Lux Aeterna 2 (Die Abenteuer des Vampirs Jason Dawn) (German Edition)
kam, wo sie sich gerade das Frühstück bereitete. Jetzt war seine statuenhafte kühle Schönheit deutlich zu erkennen. Auch wenn die Ärmel des Hemdes und die Hosenbeine etwas zu lang schienen, so betonte das dunkle Blau – die Lieblingsfarbe ihres Vaters – doch seine breiten Schultern und den geschmeidigen Körper. Die blonden Haare umrahmten das Gesicht mit einem goldenen Schimmer. Aber die Blässe und Transparenz seiner Haut würden erst vergehen, wenn er getrunken hatte. Und das wurde jetzt ein Problem. In seinen Augen stand deutlich die Gier, als er sie ansah. Aber bezog sich das wirklich nur auf den roten Lebenssaft?
Er kam näher bis auf wenige Zentimeter Abstand, so dass ihre Körper sich fast berührten, und blickte ihr tief in die Augen. Sie stand mit dem Rücken zur Anrichte.
„Engelchen, ich werde jetzt auf die Jagd gehen, auch wenn ich dich liebend gerne zum Frühstück hätte“, sagte er leise. Sein Atem streifte dabei ihr Gesicht und ihre Lippen wie ein kalter Kuss. Sie zitterte innerlich. Unverhohlenes Begehren sprach aus seinen Worten. Sein Blick krallte sich in ihr fest. „Das hole ich nach – versprochen!“, flüsterte er noch.
Dann wandte er sich abrupt ab, löste sich in einem Schatten auf und floh durch das Fenster hinaus. Ayleen sah ihm nach. Ihr Körper fühlte sich an wie festgefroren. Außerdem graute es ihr vor dem Abend, wenn Leander zurückkam. Wie sollte sie ihrem Vater das Geschehene erklären? Sie wünschte sich, dass Jason jetzt da wäre, um sie vor dieser Gefahr zu beschützen, die sie selbst ins Leben gerufen hatte.
Der Morgen dämmerte bereits, doch Xavier hatte damit ebenso wenig ein Problem wie die Hybridenvampire. Er war ein Prinz, geschaffen von dem einzigen Fürsten der Untoten – Jason Dawn. Und mit dem hatte er noch eine Rechnung offen!
†
„Was, zum Teufel, ist da passiert?“, murmelte Jason Dawn nachdenklich. Ein mächtiger Vampir war wie aus dem Nichts aufgetaucht. Hatte Leander etwa einen der großen Alten wieder erweckt? Wenn ja, aus welchem Grund? Stuart, der auf dem Gästebett ruhte, war genauso hochgeschreckt, konnte jedoch dieses unbestimmte Gefühl nicht definieren. Als Mensch hätte er behauptet, dass er gerade aus einem Alptraum erwacht sei, aber irgendetwas sagte ihm, dass Jason und er sich mitten in diesem Alptraum befanden! Sie hatten ein langes Gespräch in dieser Nacht geführt und er war froh, dass Untote in der heutigen Zeit nicht mehr schlafen mussten. Nicht, dass den jungen Mann die vergangenen Ereignisse nicht angestrengt hätten. Das war es nicht. Trotz allem fühlte er sich seltsam erfrischt. Aber hungrig. Und Jason wollte ihm heute zeigen, wo er die Lebensgrundlage für sein jetziges Dasein finden konnte, ohne den nächstbesten Menschen anzufallen und einem Unschuldigen das Leben zu nehmen. Jason überlegte, ob er sich mit seinem Freund Leander Knight in Verbindung setzen sollte. Aber das hätte vielleicht Stuart gefährdet, da er wusste wie Leander zu seiner Wandlungskraft stand. Um den Jungen musste er sich jetzt als Erstes kümmern, denn er war für seinen Zustand verantwortlich.
Die Morgendämmerung zeigte sich bereits in zartem Rosé und Gold über den Hügeln. Der Zeitpunkt war günstig. Die meisten Menschen in Berwick würden noch schlafen und sie könnten sich in der kleinen Schlachterei mit frischem Tierblut versorgen. „Komm“, sagte Jason nur und blickte Stuart an. Dieser folgte ihm ohne zu zögern.
In der kleinen Küstenstadt schlenderten sie unauffällig wie erste Frühaufsteher durch die Straßen in Richtung Metzgerei. Auf dem ersten Blick zwei junge Männer einfacher Herkunft. Als sie an einem Kiosk vorbei kamen, prangte auf einer der Zeitungen immer noch das Portrait eines gesuchten Zeugen in einem Entführungsfall. Stuart fiel die Ähnlichkeit mit seinem Erschaffer als ersten auf und wies ihn darauf hin. Jason starrte kurz auf den Artikel, zog die Kapuze seines Sweatshirts über den Kopf und ging dann unauffällig weiter. Das hatte ihnen gerade noch gefehlt! Kaum war scheinbar Ruhe in sein Dasein eingekehrt, da wurde er schon von der Polizei gesucht. Blieb nur zu hoffen, dass man die Suche rasch aufgab. Aber hier in der Gegend waren sie nicht mehr sicher. Vielleicht sollten sie England besser verlassen? Aber wohin? Hier war seine Heimat. Leander würde sie vielleicht beide sogar aufnehmen, aber ob Stuart sich in Italien wohl fühlen würde? Seltsam, wie oft seine Gedanken bei diesem Jungen waren.
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