Lux Aeterna 2 (Die Abenteuer des Vampirs Jason Dawn) (German Edition)
geöffnet und den roten Lebenssaft in die Grabgefäße rinnen lassen. Es sollte möglichst langsam gehen, damit er genügend Zeit hatte, das alte Ritual zu vollziehen. Das Blut des achten Priesters hatte Xavier sich davor noch selbst einverleibt und die anderen Gefangenen dabei zusehen lassen.
Der Teufel hat ein Engelsgesicht, dachte einer der Priester dabei, bevor er in Ohnmacht fiel und dem Tod entgegen dämmerte. Keiner von ihnen wusste, warum er hier unten auf so grausame Weise sterben musste. Xavier hatte vor seinen Opfern einen provisorischen Altar aufgebaut. Auf diesem befand sich vor ihm die Bibel Azraels, umrahmt von zwei brennenden Kerzen in silbernen Leuchtern. Er fand dies äußerst dekorativ für seine Selbstinszenierung, obwohl er das Licht nicht gebraucht hätte. Mit frischem Blut gestärkt begann er mit der Wiedererweckung der großen Alten.
Wie durch das Nadelöhr in einer Sanduhr flossen die Seelen der Lebenden durch das Blut in die Asche der vor Jahrhunderten vernichteten Vampirfürsten und erfüllten diese mit neuem Leben. Hätte Di Maggio nur geahnt, dass die Sammelleidenschaft seines Ordens nun seinen Mitbrüdern zum Verhängnis wurde!
Wie nahe Leben und Tod doch zusammenliegt, dachte Xavier zynisch, als er mit Stolz registrierte, dass sein Wirken Resultate zeigte. Die menschlichen Leichen interessierten ihn nicht. Was dort aus den schwarzroten, schleimigen Kokons schlüpfte dafür umso mehr. Es war bestimmt kein schöner Anblick, aber welche Geburt war das schon?
†
Jason Dawn erfasste im ersten Augenblick, als er in Ayleens Zimmer trat, dass irgendetwas vorgefallen sein musste. Bruchstücke der Unterhaltung hatte er draußen vor dem Fenster vernehmen können, doch längst nicht alles. Er blickte Leander fragend an, als Ayleen schon auf ihn zu stürmte und ihn fest umarmte. Verblüfft hielt er sie fest. Ein solches Verhalten hätte er nie von ihr erwartet und ihr fast kindlicher Beweis der Zuneigung überraschte ihn schon sehr. „Ist was passiert?“, fragte er deshalb.
Ayleen hob den Kopf und sah ihn – immer noch mit Tränen in den Augen und einem versuchten Lächeln auf den Lippen – an.
„Nein, ich freue mich nur so sehr, dass du lebst!“, war ihre Antwort.
Es war eine rührende Szene. Leander blickte beschämt zu Boden. Er hatte immer versucht, die beiden voneinander fern zu halten. Nur dadurch war sie für Xavier zu einem leichten Opfer geworden. Der Halbengel fühlte sich schuldiger denn je, doch er konnte nicht umhin, Ayleen im Stillen recht zu geben. Wenn er ihr bei ihrem Vorhaben half, dann konnte er vielleicht einen Teil dieser Schuld wieder abtragen. Jetzt erhob sich der Atlanter und nahm die beiden jungen Gefährten stumm in die Arme. Hätte er Flügel gehabt, so wären diese jetzt als Schild um den Vampir und das Engelskind gelegt worden. Doch die waren ihm verwehrt. So hüllte er sie in den Lichtwirbel, der sie zurück nach Italien bringen würde.
Auf dem Weingut angekommen, bat er Jason um eine private Unterredung in seinem Arbeitszimmer. Der Vampirfürst folgte ihm dorthin, während Ayleen hinauf in ihr Zimmer ging.
„Und?“, fragte Leander seinen Freund, sobald dieser die Tür hinter ihnen geschlossen hatte.
Jason schüttelte den Kopf. „Keine Chance! Der Säulengang ist komplett verschwunden, von außen her konnte ich keinerlei Zugang mehr entdecken. Nur Geröll und Felsen, soweit ich blicken konnte. Da kommt keine Maus mehr hindurch. Allerdings bin ich nicht Supermann und mit einem Röntgenblick ausgestattet. Ich weiß nicht, ob sich eventuell ein Hohlraum gebildet hat und die Halle mit den Sarkophagen innerhalb des Berges noch intakt geblieben ist.“
„Hm, schade. Ich hatte zumindest noch eine leise Hoffnung. So werden wir niemals endgültig Gewissheit haben“
„Tja, mit Naturgewalten war wohl nicht zu rechnen. Aber vielleicht ist es auch ganz gut so, wer weiß, welche Probleme uns damit noch erwartet hätten. Lassen wir die Lamia in Frieden ruhen“, war Jasons Antwort.
Leander schwieg.
„Was hatte eigentlich dieses Gerede von Xavier und einem Drachen zu bedeuten?“, fragte er dann seinen Freund nach einer kleinen Weile. „Entschuldige, aber einen Bruchteil eurer Unterhaltung ist mir nicht entgangen.“
Leander versuchte, dies so lapidar wie möglich abzutun: „Ayleen hat in der Bibel gelesen und meinte, dass die Offenbarung des Johannes vielleicht auf die Vampire zutreffen könnte. Ich hatte alle Mühe, ihr diese fixe Idee
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