Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini
Richtung gab, in der er jetzt noch
weiterforschen konnte. Er musste zurück zu Benellis Villa. Nur dort
würde er herausfinden können, worin diese Verbindung zwischen Darius
und dem Kardinal bestand und was LUKAS bedeutete.
Abel hatte im Internet noch nach einem Hinweis über LUKAS geforscht,
doch die Suche war ergebnislos verlaufen, zumindest in Verbindung mit
Darius, Benelli und dem Lux. Mehrere Firmen waren unter dem Namen
aufgetaucht, Künstlermalerei, die Website eines bekannten
Jungfußballers, außerdem ein Verlag, eine Comedyserie und vieles mehr.
Schließlich hatten sich beide den Bedeutungsinhalt des Namens noch
einmal klargemacht. Er war lateinischen Ursprungs und bezeichnete
jemanden, der aus Lukanien stammte. Die direkte Übersetzung, die Ben
in den Sinn kam, war hingegen sehr interessant: »In Licht
hineingeboren«, vom lateinischen lux . Hatte LUKAS womöglich etwas mit dem Projekt CORONA zu tun, an das sich Ben noch aus seiner
Kindheit am Chicagoer KIMH erinnerte?
Als er Rom hinter sich ließ und einen Blick in den Rückspiegel warf,
bemerkte er einen ungewöhnlichen Lichtschimmer am Himmel, aus der
Richtung, aus der er kam. Der Regen hatte inzwischen aufgehört, und der
Mond schien durch die Wolken, die teilweise glutrot waren. Ob doch
noch irgendwo ein Blitz eingeschlagen hatte? Er fuhr einen Umweg zum
Benelli-Anwesen, da er bezweifelte, dass die Einsatzkräfte den
umgestürzten Baum, der ihnen beinahe zum Verhängnis geworden war,
schon beiseitegeräumt hatten.
Schließlich erreichte er die Villa. Wie eine Festung lag sie da, doch Ben wusste von früheren Besuchen mit Kardinal Ciban, dass dieses
Gebäude – zumindest für ihn – kein unüberwindliches Hindernis
darstellte. Es gab keine Wachhunde, kein Wachpersonal, nur eine
Alarmanlage, deren Funktionsweise er kannte, und das übliche Personal.
Die Villa war vollkommen dunkel. Nichts wies auf die Tragödie hin, die
sich hier noch vor wenigen Stunden ereignet hatte.
Als Ben sich dem Haus über einen Seitenpfad näherte, stellte er fest, dass in der Dunkelheit etwas fehlte. Die rote Diode der Alarmanlage auf der
Aluminiumtafel neben dem Haupteingang leuchtete nicht. Das bedeutete,
die Anlage war überhaupt nicht in Betrieb. Ob die Hausangestellten es
vor lauter Schreck in all dem Trubel vergessen hatten?
Er schlich sich näher heran, um sich zu vergewissern, dass die
Alarmanlage tatsächlich nicht aktiviert war, und wie er feststellte,
leuchtete auch die Diode an einem der Nebeneingänge nicht. Er warf
einen Blick auf die Uhr. Ihm blieb bestenfalls eine Stunde, bevor die
ersten Hausangestellten wieder aktiv wurden. Also hieß es, lieber keine
Zeit verlieren.
Binnen dreißig Sekunden hatte er das Türschloss des Nebeneingangs
geknackt und stand in einem dunklen, schmalen Flur. Der
Lieferantenzugang. Ben musste auf die andere Seite der Villa, dorthin,
wo die Bibliothek, aber vor allem Benellis Arbeitszimmer lag.
Während sich seine Augen an das Halbdunkel gewöhnten, ging er im
Geiste noch einmal seine persönlichen Notizen rund um den Fall durch.
Er war vatikanischer Agent, kein Profiler. Dennoch hatte er sich in den
letzten Tagen Gedanken über das Täter- und Opferprofil gemacht. Über
den Täter wusste er so gut wie nichts, doch wenigstens hatte er sich von dessen Äußerem über das Überwachungsvideo ein Bild machen können.
Mit dem Opfer sah es hingegen ganz anders aus. Das Opfer hatte er
persönlich gekannt.
Der Täter mochte zwischen fünfunddreißig und fünfundvierzig Jahre alt
sein, über 1,85 Meter groß und etwa neunzig Kilo wiegen. Er war von
kräftiger, sportlicher Statur und hatte braunes, kurzes Haar. Außerdem
war er ein kalter Lügner, hatte aber gleichzeitig ein gewinnendes Wesen
bei einer hohen Intelligenz. Er war kein Anfänger. Er mordete äußerst
routiniert, was Ben annehmen ließ, dass es kein persönliches Mordmotiv
gab. Oder gab es doch einen individuellen Vorteil durch den Tod des
Paters? Hatte Darius über ein Wissen verfügt, das dem Lux Domini
gefährlich werden konnte?
Ben fragte sich erneut, ob es sein konnte, dass ein Teil des
Forschungsbereichs, für den Darius gearbeitet hatte, in kriminelle
Machenschaften verstrickt war. Blockierte Ciban deshalb jede weitere
Nachforschung seinerseits? Er hatte keine Ahnung, woran der Pater in
den letzten Jahren gearbeitet hatte. Ebenso wenig wie Abel, der einer
von dessen letzten Schülern gewesen war. Konnte LUKAS
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