei irgendjemandem in der Gruppe?«
    »Es wäre überraschend, wenn nicht. Frauen können diesen Aspekt, die
offenbare Zufälligkeit, oft sehr schwer akzeptieren. Sie sehen es als eine
Frage der Gerechtigkeit – oder Ungerechtigkeit, wie immer man es betrachten
will.«
    »Und die Männer?«
    »Ihre Art, damit umzugehen, ist oft …« Sie bricht ab, sieht Luther
an. »Die männliche Reaktion kann sehr primitiv sein. Potenz und Fruchtbarkeit
können eine zentrale Rolle dabei spielen, wie ein Mann seine
Geschlechtsidentität wahrnimmt.«
    Luther stellt sich die verunsicherten Teilnehmer der
Selbsthilfegruppe vor: die erschütterten Frauen, die um Kinder trauern, die nie
empfangen werden, nie geboren werden, nie sterben werden. Bedauernswerte
Menschen in Gap-Jeans und Marks & Spencer-Blusen, die auf Plastikstühlen in
einem Kreis sitzen. Der schäbige Raum. Die Haare auf ihren Unterarmen, die
Sommersprossen. Die Intimität ihrer Geschlechtsorgane. Haare, die aus
aufgeknöpften Kragen sprießen. Männer, die versuchen abzunehmen, ihren Bauch
loszuwerden, um ihre Fruchtbarkeit zu erhöhen, die vom einen zum anderen
schauen und überlegen, wer potent ist und wer nicht, die einander in ihrer
Fantasie Hörner aufsetzen.
    Und Sarah Lambert, die sich fürchtet, von ihrem Glück zu erzählen,
falls das Baby sich nicht ans Dasein klammern sollte, sondern loslässt, sich
vom Strom der Zeit mitreißen lässt: eine Ansammlung von Zellen, ein purzelnder
Ball Leben.
    Er erinnert sich an ein kleines Plastikding, das er einmal hinter
dem Mülleimer in seinem Bad gefunden hat.
    »Ich kann nicht ins Detail gehen«, sagt er, »aber bei diesem Fall
gelten besondere Umstände. Es war ein Verbrechen aus Wut. Und so persönlich,
wie es nur sein kann. Die beste Spur, die ich im Moment habe, ist diese
Selbsthilfegruppe.«
    »Dann kann ich Ihnen wirklich nicht helfen.«
    »Ich weiß. Aber vielleicht wären Sie bereit, die Gruppenmitglieder
zu bitten, sich zu melden, damit wir sie aus der Untersuchung ausschließen
können?«
    »Das kann ich machen«, antwortet sie. »Natürlich. Sehr gerne.«
    Er macht sich bereit zu gehen. Dann sagt er: »Nur eine Sache noch.«
    Sie wartet.
    »Gab es da vielleicht ein Paar, das Ihnen komisch vorgekommen ist?«,
fragt Luther. »Es kann regelmäßig teilgenommen haben. Oder nur einmal.«
    »Komisch inwiefern?«
    »Tja, das können Sie uns sagen. Ich fordere Sie nicht auf, zu
urteilen. Aber Sie kennen alle Verhaltensweisen, die üblicherweise mit
Unfruchtbarkeit einhergehen. Also, ist Ihnen vielleicht ein Paar aufgefallen
als, ich weiß nicht … untypisch? Ein Sonderfall? Gab es da irgendwelche Leute,
vielleicht konnten Sie es nicht richtig benennen, aber sie waren irgendwie
merkwürdig?«
    »So etwas sollte ich eigentlich nicht sagen, oder?«
    »Dieses eine Mal vielleicht schon.«
    »Na ja, da waren Barry und Lynda«, sagt sie.
    Luther lehnt sich zurück. Schlägt die Beine übereinander. Streicht
seine Hose am Knie glatt. Er weiß, dass ihn das verrät, es ist das typische
Verhalten eines Mannes, der versucht, seine Aufregung zu verbergen. Er arbeitet
daran. »Wer sind Barry und Lynda?«
    »Sie waren ein- oder zweimal da. Haben nicht viel gesagt.«
    »Wann war das?«
    »Keine Ahnung, vor drei oder vier Monaten?«
    »Also … während Sarah Lamberts Schwangerschaft?«
    »Ja, vermutlich. So muss es gewesen sein.«
    »Und was an ihnen empfanden Sie als unangenehm?«
    »Sie waren einfach … merkwürdig. Als Paar. Er war sehr gut in Form.
Drahtig. Wie ein Marathonläufer. Anzug und Krawatte. Mantel. Kurzes Haar, sehr
ordentlich frisiert. Seitenscheitel.«
    »Und die Frau? Lynda?«
    »Na ja, eben das ist mir seltsam vorgekommen. Sie war stark
übergewichtig.«
    Luther nickt. Wartet darauf, dass noch mehr kommt.
    »Wir wissen, dass es Überwindung kostet, Leute in irgendeiner Weise
zu beurteilen«, sagt Howie, »aber das hier ist enorm wichtig. Wenn dieses Paar
nichts mit all dem zu tun hatte, werden sie nie erfahren, dass Sie uns von
ihnen erzählt haben. Wenn doch, glauben Sie mir, dann wollen Sie, dass wir

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