Lux Aeterna (German Edition)
das, mit Flammenwerfern ausgerüstet, für einen heißen Empfang des Aufrührers sorgen sollte.
Währenddessen hatte Laetitia dafür gesorgt, dass Alexandre Cuvier andere Dinge im Kopf hatte, als in dieser schönen Spätsommernacht einen Menschen zu töten. Mit ihren Verführungskünsten hatte sie ihn direkt in das Mausoleum gelockt und eine andere Art von Hunger gestillt. Die heißblütige Südländerin konnte sich manchmal wie eine rollige Katze verhalten.
So kam es, dass die sonst so feinen Sinne der Vampire die leisen Schritte vor der Grabstätte nicht wahrnahmen. Als die Metalltüre des Mausoleums aufflog, war es bereits zu spät. Und es war nicht das Feuer der Leidenschaft, das sie beide vernichtete. Die Flammenwerfer verbrannten jedoch nicht nur die beiden Vampire. Sie lösten eine Explosion aus, die das ganze Steingebäude in Schutt und Asche legte. Zwei Polizisten des Kommandos wurden durch die umher fliegenden Steine schwer verletzt.
Mit Blaulicht trafen nicht nur die Krankenwagen ein, sondern auch der Kommissar und seine Mitarbeiterin, um sich den Schutthaufen anzusehen, der gerade von der Feuerwehr abgelöscht wurde.
Rita stand etwas abseits von dem Getümmel, das sich auf dem sonst so beschaulichen Friedhof abspielte. Aus dem Schatten eines Baumes löste sich ein anderer Schatten und trat neben sie.
„Laetitia war keine Verräterin“, sagte Jason Dawn leise.
Rita blickte sich zu ihm um. „Was meinst du?“, fragte sie verständnislos.
„Die Explosion. Sie wollte ihn offenbar schon vor euch töten.“
„Sie war mit ihm in dem Mausoleum?“, hakte Rita nach. „Aber warum?“
„Sie hat ihm wohl eine Falle gestellt. Im offenen Kampf wäre sie unterlegen gewesen. Sie muss wohl eine Propangasflasche aus dem Restaurant mitgenommen haben“, überlegte Jason laut.
„Das war Selbstmord!“, erwiderte Rita. „Sie hätte niemals rechtzeitig aus dem Grabmal fliehen können.“
Jason nickte traurig. Er hatte seiner Artgenossin Unrecht getan. Offenbar hatte sie nicht gewollt, dass er von ihrem Plan erfuhr und versuchen würde, sie davon abzubringen. Deshalb hatte sie vorgegeben, mit Cuvier gemeinsame Sache zu machen. Und ihr musste von Anfang an klar gewesen sein, dass sie dabei drauf gehen konnte.
„Sie war ein feiner Kerl“, sagte Rita jetzt und legte die Arme um Jason.
„Das war sie. Ich hätte ihr niemals misstrauen dürfen.“
Eine ganze Weile standen sie so da, während um sie herum die Menschen hektisch umherliefen. Der Brand war inzwischen gelöscht. In den Trümmern schwelte es nur noch. Die Explosion hatte umliegende Gräber beschädigt, doch das war reparabel. In ein paar Wochen würde man von dem Schaden nichts mehr bemerken. Nur an der Stelle, wo das alte Mausoleum gestanden hatte, würde eine hässliche Lücke klaffen. Doch eines Tages würde auch dort etwas Neues entstehen.
* * *
Nach ein paar Wochen war der Spuk vorbei. Die Rebellion verlief ohne Anführer im Sande. In allen Städten hatten die Straßenschlachten aufgehört. Die Politiker sonnten sich wieder in den Medien und prahlten mit ihrem Verhandlungsgeschick. Überall waren die Aufräumarbeiten in vollem Gange. Das Ausgangsverbot wurde aufgehoben. Alles ging wieder seinen normalen Gang. Scheinbar.
In der Gerichtsmedizin in Berlin-Wedding kam eine Leiche auf den Seziertisch, die eigentlich dort nicht hingehörte. Sie stammte noch aus einem der vielen Straßenkämpfe. Es war ein junger Mann, Mitte Zwanzig, übel zugerichtet, schwer verbrannt, die Kehle durchgeschnitten. Er sah aus wie ein Kriegsopfer. Das war auch die Meinung des Pathologen. Eine Identität war nicht festzustellen, außer vielleicht anhand des Gebisses. Das sah überraschenderweise sehr gesund aus und schien niemals einen Zahnarzt gesehen zu haben. Das Einzige, was dem Mediziner auffiel, waren die spitz zulaufenden Eckzähne. Doch das war in der Gothicszene keine Seltenheit. So etwas konnte man leicht machen lassen.
Etwas anderes irritierte den Arzt dagegen schon: Dass eine Leiche in diesem Zustand noch eine Art von Leben in sich zu haben schien. Bei einem Gewebeabstrich fand er teilweise lebende Zellen, die sich ständig erneuerten und so in kontinuierlich gleicher Zahl vorhanden waren. Und dann erinnerte sich dieser Arzt an etwas.
An einen Umschlag, der ihm vor einigen Monaten auf den Schreibtisch geflattert war. Einen Umschlag ohne Absender, nur mit einem Wappen auf der linken oberen Ecke. Wer dieser Organisation Hinweise auf die
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