Lux Aeterna (German Edition)
Flug, sehnte sich nach einem heißen Bad und einem Bett. Sie ging zum Taxistand. Seltsamerweise ignorierte der Fahrer einer der Wagen alle anderen ankommenden Passagiere, die wild gestikulierend eine Beförderungsmöglichkeit suchten. Er schien nur auf sie zu warten. Angelina nahm das wohlwollend zur Kenntnis, denn sie war es gewohnt, dass ihr Aussehen nahezu alle Türen öffnete. Erschöpft und dankbar ließ sie sich in die Polster des Rücksitzes fallen. Den Fahrer selbst konnte sie im Dunkeln kaum erkennen. Ebenso wenig wie das kalte Glitzern in seinen Augen.
Sie grüßte kurz und gab ihr Fahrziel an. Der Fahrer mit der Chauffeursmütze vor ihr nickte nur stumm und gab Gas. Angelina lehnte sich mit einem tiefen Atemzug zurück. Langsam fiel die Anspannung der letzten Tage von ihr ab. Hier, in ihrer Heimat, würde sie in Sicherheit sein. Ihr war völlig entgangen, dass der Fahrer den Taxameter nicht eingeschaltet hatte. Was sie nicht wusste: dieses Taxi würde nirgendwo ankommen.
Wenige Tage später erhielt Rita Hold eine Nachricht. Als sie morgens ihr gemeinsames Büro betrat lag eine schwarze Rose auf ihrem Schreibtisch. Das war seine Visitenkarte. Daneben ein Umschlag. Ohne den Mantel auszuziehen, öffnete sie mit zitternden Fingern den Brief. „Das Problem ist gelöst“, stand da mit schnörkeliger Handschrift. Keine Unterschrift. Rita blickte hoch und fing den vielsagenden Blick des Kommissars auf. Harald Welsch ahnte, was sie getan hatte. Er wusste allerdings nicht, ob er froh darüber sein sollte oder nicht.
(7) Trilobit
„Es ist erstaunlich, wie jung sie noch für einen Professor aussehen“, lächelte Sandra Koch ihren Dozenten an, als sie ihre Arbeit abgab.
Professor Ulrich Reimann fühlte sich zu Recht geschmeichelt. Obwohl seine Schläfen bereits leicht ergraut waren, so sah er doch eher wie Anfang Vierzig aus und nicht wie weit über Fünfzig.
„Ein Glück, dass Sie mein wahres Alter nicht kennen“, lächelte er zurück und packte weiter seine Aktentasche zusammen.
Das wahre Geheimnis um sein jüngeres Aussehen kannte außer ihm nur sein Sohn und Assistent Daniel Reimann. Einen musste er ja schließlich in seine Tätigkeit hier an der Universität einweihen, und in seinem Labor brauchte er einen zuverlässigen Assistenten. Schließlich flossen nicht unerhebliche Fördergelder, doch Professor Reimann war es letzten Endes egal, woher diese kamen. Er fragte nicht nach, solange er an seinen genetischen Forschungen weiterarbeiten konnte. Nicht einmal sein Sohn wusste genau, woher die Gelder für das aufwändige Privat-Labor kamen, dessen Zutritt den Studenten verwehrt war.
Daniels Gedanken waren zurzeit eher bei seiner Verlobten Nicole Hartung, einer Assistenzärztin im nahe gelegenen Stadtkrankenhaus. Sie wollten in wenigen Monaten heiraten. Obwohl Professor Reimann die junge brünette Ärztin mit den grünen Katzenaugen durchaus attraktiv fand, hielt er nicht viel von dieser Verbindung. Er hätte es lieber gesehen, wenn sein Sohn sich ganz seiner Doktorarbeit gewidmet hätte. Eine Familiengründung sollte da ruhig noch ein paar Jahre warten. Außerdem hätte er seinen Sohn gerne noch länger Zuhause behalten.
Seit seine Frau und Daniels Mutter verstorben war, hatte er sich fast ausschließlich der Arbeit gewidmet, und es war schön, über diese Arbeit mit seinem Sohn sprechen zu können. Vielleicht ließ Daniel sich ja mit dem neuen Forschungsauftrag überzeugen? Ulrich Reimann beschloss, seinem Sohn heute beim Abendessen davon zu erzählen.
* * *
„Ein solches Projekt können wir unmöglich beide allein schaffen. Außerdem kostet das einige Millionen allein an neuen Laborgeräten.“ Daniels Stimme klang aufgeregt.
Der angehende Doktor hatte den Forschergeist seines Vaters geerbt. Seine wachen blauen Augen schauten neugierig in die Welt, und er hinterfragte die Dinge mit der gleichen Penetranz wie dieser.
Und was sein Vater ihm da gerade erzählt hatte, klang wie die Suche nach dem heiligen Gral – die Jagd nach dem ewigen Leben!
„Um das Geld mach dir keine Sorgen, mein Sohn. Ich muss nur wissen, ob ich mich auf dich verlassen kann.“
„Die Universität wird dir kaum soviel zur Verfügung stellen.“
Der Professor musste unwillkürlich lachen. „Natürlich nicht. Das Geld kommt von einer privaten Organisation.“
Daniel sah seinen Vater erstaunt an. „Und die beauftragen dich und nicht ein großes Institut?“
Reimann blickte seinen Sohn zornig an.
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