Lux perpetua
gewesen wärst
. . .
«
»Nicht der Rede wert.«
»Doch«, widersprach der Soldat energisch. »Ohne dich wäre ich nicht hierhergekommen. Ich schulde dir
. . .
«
Er unterbrach sich und blickte auf die Fronleichnamskirche, deren Kirchenglöcklein gerade erklang.
»Dass sie dich verdammt haben, ist das eine«, sagte er. »Möge Gott dir deine Sünden vergeben. Aber dank deiner Hilfe lebe
ich, und dafür schulde ich dir etwas. Und was ich dir schulde, das zahle ich dir zurück. Weißt du, ich habe dich ein wenig
beschwindelt. Dich und deine Hussiten. Wenn sie die Wahrheit erfahren hätten, hätten sie mich nicht freigelassen, oder ich
hätte für meine Freiheit teuer bezahlt. Lindenau ist ein adeliger Name, ich trage ihn dem Geschlecht und meinem Vater zu Ehren.
Aber mein Vater starb, als ich noch ein kleines Kind war, und meine Mutter hat sich wieder verheiratet. Daher ist der einzige
Vater, den ich wirklich je hatte und kannte, Herr Bartholomäus Eisenreich. Sagt dir das etwas?«
Reynevan nickte, der Name eines der reichsten Breslauer Patrizier sagte ihm einiges. Wilkosch Lindenau beugte sich im Sattel
vor und spie Blut in den Schnee.
»Einem Verbrecher, einem Hussiten oder einem Feind hätte ich nichts davon gesagt«, fuhr er, sich die Lippen abwischend, fort.
»Aber du kommst nicht als Feind nach Breslau. Dich führt eine private und ganz persönliche Sache hierher, das merke ich. Also
kann ich mich erkenntlich zeigen. Ich kann dich nicht mit unter mein Dach nehmen und dir keine Unterkunft bieten, denn du
bist immer noch mit diesem Bann belegt
. . .
Aber helfen kann ich dir.«
»Wirklich
. . .
«
»Wenn man in Breslau etwas erreichen will«, der Soldat ließihn nicht ausreden, »muss man Geld haben. Ohne Geld bist du hier nichts. Aber wenn man Geld hat, kann man eine jede Sache
erledigen, selbst die schwerste. Mit Gottes Hilfe wirst du auch deiner Sorgen ledig, Bruder. Denn du wirst Geld haben. Ich
gebe es dir. Sei nicht beleidigt, wenn ich dir wie ein Eisenreich danke. Auf Kaufmannsart. Anders kann ich es nicht, weil
. . .
«
»Ich weiß«, Reynevan lächelte, »weil ich verflucht bin.«
Der zweite glückliche Umstand begegnete Reynevan kurz nach der Mittagsstunde. Er war nicht zusammen mit Lindenau in die Stadt
geritten, er hegte die berechtigte Befürchtung, dass das sich nach dem bedrohten Süden öffnende Schweidnitzer Tor von der
Stadtwache und anderen Einheiten streng kontrolliert wurde. Dem Lauf der Ohle folgend, gelangte er schließlich zum Nikolai-Tor,
mischte sich dort unter die Bauern, die mit den unterschiedlichsten zum Verkauf bestimmten Waren und Gegenständen, hauptsächlich
lebenden, in die Stadt zogen. Am Tor hatte er keine Schwierigkeiten, die Wächter waren größtenteils gelangweilt und faul,
die wenigen tätigen richteten ihre gesamte Aufmerksamkeit darauf, Schmiergelder in Form von Hühnern, Gänsen oder Speckseiten
zu kassieren. Kurz danach, als St. Nikolai zur Sexta läutete, hatte Reynevan bereits Tschepine hinter sich gelassen und strebte,
sein Pferd am Zügel führend, in Richtung Innenstadt, zusammen mit anderen, die zu Fuß dorthin unterwegs waren. Kaum hatte
er die Herrenstraße überquert, als das Glück ihm zulächelte. Von Kopf bis Fuß.
»Reynevan? Bist du das?«
Der ihn erkannt hatte, war ein junger Mann in einem schwarzen Mantel und mit einer Filzkappe in derselben Farbe. Breitschultrig
und vom Wetter gegerbt wie ein Bauernknecht und genauso breit lächelnd. Unter den Armen trug er große Packen.
»Achilles
. . .
«, Reynevan bezwang sich, obwohl so plötzlichangesprochen zu werden ihm fast den Atem raubte, »Achilles Czibulka!«
»Reynevan.« Der Jüngling, der wie ein Knecht aussah, blickte um sich. Das Lächeln verschwand aus seinem gebräunten Gesicht.
»Reynevan von Bielau. In Breslau, einen Mützenwurf vom Ring entfernt. Wer würde annehmen
. . .
Bleiben wir hier nicht stehen, die Pest auch, wo uns alle angaffen können. Komm mit zu mir in die Apotheke. Das ist nicht
weit. Hier, halt mal, du kannst mir tragen helfen
. . .
Vorsicht!«
»Was ist denn da drin?«
»Büchsen. Mit Balsam.«
Die Apotheke war in der Tat nicht weit entfernt, sie befand sich in der Herrenstraße, nahe beim Salzplatz. Das Schild, das
über dem Eingang hing, zeigte etwas, das wie eine verschrumpelte Möhre aussah, die daruntergemalte Aufschrift »Mandragora«
belehrte einen indes eines Besseren. Alles in allem war das Schild
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