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Luther. Die Drohung

Luther. Die Drohung

Titel: Luther. Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Cross
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sie
erwischen.«
    Pope lacht. Sie fühlt sich unwohl. »Wir haben so viele
Trainingsseminare«, sagt sie. »So viele Sitzungen zum Einfühlungsvermögen.«
    »Wir auch«, sagt Luther.
    Pope lacht, nun ein wenig offener. »Kann ich mir vorstellen.«
    »Sie würden’s nicht glauben«, fährt Luther fort und lächelt. »Auf
der Wache soll ein Teeautomat aufgestellt werden, weil man glaubt, wir holen
uns Stromschläge, wenn wir am Arbeitsplatz einen Wasserkocher stehen haben.«
    Pope öffnet eine Schublade, nimmt ein Pfefferminzbonbon heraus und
wickelt es aus.
    »Sie wirkten einfach merkwürdig«, sagt sie. »Weil der eine Partner
so fit war und der andere … na ja, der andere so fett. Es kam mir skurril vor,
wie ein Pärchen auf einer anzüglichen Postkarte. Außerdem, wenn man
übergewichtig ist und Schwierigkeiten hat, ein Kind zu bekommen, wird einem
gesagt, dass man abnehmen soll. Viele IVF-Kliniken weigern sich, übergewichtige
Patienten zu behandeln, bis sie nicht ihren Body-Mass-Index reduziert haben.«
    »Also hat der Körperumfang dieser Frau Sie überrascht?«
    »Ich glaube, uns alle.«
    Luther notiert sich, alle Anträge auf künstliche Befruchtungen daraufhin
zu prüfen, wer wegen Übergewichts abgewiesen wurde. Die Liste wird lang sein,
aber sie könnte ihnen weiterhelfen.
    Er fragt: »Was war ihre Geschichte?«
    »In welchem Sinne?«
    »Ich meine, was haben sie über sich erzählt?«
    »Wir sind nicht die Anonymen Alkoholiker. Wir sind eine
Anlaufstelle. Wir setzen neue Paare nicht unter Druck. Für viele von ihnen ist
es schon ein riesiger Schritt, überhaupt vorbeizukommen. Wenn sie nur zuhören
wollen – okay.«
    »Wie haben Barry und Lynda sich verhalten?«
    »Sie war … süß.«
    »Wenn Sie süß sagen«, hakt Luther nach, »sagen Sie das mit einem
gewissen Unterton.«
    »Sie war … sie war sehr hübsch, auf eine seltsame Art. Aber sie
hatte etwas Groteskes an sich. Ich meine nicht bezüglich ihres Gewichts. Ich
meine, sie hatte etwas … Shirley-Temple-Artiges. Sie trug sehr mädchenhafte
Kleidung, Blümchen und Schleifchen. Kniestrümpfe. Und sie hatte so eine
niedliche, dünne, zarte Mäuschenstimme.«
    Luthers Herz rast. »Und er?«
    »Er war …«
    »Dominant? Unterwürfig?«
    »Weder noch. Er war distanziert. Sie wirkten einfach nicht wie ein
Paar.«
    »Hat er seiner Partnerin keine Aufmerksamkeit geschenkt?«
    »Nein. Sie saßen nebeneinander. Sie lächelte alle an. Zarte rosige
Lippen.«
    »Und er war …«
    »Arrogant und übertrieben selbstsicher. Saß so da, mit gespreizten
Beinen.«
    »Tut mir leid, wenn ich vulgär werden muss«, sagt Luther. »Aber so
eine Zurschaustellung des Schritts – eine bestimmte Art von Männern hält das
für antörnend. Er sitzt mit weit geöffneten Beinen da, stellt die Waren aus.
Gab es irgendwelche Anspielungen, Zweideutigkeiten, unpassende Bemerkungen?
Vielleicht scherzhafte Angebote, Frauen zu schwängern?«
    »Nichts dergleichen«, antwortet Pope. »Außerdem weiß ich, wie man so
etwas ziemlich schnell und ziemlich wirkungsvoll im Keim erstickt.«
    Darauf könnte Luther wetten. Er nickt einmal, ihre Professionalität
anerkennend. »Dann frage ich mich: Hat Barry irgendeinem Gruppenmitglied
besondere Aufmerksamkeit geschenkt?«
    Popes Augen blicken nach oben und dann nach rechts. Sie sucht in
ihrer Erinnerung.
    Dann sieht sie Luther an.
    Sie denkt lange über ihre Antwort nach.
    »Er saß da«, sagt sie, »und schielte gierig nach Sarah Lambert, als
wäre sie ein reifer Pfirsich. Beide fühlten sich seinetwegen unwohl. Tom und
Sarah. Ich glaube, das war das letzte Mal, dass sie zu einem Treffen gekommen
sind.«
    Luther und Howie gehen hinaus in den dröhnenden Londoner
Lärm, den Dreck und den Schmutz.
    »Denken Sie je darüber nach? Kinder?«, fragt Luther.
    Howie zuckt mit den Schultern. »Was ist mit Ihnen?«
    »Nee«, antwortet er. »Meine Frau und ich haben einen Pakt
geschlossen. Als wir zusammengekommen sind.«
    »Im Ernst?«, fragt Howie. »Wessen Idee war das?«
    »Unser beider, glaube ich.«
    »Und er gilt noch?«
    »Offensichtlich.«
    Sie wirft ihm einen prüfenden Blick zu.
    »Wer weiß«, sagt er. »Was man mit einundzwanzig so alles Dummes
sagt.«
    »Ist alles in Ordnung, Boss?«, fragt Howie.
    Er fängt sich wieder. »Sorry«, sagt er, »ich war gerade meilenweit
weg.«
    Detective Sergeant Justin Ripley, krauses Haar und ein
vertrauensvolles Gesicht, ist dem Ermittlungsteam im Fall Lambert zugeteilt
worden. Er fährt zu Y2K

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