Lux Aeterna (German Edition)
„Angelina ist eine sehr begabte Künstlerin mit der Studienerlaubnis für amerikanische Staatsangehörige. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine so bezaubernde Frau zu einem Verbrechen fähig wäre.“
„Besuchen Sie mit Ihren Studenten auch mal die Galerien in der Stadt?“, wollte der Kommissar jetzt wissen.
Der Professor blickte ihn verständnislos an. „Selbstverständlich, die jungen Leute sollen ja den Kontakt zur Kunstszene bekommen. Einige unserer Studenten dürfen sogar in den Galerien Praktika machen.“
Welsch horchte auf. „War Angelina Castillo eine davon?“, fragte er.
Der Professor nickte. „Sie ist eine der beliebtesten Studentinnen hier!“
Welsch wusste sofort, was der Professor meinte, als er kurz darauf der rassigen Schönen gegenüberstand. Diese tiefblauen Augen, umrahmt von den langen, schwarzen Wimpern waren einfach unvergesslich. ‚Wenn ich dreißig Jahre jünger wäre…’ , dachte Harald Welsch, doch dann erinnerte er sich wieder an den Grund seines Besuches.
„Der Tod Ihres Vaters scheint Ihnen nicht sonderlich nahe zu gehen“, bemerkte er nach der Begrüßung.
„Ich kannte ihn nur von Fotos“, antwortete die Schöne widerwillig. „Meine Mutter hat mir nichts Gutes über ihn erzählt.“
„Aber offenbar haben Sie sein Talent geerbt.“
„Mag sein“, kam eine gleichgültige Antwort.
„Wissen Sie eigentlich, wie Ihr Vater gestorben ist?“
„Nein, und ich will es auch gar nicht wissen.“ Die junge Dame schien eine wirkliche Abneigung gegen ihren Erzeuger zu haben.
Dann zog der Kommissar ein Foto aus seiner Jackentasche. „Kennen Sie den hier?“, fragte er. „Phyllobates terribilis“, war die Antwort. „Ja, er gehört zu den gefährlichsten Tierarten in meiner Heimat.“
„Das ist der Mörder Ihres Vater, oder besser gesagt, das Werkzeug des wirklichen Mörders“, sagte der Kommissar und beobachtete die Studentin dabei ganz genau. Seinen stahlgrauen Augen entging nicht die Genugtuung in ihrem Blick.
Ihre rechte Hand spielte während der gesamten Befragung nervös mit dem ovalen Anhänger ihrer Kette, der die Form eines Medaillons hatte. „Ein viel zu schneller Tod für jemanden, der meine Mutter so behandelt hat und uns zu einem Leben in den Slums verdammt hat.“ Angelinas Stimme zitterte vor unterdrückter Wut. „Wir haben dort gelebt wie die Tiere und uns von Abfällen ernährt, während mein Vater sein Geld für die Drogen verprasst hat, die aus meinem Land kommen!“
„Sie meinen Kokain“, stellte der Kommissar fest.
Angelina nickte.
„Aber Ihr Vater hat Ihrer Mutter doch Geld gegeben.“
„Dieses Geld war nicht für sie bestimmt, sondern für eine Abtreibung! Sie hat nie einen Cent davon für sich ausgegeben. Sie hat alles gespart, um mir ein besseres Leben zu ermöglichen! Sie hat mich sogar privat unterrichten lassen, von einem Maler, den sie einmal von einer Krankheit geheilt hat. Sie hat nie Geld von den Kranken verlangt.“ Tränen des Zorns standen in den schönen Augen, und der Kommissar fühlte so etwas wie Mitleid mit der jungen Frau.
„Als Heilerin kannte Ihre Mutter sich doch auch bestimmt gut mit Giften aus“, versuchte der Kommissar die Studentin aus der Reserve zu locken.
„Meine Mutter hat keiner Fliege etwas zuleide getan!“, fuhr sie den Kommissar an. „Sie besaß das alte Wissen unserer Vorfahren, das ist alles.“
Kurze Zeit blieb es still. Angelina hatte sich wieder gefangen, doch so leicht wollte Harald Welsch es ihr nicht machen.
„Warum sind Sie eigentlich nicht in den Staaten geblieben? Sie waren doch dort verheiratet und hatten eine Aufenthaltsgenehmigung“, wollte er noch wissen.
„Oh, mit diesem Trunkenbold habe ich es lange genug ausgehalten. Steve war Alkoholiker und hielt mich wie eine Sklavin“, sagte sie mit dem gleichen Zorn in der Stimme.
‚Kein Wunder, dass sich soviel Hass in ihr aufgestaut hat. Bei einer Scheidung hätte ihr vielleicht doch noch die Abschiebung gedroht’ , dachte der Kommissar, doch laut fragte er sie: „Wie ist Ihr Mann eigentlich gestorben?“
Angelina schwieg. War sie tatsächlich eine Mörderin?
Zurück im Büro berichtete Harald Welsch seiner Mitarbeiterin von dem Gespräch mit der Tochter des Malers. Beide schwiegen einige Zeit lang. Ihr kriminalistischer Instinkt sagte ihnen, dass Angelina schuldig war, doch sie konnten es nicht beweisen.
„Wie war das noch mal mit ihrem Mann?“, fragte Rita plötzlich. „Woran ist er gestorben?“
„Auf dem
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