Lux Aeterna (German Edition)
ahnen, wie sehr die Menschen nach Macht und Unsterblichkeit gierten. Sie fürchteten den Tod und suchten ihr Heil in den verschiedensten Religionen. Selbst zweitausend Jahre nach Christi Geburt waren die Menschen immer noch auf der Suche, zerfressen von den Zweifeln, die falsche Propheten ihnen immer wieder einimpften.
Ein anderes Kapitel in diesem Buch fesselte plötzlich Leanders Aufmerksamkeit. Irgendwo in Südamerika schien es einen Urvater der Vampire gegeben zu haben, und das Blut dieses vergessenen Wesens, das man einst - und von den Indianern in Guatemala noch heute - als Gottheit namens Camazotz {3} verehrt hatte, wurde darin als Allheilmittel für die Vampire beschrieben, das sogar in der Lage sein sollte, einen toten Fürsten wieder zu neuem Leben zu erwecken. Doch das konnte genauso gut eine Legende sein.
Leander dachte nach. „Selbst bei den Assyriern und Babyloniern fand bereits man Spuren der Existenz von Vampiren! Sollte einer von ihnen wirklich bis heute überlebt haben? Siebzehnhundertsechsundvierzig schrieb Don Augustin Calmet {4} seine berühmte Studie über Vampire. Woher nahm er dieses Wissen?“, überlegte er nunmehr laut. Das hieß: Die Kirche wusste seit Jahrhunderten von den Kindern der Nacht und verteufelte ihre Existenz, um ihre eigenen Machtansprüche zu stärken. Mühsam entzifferte Leander weiter Seite um Seite der hieroglyphenartigen Schrift, bis er das Geheimnis entdeckte. Im Vatikan musste es eine Phiole mit dem Blut des Vampirgottes Camazotz geben, die einer der spanischen Eroberer bei seiner Heimkehr mitgebracht hatte. Dann seufzte er. Er musste nach Rom und diese Phiole suchen! Doch wo sollte er da beginnen?
Der Halbengel klappte das Buch resignierend zu und verschloss es mit dem Metallsiegel. Bis seine Suche Erfolg hatte, mussten die Vampire einstweilen weiter im Verborgenen leben, bis die Menschheit sie vergessen hatte oder aber bis sie gegen diese Chemikalie immun geworden waren. Die Kinder der Dunkelheit hatten ja viel Zeit. Und so, wie sie sich im Laufe der Jahrhunderte an das Tageslicht angepasst hatten, so würden sie sich auch diesmal anpassen und stärker werden, da war sich Leander sicher. Der Atlanter fragte sich, ob es jemals möglich sein würde, den Fluch des Blutes für diese Geschöpfe gänzlich aufzuheben. Doch Gott schien für diese Wesen keine wahre Erlösung vorgesehen zu haben. Auch Leanders Möglichkeit, als Engel der Untoten eine vampirische Seele durch menschliche Liebe zu erlösen, erschuf letzten Endes nur einen weiteren Verdammten.
Er seufzte leise. Das Gleichgewicht muss eben bestehen bleiben , dachte er. Bis zum Jüngsten Gericht, doch wer weiß, wann das sein wird.
Der Dreizehnte Mond
Der Petersdom hütete sein Geheimnis bereits über viele Jahrhunderte. Die Priester, die als Wächter über das „Teufelsblut“ eingesetzt waren, nahmen ihr Geheimnis mit ins Grab, nur einige vergessene Schriften im Vatikan berichteten noch über den Urvater der Vampire.
* * *
Leander Knight rief die Grenzgängervampire zu einer Versammlung. Diese sollte zum ersten Mal auf seinem Landsitz in Italien stattfinden. Aus allen Ländern der Welt kamen die letzten Erschaffer im Vampirreich eines Nachts zusammen. Leander zeigte ihnen in dem Buch Azraels eine Abbildung der Kreatur, deren Blut seiner Meinung nach helfen konnte, die Existenz der Vampire wieder zu verbessern.
„Und was sollen wir unternehmen?“, fragte Isabella Dumont, eine erschaffene Tochter des alten Vampirmeisters Orsini.
„Ich werde nach Rom reisen und versuchen, die Phiole mit dem Blut des alten Gottes zu finden“, erklärte der Halbengel. „Verhaltet Euch solange unauffällig“
„Warum sollten wir uns auch unnötig in Gefahr bringen? Selbst unsere Enklave in Kanada ist nicht mehr sicher“, warf ein Grenzgängervampir mit amerikanischen Akzent ein und andere stimmten ihm zu. Leander hob die Hand und bat so um Ruhe.
„Wir könnten den Menschen ein Ultimatum stellen“, schlug ein anderer Teilnehmer der Konferenz vor.“
„Das hat schon einmal nicht geklappt“, antwortete derselbe Grenzgänger, ein muskulöser Typ mit Namen Arthur Henson aus den Vereinigten Staaten.
„Sie würden uns am liebsten in Reservate sperren wie damals die Indianer!“, empörte sich Isabella Dumont.
„Fehlt nur noch, dass sie Eintrittsgelder verlangen“, polterte Arthur.
In das aufgeregte Stimmengewirr der nachfolgenden Diskussion warf plötzlich einer der jüngeren
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