Lux Aeterna (German Edition)
auf den Fliesen. Das Licht des Kühlschrankes hatte für einen kurzen Moment die dunkle Gestalt am Küchentisch beleuchtet. Rita erschrak bis ins Mark und ließ das Glas fallen. Hastig griff sie an den Lichtschalter.
„Jason!“, rief sie erstaunt aus. „Was, zum Teufel, machen Sie mitten in der Nacht in meiner Küche?“ Ärger löste den Schrecken ab.
Der junge Mann in schwarzer Kleidung hob lässig die Hand zu einem Gruß. „Hallo, Rita. Ich nehme nicht an, dass Sie mir etwas zu trinken anbieten wollen?“ In seiner Stimme mischten sich Spott und Überheblichkeit. Dabei grinste er ob der Zweideutigkeit seiner Worte. Die junge Frau wusste schließlich, dass er ein Wesen aus einer anderen Welt war, ein Vampir.
„Was soll das?“, fragte Rita, ohne auf seine Provokation einzugehen. Innerlich machte sie sich Gedanken über ihr Aussehen und knöpfte schnell ihr Nachthemd zu.
Jason Dawn, den sie als ehemaligen Sänger der englischen Rockband „The Damned“ vor einigen Wochen kennen gelernt, und der ihr seine wahre Identität verraten hatte, lächelte sie unverschämt an. Zu der Zeit hatte er nur Englisch mit ihr gesprochen, nun sprach er Deutsch mit einem leichten Akzent.
„Keine Sorge, Sie sehen bezaubernd aus.“
Warum konnten diese Wesen bloß Gedanken lesen? Rita schwankte zwischen Verlegenheit und Ärger, als Jasons nächste Worte sie aufhorchen ließen.
„Ich habe über Ihren Vorschlag von damals nachgedacht“, begann er vorsichtig. „Ich wäre eventuell bereit, Sie in gewisser Weise zu unterstützen, wenn Sie dafür – sagen wir mal – mein Dasein etwas erleichtern würden.“
„Und wie stellen Sie sich das vor? Wollen Sie etwa ein Abo für die Blutbank?“, fragte Rita zynisch.
„Nicht doch, dieses Blut wäre tote Energie. Ich bevorzuge, genau wie Sie, warme Mahlzeiten.“
Jason grinste wieder, als Rita erschauerte.
„Und was würden Sie dafür tun?“, fragte sie misstrauisch.
„Ich verrate Ihnen ein paar kleine Geheimnisse unserer Rasse, die Sie sicher interessieren dürften!“
Der junge Mann mit den schönen dunklen Augen und den sanften Gesichtszügen wusste genau, dass er in der stärkeren Position war und ließ Rita seine Überlegenheit spüren.
„Ich muss erst mit Kommissar Welsch darüber sprechen“, meinte diese nur. Sie hatte ihre Fassung kurz wieder gefunden.
„Natürlich. Ich bin sicher, wir sehen uns bald wieder.“ Mit diesen Worten stand Jason vom Küchentisch auf und ging auf die hübsche Polizeibeamtin zu, die instinktiv zum Türrahmen zurückwich. „Ich weiß nur nicht, was Ihnen lieber wäre, bei Tag oder bei Nacht.“
Diese Frechheit in seinen Worten traf ins Schwarze, denn er wusste, dass Rita eine unerklärliche Zuneigung für ihn empfand.
Mit einem leisen Lachen ging er an der sprachlosen Beamtin vorbei ins Wohnzimmer, öffnete das Fenster und sprang auf das Fenstersims.
„Um Gottes Willen“, rief Rita aus. „Wir sind hier im dritten Stock!“
Jason winkte ihr zu wie ein kleiner Junge, der einen Streich ausheckte.
Mit Schwung stieß er sich von der Fensterbrüstung ab und verschwand als dunkler Schemen in der Nacht, noch bevor Rita das Fenster erreichte.
‚Komisch’ , dachte sie dabei nur. ‚Und ich hab immer geglaubt, die würden sich in Fledermäuse verwandeln.’ Dann schloss sie das Fenster wieder und ging ins Bett, wohl wissend, dass sie heute Nacht doch keinen Schlaf mehr bekommen würde.
* * *
In der Piano Bar im Hotel Hafen Hamburg war nicht viel los. Kommissar Welsch, seine Assistentin Rita Hold und Jason Dawn saßen etwas abseits an einem der kleinen, runden Tische.
Jasons Vorschlag stieß bei Harald Welsch zunächst auf Ablehnung, ja Empörung.
„Sie wollen von uns Namen von Verbrechern, die schuldig sind, aber nicht verurteilt werden konnten? Hab ich Sie da richtig verstanden?“ Der Kommissar schüttelte verständnislos den Kopf. „Das ist unmöglich!“
Jason sah ihn mit einem prüfenden Blick an. „Denken Sie? In den Staaten werden verurteilte Mörder und Verbrecher doch auch hingerichtet. Wir würden diese Aufgabe gerne hier übernehmen.“ Da war wieder seine provozierende Arroganz, die im krassen Gegensatz zu seiner so weichen Stimme stand.
„Damit würden wir uns zu Mitschuldigen machen“, warf Rita ein.
Der junge Mann hob die Augenbrauen. „Was ist Ihnen denn lieber? Dass wir Schuldige töten, die selbst getötet haben, oder unschuldige Menschen? Wir müssen schließlich überleben! Und wenn ich andere
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