Lux Aeterna (German Edition)
Berührungen. Sie zitterte am ganzen Körper, aber nicht vor Angst. Ein leises Stöhnen war alles, was sie von sich gab, als sie seine Zähne eindringen fühlte.
Der nächste Morgen glich einem Kater nach mindestens zehn Tequilas. Celeste fühlte sich wie gerädert, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Das musste eine Wahnsinnsparty gewesen sein. Leider konnte sich nur noch an den Auftritt der Band erinnern, danach verschwamm alles in ihrem Kopf. Sie wusste nicht einmal mehr, wie sie nach Hause gekommen war.
Jetzt brauchte sie erstmal eine Dusche und eine sehr starke Tasse Kaffee. Im Badezimmerspiegel entdeckte sie zwei kleine, nebeneinander liegende rote Punkte an ihrem Hals. Bei ihrer Betrachtung überkam sie ein seltsames Wohlbehagen. Hatte Jason etwa? Nein, in ihrer verschwommenen Erinnerung tauchte ein anderes Gesicht auf, das ihr eher Angst machte.
Wo, zum Teufel, war eigentlich Jason? Musste er ihr immer auf diese unhöfliche Weise zeigen, dass sie nicht in seine Welt gehörte? Zu gerne hätte die hübsche Frau ihrem Unmut darin Luft gemacht, eine Tasse an der Wand zu zerschlagen, wenn dieses Geräusch nicht so furchtbar laut gewesen wäre.
Jason hatte sich rechtzeitig von der Party abgesetzt, als er die ersten Signale der ausbrechenden Orgie um sich herum spürte. Hätte er dabei sein müssen und wären seine Instinkte durchgebrochen, dann wären in dieser Nacht einige neue Vampire entstanden. Zum ersten Mal begriff der junge Vampirfürst, welchen Preis seine Macht forderte. Wieder einmal hatte das Schicksal ihn in seinem unerbittlichen Schraubstock. Zorn trieb ihn immer weiter durch die lichterfüllte Stadt. Hamburg schlief, wie jede Großstadt, eigentlich nie. Aber keiner der Passanten achtete auf den Schatten, der flüchtig vorbei eilte, getrieben von Schmerz und Wut. Selbst Celeste war vergessen.
Der Vampirfürst fand sich selbst vor einem der städtischen Krankenhäuser wieder. Seine dunklen Instinkte hatten ihn sicher hierher geleitet. Na schön, wenn schon kein Frischblut, dann gab es hier zumindest menschliches Blut, wenn auch in „Frischhaltebeuteln“. Und kein Portier und keine Nachtschwester konnten ihn aufhalten. Sie sahen nichts als einen durch die Gänge huschenden Schatten. Vielleicht würden sie es auch als Sinnestäuschung abtun. Menschen waren wirklich leicht zu täuschen!
Nachdem er die Blutvorräte im Kühlraum geplündert hatte, ging es ihm zwar körperlich besser. Aber danach war Jason ziellos weiter umhergeirrt, bis er sich im Morgengrauen plötzlich auf dem Friedhof Ohlsdorf wieder fand. Was hatte ihn bloß an diesen Ort gezogen? Es war bitterkalt geworden. Der erste Raureif hatte sich auf die Grabsteine und Statuen und überzog die letzten Ruhestätten mit seinem glitzernden weißen Flitter.
Jasons Weg hatte ihn unbewusst geradewegs zum Grab von Rita Hold geführt.
„Die Vergangenheit holt einen doch immer wieder ein“, hörte er plötzlich eine raue Stimme hinter sich, die in einem harten Husten ausklang.
Der junge Mann drehte sich um und erblickte hinter sich einen mit Wollmantel, Schal und Hut bekleideten älteren Mann, der ihm wohl bekannt war. Kommissar Welsch von der Kripo Hamburg. Er sah krank aus.
„Es freut mich, Sie wieder zu sehen“, sagte Jason leise.
Der frühe Friedhofsbesucher lächelte. „Im Gegensatz zu mir sehen Sie sehr gut aus, Jason. Und so verdammt jung! Fast beneide ich Ihre Rasse.“
„Da gibt es nichts zu beneiden, Herr Kommissar, der Weg der Vampire ist mit Gräbern gepflastert“, war Jasons lakonische Antwort.
Welsch nickte. Er war inzwischen in Pension gegangen und ein eigensinniger, alter Mann geworden, der ab und zu mal die Familie seiner Schwester besuchte und viel an die alten Zeiten dachte – bevor er von den Vampiren wusste.
Welsch sah Jason jetzt direkt in die Augen. „Ob Sie es glauben oder nicht, mein Freund, aber auch bei uns Menschen gehören Abschiede zum täglichen Leben, ob wir es wollen oder nicht. Ich, zum Beispiel, komme oft hierher“, dabei deutet er auf Ritas Grab. „Die Erinnerungen, wissen Sie.“
Jason verstand auch so. „Manchmal ist es besser, allein unterwegs zu sein, als mit falschen Freunden. Das Grab ist vielleicht Eure Zukunft, aber unsere Heimat“, sinnierte er.
Welsch blickte ihn erstaunt an. „Mag schon sein, aber habt ihr eigentlich eine Zukunft?“, fragte er. Darauf blieb Jason ihm eine Antwort schuldig. Stattdessen brannte ihm eine andere Frage auf der Zunge. „Was haben
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