Lux Aeterna (German Edition)
Talent. Sie spielte mit dem Temperament eines alten Zigeuners und der Perfektion von Paganini. Rita saß in der ersten Reihe zusammen mit dem Intendanten und einigen wichtigen Presseleuten. Auch sie war als Reporterin getarnt. Rita beobachtete Fiona und sah auch das eifersüchtige Glitzern ihrer Augen während die beiden jungen Künstlerinnen spielten. Auch wenn sie sich später mit einem Lächeln voneinander verabschiedeten, so wusste die Kommissarin doch, dass Elena in Gefahr war.
* * *
Wütend lief Fiona in ihrem Hotelzimmer auf und ab. Es war bereits Abend geworden. Morgen würde das Konzert sein, und dann würde die ganze Welt sehen, dass eine Zwölfjährige mehr Gefühl in den Geigenbogen legen konnte als sie. Das durfte nicht geschehen!
Der gleichen Meinung war auch Jason Dawn, der an diesem Abend Fiona aufsuchte. Fionas Zorn war so stark, dass sie etwas zerstören wollte, egal was oder wen. Der junge Mann da in der Tür kam ihr gerade recht. Aber irgendetwas war anders an ihm. Zunächst hielt sie ihn für einen Fan, der ein Autogramm haben wollte, was er auch gar nicht bestritt. Sie bat ihn kurz hinein und während sie eine Autogrammkarte suchte, sah sie sich den schwarzgekleideten Besucher näher an. Er war hübsch, fast zu hübsch für einen Mann.
Besonders seine samtbraunen Augen übten eine eigenartige Faszination aus. Aber er kam ihr gerade recht. ‚Tu es besser nicht!’ , hörte sie seine Stimme in ihren Gedanken. Fiona fuhr herum. Das also war es gewesen, was sie so irritiert hatte. Er war von ihrer Art! Die junge Vampirin gab sich arglos. „Was soll ich nicht tun?“, fragte sie jetzt ganz unschuldig.
„Mich angreifen“, sagte Jason in ruhigem Tonfall. Wenn seine Stimme so ruhig und gelassen klang, war das gefährlich.
Die grünen Augen der Irin blitzten auf. Sie ging langsam auf ihn zu.
„Stimmt“, sagte sie nur. „Du kannst meinen Hunger nicht stillen.“
„Hör auf, zu töten!“, warnte Jason sie jetzt. „HalteHHH dich an die neuen Gesetze.“
„Soll ich mich etwa von diesem Plastikzeug ernähren?“, fuhr sie ihn an. „Wie tief sind wir eigentlich gesunken?“
„Du brauchst dich ja nicht ausschließlich davon zu ernähren“, Jasons Stimme war immer noch ruhig. „Du kannst dich noch anpassen“, meinte er.
Fiona warf zornig den Kopf zurück, dass die langen, kupferfarbenen Haare flogen. „Niemals!“, rief sie aus.
Jason ging auf sie zu und schüttelte sie an den Schultern wie ein hysterisches Kind. „Wäre es dir lieber, dass sie uns wieder jagen und töten, wie vor vielen Jahrhunderten? Dass wir uns verstecken müssen wie Tiere. Egal, wie vorsichtig du bist, eines Tages wirst du dich verraten! Warum, denkst du, gibt es nur noch so wenige ‚Alte’ von uns? Und warum haben wir Hybriden uns wohl so gut angepasst?“, warf er ihr vor.
Doch die Irin blieb uneinsichtig. „Die Menschen essen, wenn sie Hunger haben. Und wenn ich Hunger habe …“
„Du hättest niemals anfangen dürfen, Menschen zu töten. Jetzt ist deine Seele verloren!“, rief Jason aus.
„Seele – lächerlich“, gab sie verächtlich zur Antwort. „Die Menschen verkaufen ihre Seele sogar für Drogen.“
„Und du für deine Karriere!“
Kurze Zeit war es still.
Jason ahnte, dass diese Diskussion zu nichts führen würde. Dieser irische Dickkopf würde niemals locker lassen. Fiona versuchte, sich zu beruhigen
„Willst du etwa behaupten, dass du nicht getötet hast?“, fragte sie ihn jetzt nicht ohne Hintergedanken.
„Oh doch, und ich habe es genossen, das gebe ich zu“, war Jasons Antwort. „Aber heute … bin ich etwas wählerischer geworden.“ Sie würde doch nicht verstehen, was sein Dasein verändert hatte und es würde auch zu lange dauern, es ihr zu erklären. Ihr Temperament würde früher oder später wieder mit ihr durchgehen. Es gab nur einen Weg, sie aufzuhalten.
Aber Fiona kam ihm zuvor. Sie hatte gespürt, was er vorhatte und griff ihn ohne Vorwarnung an. Wie ein Terrier schlug sie die Zähne in seine Schulter – immer wieder. Jason hatte alle Mühe, ihren wütenden Attacken zu entgehen. Es war der Kampf zweier Raubtiere, der sich an diesem Abend in dem Hotelzimmer abspielte.
Jason hatte keine andere Wahl, und als er sie richtig zu fassen bekam, drehte er mit einem kurzen Ruck ihr Genick um. Einen so jungen Hybridenvampir zu töten war leicht. Aber noch war das Werk nicht vollendet, sie musste ausbluten. Gott sei Dank hatte niemand den Kampf gehört.
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