Lux Aeterna 2 (Die Abenteuer des Vampirs Jason Dawn) (German Edition)
Jason zuckte die Schultern. „Also gut, wenn dir soviel daran liegt.“
Er öffnete das Holzfenster der Bibliothek und setzte sich auf den Fenstersims. Mit Erstaunen sah Leander seiner Verwandlung zu. Zunächst schien es so, als würde sich der Vampir ganz normal ein einer Art dunklen Gaswolke auflösen, doch dann formte sich diese Wolke innerhalb weniger Sekunden zu der Gestalt eines schwarzbraunen Falken, der mit wachen, gelben Augen in die Umgebung sah. Er schien kurz die Richtung zu anzupeilen, dann breitete der große Vogel die Schwingen aus und stieß sich vom Sims ab. Majestätisch glitt er hinüber zu dem großen, schneebedeckten Bergmassiv am Horizont. Der Halbengel sah ihm noch eine Weile hinterher. Diese Fähigkeit der Gestaltwandlung hatte er bei den Vampiren schon immer bewundert. Doch er kannte keinen, der sich je in einen Falken verwandelt hätte. Vielleicht lag das an dem außergewöhnlichen Status, den Jason Dawn innehatte.
Er begab sich zu Ayleens Zimmer und klopfte leise. „Ich bin's, dein Vater.“
Ayleen hatte sich mit einigen Büchern in ihr Zimmer zurückgezogen. Sie hockte auf ihrem Bett und antwortete mit einem ebenso leisen „Komm rein.“
Ihre Stimme klang furchtbar niedergeschlagen. Der Halbengel bemerkte die Veränderung seines Kindes bei seinem Eintreten ebenso wie Abt Nobru.
„Es tut mir leider, dass wir jetzt erst kommen konnten …“, entschuldigte er sich und setzte sich auf einen der beiden schalenförmigen, mit Schnitzereien verzierten Hocker. Ayleen schaute auf. „Wieso wir?“, fragte sie und Leander hätte sich fast auf die Zunge gebissen. Aber jetzt war es zu spät.
„Ich habe einen großen Fehler gemacht“, begann er mit seiner Erklärung. „Ich hätte dir nie vormachen dürfen, dass Jason nicht mehr lebt.“
Ayleen starrte ihren Vater mit halboffenem Mund ungläubig an. „Soll das heißen …“
Leander nickte traurig. Er hatte eher erwartet, dass seine Tochter jetzt zornig geworden wäre. Es wäre ihm lieber gewesen, sie hätte ihn angeschrien, doch ihr Schweigen und ihr Entsetzen in den schönen Augen ließen sein Herz schwer werden. Sie seufzte laut.
„Ich habe mindestens ebenso viele Fehler begangen, Vater“, sagte sie dann und fuhr fort: „Xavier war hier.“
„Was??? Hat er dir etwas angetan?“, Leander erhob sich empört.
„Nein, nicht direkt“, gab sie zögernd zu.
„Was soll das heißen?“ Der Halbengel setzte sich nun neben seine Tochter.
Wieder schimmerten Tränen in den violetten Pupillen. „Ich habe mit ihm geschlafen.“
Leander erstarrte. Lady Alderleys Wunsch war endlich doch noch in Erfüllung gegangen. Solange nach ihrem Tod sollte sie ihr Ziel erreichen? Nicht, wenn er es verhindern konnte.
„Ich … ich konnte mich überhaupt nicht dagegen wehren. Es war, als ob eine fremde Macht meinen Körper lenkte. Aber ich hätte mich ihm niemals hingegeben, wenn ich gewusst hätte, dass Jason noch lebt. Du weißt, wie viel ich für ihn empfinde.“
Es klang wie ein Vorwurf. Der Atlanter schwieg noch immer. Das hätte die Dinge nur auf eine andere Weise kompliziert, dachte er.
Ayleen schob ihm stumm eines der Bücher hinüber. Leander überflog einen kurzen Abschnitt darin und blickte fragend auf. „Was meinst du damit?“
„Der Drache“, sagte sie. „Das Symbol für Blut, Tod und Vernichtung. Die Zahl Sieben. Es gibt noch sieben Lamiavampire, wie du weißt, Vater. Was ist, wenn die Offenbarung des Johannes nun ganz anders zu deuten ist und in Wirklichkeit die Welt der Vampire betrifft?“
Plötzlich schien die Temperatur in dem Zimmer um weitere Grade zu fallen. Wenn auch nur ein Bruchteil von dieser Vermutung stimmen sollte …
Leander blickte hoch, als ein Rauschen zu hören war. Draußen vor dem Fenster war die verschwommene Silhouette eines Raubvogels zu erkennen, der sich auf dem Sims niedergelassen hatte. Jason war zurückgekehrt. Auch er konnte nun deutlich verstehen, was in dem kargen Raum zu hören war.
Leander räusperte sich. „Nun, es gibt mehrere Drachen in dieser Offenbarung. Möglich, dass mit den sieben Köpfen die Lamia gemeint sind. Aber das ist alles Auslegungssache, Ayleen. Und der Drache wird am Ende gestürzt.“
„Wenn der Chaosdrache darin nun Xavier ist?“, fragte Ayleen.
Der Lügner und Täuscher , überlegte Leander, damit könnte sie sogar recht haben.
„Xavier weiß nichts von den Lamia“, gab er laut zur Antwort.
„Und was ist, wenn ich den Drachen zur Welt bringe? Das Überwesen,
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