Lux Aeterna 2 (Die Abenteuer des Vampirs Jason Dawn) (German Edition)
Rachegedanken.
Bei seiner Rückkehr legte er die übrig gebliebenen Steine sorgsam an den Rand des Ganges und klappte das Bild wieder zu. Von außen war nichts mehr zu erkennen. Nur seine Kleidung war vom Arbeiten staubig geworden. Er säuberte sich so gut es ging, bevor er das Zimmer wieder verließ und durch die großen, hohen Räumlichkeiten davon schlenderte. Ein paar Kleinigkeiten galt es noch zu erledigen, unter anderem musste er dafür sorgen, dass die neu zu erweckenden Vampirmeister Kleidung zur Verfügung hatten, damit sie unauffällig von hier verschwinden konnten. Am wenigsten auffallen würden sie in schlichten Mönchskutten und davon dürfte es ja hier in Vatikanstadt genügend geben.
Einen Einbruch in die gut gefüllten Kleiderkammern und Reinigungen würde so schnell auch keiner bemerken. Somit machte Xavier sich auf den Weg zu einem ungewöhnlichen Raubzug, denn er wollte diese Dinge noch vor dem nächsten Morgen erledigt haben. Danach würde er beginnen, die ersten Opfer für seine Zwecke einzusammeln.
In vierundzwanzig Stunden würde er die Hölle auf die Menschheit los lassen und zwar genau da, wo das Himmelreich versprochen wurde. Bei diesem Gedanken musste er unwillkürlich lachen und dieses Lachen hallte als hämisches Echo von den Wänden wider. Einige Priester starrten ihm im Vorübergehen verwundert und kopfschüttelnd nach.
Es hallte noch Ayleens Gedanken wider, als sie im fernen Tibet aus einem scheinbar bösen Traum erwachte. Wie lautete noch mal Xaviers Rat? Sie sollte in der Offenbarung nachlesen? Ob es in einem tibetischen Kloster wohl eine Bibel gab? Die Bibliothek! Rasch zog sie sich warme Kleidung über und machte sich noch vor dem Morgengebet auf den Weg in die Welt der Bücher. Tatsächlich fanden sich dort verschiedene Ausgaben der Heiligen Schrift. Sie las und las, und es dauerte gar nicht lange, bis sie begriff, was geschehen war und was geschehen sollte.
Sie begann, sich vor sich selbst zu fürchten. Würde es ihr gelingen, das Schlimmste noch zu verhindern? Sie musste Abt Nobru bitten, unverzüglich Kontakt zu ihrem Vater aufzunehmen. Im Büro des Abtes gab es die einzigen – wenn auch recht altmodischen – Kommunikationsmittel innerhalb dieser Klostermauern. Abt Nobru, der ebenfalls zu dieser frühen Stunde wach war, tat ihr den Gefallen, als er sah, wie nervös und aufgeregt sie war. Doch er erreichte trotz mehrmaliger Versuche niemanden.
„Tut mir leid, meine Tochter, aber dein Vater geht nicht ans Telefon. Ich habe eine Nachricht hinterlassen, dass du um seinen Besuch bittest.“
Er musterte das blasse Mädchen vor ihm eindringlich. Sie schien ihm irgendwie verändert, aus ihrer sonst so gelassenen und heiteren Mitte gerissen und völlig durcheinander. Besorgt fragte er nach: „Kann ich dir wirklich nicht helfen?“
„Nein, Vater Nobru. Mir kann niemand mehr helfen“, mit diesen Worten ging sie mit gesenktem Kopf. aus dem Büro des Klostervorstehers. Sie fühlte sich unsagbar schuldig.
„Ein Geheimgang! Ich habe einen geheimen Gang entdeckt! Das müssen Sie sich anschauen!“ Aufgeregt lief ein gut gekleideter junger Mann mit wehenden blonden Haaren durch die hohen Gängen des Gebäudes, klopfte im Vorbeigehen wild an einigen der Türen, bis schließlich eine kleine Gruppe ebenso aufgeregter Geistlicher in schwarzen und roten Roben ihm folgten. Er führte sie geradewegs in das Arbeitszimmer von Erzbischof Di Maggio, wo das Papstportrait von der Wand abstand und den Blick auf eine halbhohe Öffnung preisgab, hinter welcher ein dunkles Loch gähnte. Xavier Dantes trieb die Neugierigen wild gestikulierend dort hinein. Natürlich tat er so, als sei er der italienischen Sprache nur bruchstückweise mächtig. Seine vorgespielte Hilflosigkeit machte sich gut, das wusste er. Vorsorglich hatte er sich eine Taschenlampe besorgt, wie sollte er sonst erklären, dass er im Dunkeln sehen konnte und den Weg bereits genau kannte? Ja, auch er hatte etwas dazu gelernt, nicht nur sein Erschaffer Jason.
Nachdem alle auf dem Weg nach unten waren, zog er das Bildnis wieder vor den Eingang. Vor dem großen Portal, das die Katakomben vor neugierigen Blicken verbarg, warteten sie alle ungeduldig miteinander flüsternd bis Xavier den gestohlenen Schlüssel im Schloss umgedreht hatte. Ehrfürchtig betraten die Kleriker die überdimensionale Grabkammer. Ihr Flüstern war verstummt. Das Portal fiel mit einem hallenden Knall hinter ihnen wieder ins Schloss. Es dauerte einige
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