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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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deine Unwissenheit unangenehme Folgen haben kann? Für Jutta
     de Apolda?«
    »Geh weg!« Reynevan holte tief Luft.
» Apage .
Verschwinde. Verdufte. Ich lasse mich nicht länger erschrecken oder erpressen. Es gibt für alles eine Grenze.«
    »Die gibt es. Und die hast du eben erreicht. Ich warne dich ernsthaft davor, sie zu überschreiten.«
    »Ich glaube nicht mehr an deine Drohungen. Die Inquisition wird es nicht wagen, Jutta ein Leid anzutun.«
    »Die Inquisition nicht. Ich schon. Genug davon, die Zeitdrängt. Reynevan, ich warne dich, ich meine es ganz ernst. Zweifle nicht an dem, was ich gesagt habe, ich werde nicht zögern.
     Du musst dich entscheiden. Wenn du mir die Stelle verrätst, wo ihr übersetzt, bekommst du Jutta zurück, ich gebe sie dir wieder.
     Wenn nicht, siehst du das Mädchen lebend nie wieder. Verhalte dich ruhig, habe Geduld, zwing mich nicht dazu, dir oder der
     Jüdin etwas anzutun. Ich habe meinen Stiefel auf ihren Hals gesetzt, jeden Moment kann ich ihr die Luftröhre zertreten. Dich
     werde ich ebenfalls töten, wenn du dich falsch verhältst. Und dann lasse ich Jutta töten. Entscheide dich, aber schnell. Die
     Zeit drängt.«
    In der Nähe gingen ein paar Taboriten vorüber, diese beachteten sie kaum. Schlägereien, Raufereien und das Begleichen von
     Rechnungen waren am Rande des Lagers an der Tagesordnung. Reynevan hätte natürlich schreien und um Hilfe rufen können. Er
     tat es nicht.
    »Wirst du
. . .
«, er räusperte sich, »wirst du Jutta freilassen? Sie mir zurückgeben? Schwöre!«
    »Ich schwöre bei meinem Seelenheil. Wo wird übergesetzt?«
    »Hinter Grimma. In Kössern. Übermorgen bei Tagesanbruch.«
    »Wenn du mich belogen hast, wird deine Jutta sterben.«
    »Ich sage die Wahrheit. Ich habe mich dazu entschieden.«
    »Du hast dich klug entschieden«, sagte Łukasz Bożyczko.
    Und verschwand in der Dunkelheit.
     
    Einige Augenblicke später stöhnte Rixa und bewegte sich. Sie versuchte aufzustehen, konnte sich aber nur auf die Knie erheben.
     Wieder stöhnte sie und griff sich mit einer heftigen Bewegung an den Kopf. Sie erkannte Reynevan.
    »Hast du
. . .
«, sie verschluckte sich, »hast du ihm gesagt, wo?«
    »Ich musste es tun. Jutta
. . .
«
    »Ich bring’ ihn um
. . .
« Sie stand auf und schwankte. »Ich bringe diesen Hurensohn um!«
    »Nein! Er hat Jutta! Das kannst du nicht tun!«
    Er wollte sie am Ellenbogen festhalten. Rixa wand sich los, fasste sein Handgelenk und bog es nach hinten. Er brüllte vor
     Schmerz. Sie stellte ihm ein Bein und warf ihn mit einem Hüftschwung zu Boden. Noch bevor er sich wieder aufrappeln konnte,
     war sie in der Dunkelheit verschwunden.
     
    Er tappte wie ein Blinder ins Lager zurück, schwankend und stolpernd. Einige Male stieß er mit einem der Taboriten zusammen,
     einige Male wurde er Arsch und Idiot genannt, öfter als einmal wurde er ordentlich geschubst. Er achtete gar nicht darauf.
    »Reynevan!« Der Nächste, den er anrempelte, packte ihn bei den Schultern. »He! Dich suche ich!«
    »Scharley? Bist du das?«
    »Nein, die heilige Perpetua. Was zum Teufel ist denn mit dir los? So komm doch zu dir!«
    »Ich muss
. . .
Ich muss euch was beichten
. . .
Dir und Samson. Es ist etwas geschehen
. . .
«
    Scharley wurde sofort ernst und sah sich nach allen Seiten um. »Komm.«
     
    Sie hörten ihm in ihrem Quartier zu, während sie gebackene Rübchen kauten, von denen sie einen großen Vorrat angesammelt hatten.
     Nachdem sie ihn angehört hatten, schwiegen sie lange. Samson seufzte ein paar Mal, ein paar Mal hob er auch die Hände, ein
     Zeichen seiner Verzweiflung. Aber er sagte kein Wort. Scharley dachte angestrengt nach.
    »Je nun«, sagte er dann, den Mund voll Rüben. »Ich verstehe dich, Reinmar, an deiner Stelle hätte ich genauso gehandelt. So
     ist das Leben, jeder ist sich selbst der Nächste. Ich befürworte deine Entscheidung. Du hast getan, was die Situation erforderte.
     Du hast richtig gehandelt.«
    Samson seufzte und schüttelte den Kopf. Der Demerit kümmerte sich nicht darum. Er schluckte seine Rüben hinunter.
    »Du hast richtig gehandelt«, sagte er noch einmal. »Und vermutlich werden sie dich dafür hängen, denn das ist meistens das
     Schicksal derer, die richtig handeln.«
    »Es gibt zwei Möglichkeiten«, fügte er nach einer Weile hinzu, »wie du da wieder herauskommst. Da du nicht fliehen willst,
     bleibt uns nur noch eine. Wir müssen Helden werden. Und ich weiß auch schon wo, wann und

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