Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini
Antworten auf einmal.
Mich interessiert jedoch nur eines: Was haben Sie in Benellis Büro gesucht?«
»Wenn ich das nur wüsste. Vielleicht sein Geheimnis?«
Der Fremde stieß ein unheilverkündendes Lachen aus. »Sie haben ja
Sinn für Humor. Nun, der wird Sie die Tortur vielleicht etwas leichter
ertragen lassen.«
Er betätigte das Handhebelrad erneut, und Bens Arme wurden noch
brutaler über seinen Kopf gerissen. Diesmal spürte er echten Schmerz,
stöhnte, unterdrückte aber ein impulsives Aufschreien.
»Hat Ihnen Ihr Chef diesen Bereich der Villa niemals gezeigt?«, fragte
der Fremde ehrlich interessiert.
Ben fluchte innerlich. »Ich schätze, dies ist das geheime Burgverlies.«
Der Fremde trat einen Schritt vor, gerade so weit, dass Ben ihn wie einen Schatten aus dem Augenwinkel wahrnehmen konnte. »Es ranken sich
einige höchst unschöne Geschichten um diesen Ort, gewoben aus Irrsinn
und Blut, Kreuz und Schwert. Aber als letzter männlicher Spross seiner
Familie wird Ihr Chef nicht sonderlich daran interessiert sein, alte
Geschichten aufzuwärmen. Dabei liegt das jüngste Drama gar nicht
einmal so lange zurück.«
»Kardinal Cibans Familiengeschichte interessiert mich nicht«, keuchte
Ben. Der Schmerz in den Armen wurde langsam unerträglich. »Das geht
mich nichts an.« In Wahrheit kannte er Cibans Vergangenheit recht gut,
zumindest den zugänglichen Teil. Er arbeitete höchst ungern für
Vorgesetzte, deren Hintergrund er nicht kannte. Aber der Fremde hatte
schon Recht: Wo es viel Licht gab, da gab es auch viel Schatten. So
standen das Kreuz und das Schwert, welche der Mann erwähnt hatte, für
nichts Geringeres als den vatikanischen Geheimdienst. Ben hatte von
dem Gerücht gehört, dass der Geheimdienst des Vatikans in irgendeiner
Form mit dem Tod von Cibans einziger Schwester zu tun hatte.
»Nur so viel«, sagte die Stimme ruhig. »Schenken Sie Ihrem Boss nicht
zu viel Vertrauen. Denn Vertrauen ist etwas, das er nicht verdient. Doch nun wieder zurück zu unserem eigentlichen Thema: Was haben Sie
gehofft, in Kardinal Benellis Arbeitszimmer zu finden?«
»Ich weiß es nicht«, brachte Ben stöhnend vor Schmerz hervor. »Aber
womöglich bekommen Sie es heraus, wenn Sie die Akten und den
Computer durchsuchen?«
Der Fremde spannte das Seil noch ein Stück weiter. Schierer Schmerz
schoss durch Bens Körper. Ihm war, als hörte er ein ohrenbetäubendes
Krachen in seinen Schultergelenken.
»In diesem Stadium werden Sie noch gegen die Spannung anhalten«,
erklärte die Stimme mit einer Kälte, die Ben einen Schauer über den
Rücken jagte, »und das nicht nur mit den Arm- und Beinmuskeln,
sondern auch mit den Bauchmuskeln. Im nächsten Stadium wird die
Kraft Ihrer Gliedmaßen mit einem Mal nachlassen. Zuerst werden Sie
die Kraft in den Armen verlieren, dann in den Beinen. Erst werden die
Bänder reißen, danach Ihre Muskelfasern. Im übernächsten Stadium
werden schließlich auch Ihre Bauchmuskeln bersten, und wenn ich die
Folter bis in den frühen Morgen genüsslich fortsetze, werden zu guter
Letzt Ihre Glieder ausgerenkt und aus den Gelenken springen. Glauben
Sie mir, die Schmerzen dieser Tortur werden unvorstellbar sein.«
Ben antwortete nicht. Sein Körper war wund und in Schweiß gebadet.
Jede einzelne Faser tat ihm weh, als stünde er in Flammen. Der Fremde
wartete noch einen Moment, dann trat er hinter der Folterbank hervor. Er trug ein Kapuzengewand, das ihn vollkommen verhüllte. Aber er war in
etwa so groß wie Ben.
»Wie fühlen Sie sich?«
»Beschissen. Und wissen Sie was: Sie werden mit Ihrer Folter nichts
erreichen. Nicht das Geringste.«
»Ich kann nur hoffen, dass Sie sich über den Ernst Ihrer Lage im Klaren
sind. Das hier ist kein Scherz.«
Ben blickte sich in dem schummrigen Raum um und schaute dann
wieder den Fremden an, ohne ein Wort. Verdammt! Was war das nur für
eine Geschichte, in der Darius und Benelli da gesteckt hatten? Und was
wusste Ciban?
»Sie sind zäh. Zäher, als ich dachte«, sagte der Unbekannte ruhig. »Was
soll ich sagen – wir leben nicht mehr im Mittelalter. Und um ganz
ehrlich zu sein, ich verabscheue Gewalt.«
Mit diesen Worten öffnete er eine Tasche, die neben der Folterbank
stand, und entnahm ihr eine Spritze und eine Ampulle mit einer
fluoreszierenden Flüssigkeit. Er füllte die Spritze auf, drückte den
Kolben nieder und ließ einige Luftbläschen durch die Nadel entweichen.
Ben rüttelte an seinen
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