Lux Aeterna 2 (Die Abenteuer des Vampirs Jason Dawn) (German Edition)
Sekunden, bis die Geistlichen begriffen, dass sie eingeschlossen waren. Ohne Nahrung und Wasser würden diese Weichlinge in weniger als zwei Tagen schwach und gefügig genug sein, so dass Xavier sie wie Opferlämmer anketten konnte. Vermissen würde man sie vermutlich auch nicht so schnell, da viele von ihnen nach Frankreich gereist waren.
Zur gleichen Zeit beschlossen Jason und Leander aus Paris abzureisen, aber der Tumult auf der Straße unter ihrem Hotelzimmer ließ sie zögern. Leander warf einen Blick durch die weißen Gardinen, die jetzt im Hochsommer in einer leichten Brise vor dem geöffneten Balkonfenster wehten. „Scheint eine Art Prozession zu sein“, bemerkte er. „Sieh an ... ein guter alter Bekannter von uns ist auch dabei.“
Er wies auf den offenen Wagen der Bischöfe, der gerade unten vorbeifuhr.
„Erzbischof Di Maggio. Er war es, der deine Asche seiner Sammlung hinzufügen wollte.“
Jason schaute jetzt ebenfalls neugierig hinunter. Der Wagenkonvoi für den älteren Geistlichen, die nicht mehr gut zu Fuß waren, fuhr im Schleichtempo an ihnen vorbei.
„Und dafür hast du Xaviers Asche die ganzen Jahre aufbewahrt?“, fragte der junge Vampirfürst.
Leander blieb eine Weile stumm. Sollte er seinem Freund die Wahrheit sagen? Vielleicht war es wirklich an der Zeit mit den ganzen Lügen aufzuräumen.
„Nein, das war nicht der Grund“, gab er schließlich zu. „Es war eher als eine Art Sicherheit gedacht, falls du …“ er stockte.
„Falls ich was?“
Leander war doch früher nicht so ein Geheimniskrämer gewesen. Oh ja, auch der Halbengel hatte sich verändert seit ihrer ersten Begegnung in der Bibliothek von Glasgow.
„Falls du dein Morden fortgesetzt hättest.“
So, jetzt war es raus. Xavier war der einzige Vampir, der es mit Jason aufnehmen konnte.
Der Atlanter schaute den Vampirfürsten fragend und gleichzeitig um Verzeihung bittend an. Dieser wusste nicht, ob er lachen oder fluchen sollte. Sein Freund wäre ihm tatsächlich in den Rücken gefallen? Andererseits – er hatte als Engel der Untoten geradezu die Pflicht, die Hybriden zu schützen. Konnte man ihm daraus einen Vorwurf machen? Jason lachte jetzt bitter auf und Leander schaute verwundert drein.
„Hast du dir eigentlich mal überlegt, dass sich Xavier mit mir verbündet hätte, wenn ich meiner dunklen Seite weiter freien Lauf gelassen hätte?“, fragte er nun den Halbengel und dieser blickte beschämt zu Boden. Nein, an diese Möglichkeit hatte er nicht gedacht.
Jason klopfte ihm beruhigend auf die Schulter.
„Schon gut, alter Freund, alles vergessen und vergeben. Wie du siehst, bin ich nicht dem absoluten Blutrausch verfallen und die Fronten sind immer noch die gleichen wie vor vielen Jahren. Was hältst du davon, wenn wir uns jetzt auf den Weg machen?“
Leander nickte, ergriff Jasons Hand. Ein gleißender Wirbel aus Licht umhüllte die beiden Männer, so dass der Vampir die empfindlichen Augen schließen musste. Der Sog aus Licht brachte sie wie durch ein Wurmloch in Raum und Zeit auf direktem Wege zurück zum Weingut. Das war die Art und Weise, wie Engel reisten.
†
Es dauerte einige Stunden, bis Leander das winzige rot blinkende Leuchten auf seinem Anrufbeantworter bemerkte. Zunächst nahmen die Geschäfte ihn eine Zeitlang in Anspruch. Jason wartete geduldig auf der geräumigen Terrasse, bis sein Freund mit dem Verwalter alles Notwendige für den Verkauf der im Herbst bevorstehenden Ernte durchgesprochen hatte. Danach hörte er die zahlreichen Nachrichten seiner Geschäftspartner und auch die von Abt Nobru ab, der allein wegen seines Akzentes schwer zu versehen war über die lange Distanz. Dass seine Tochter ihn dringend zu sprechen wünschte, machte den Atlanter nervös. Er begab sich nach draußen zu Jason. „Ayleen bittet mich um meinen Besuch. Der Abt hat mich telefonisch zu erreichen versucht. Ich hoffe nur, dass nichts passiert ist.“
„Klang er denn so?“, erkundigte sich der Vampirfürst.
„Nein, das nicht gerade. Aber vielleicht sollten wir heute noch nach Tibet aufbrechen.“
Jason erhob sich aus dem Stuhl. „Worauf warten wir dann noch?“
Leander teleportierte sie beide in die Bibliothek des Klosters. Die Mönche waren beim Nachmittagsgebet. Jason blickte sich verwundert um. „Warum hast du uns nicht direkt zum Abt gebracht?“, fragte er seinen Freund.
„Ich möchte, dass du dich gleich auf den Weg machst, um nach dem Lamia-Kloster zu sehen“, bat Leander ihn.
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