Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
Krakau, bleibt nur, sie darauf hinzuweisen.
     Verstehen wir uns?«
    »Wir verstehen uns.«
    »Also, wie sieht es aus? Haben wir ein Abkommen?
Clara pacta, boni amici?
Zbyszek? Beantwortest du mir meine Frage?«
    » Clara pacta.«
     
    Ostrogski und Kuropatwa kamen sogar früher zurück als versprochen, noch vor der vierten Morgenstunde, und in der Morgendämmerung
     gaben sie das Signal zum Aufbruch. Zu Reynevans Verwunderung führte Fürst Fedor sie nicht zur Straße nach Siewierz, sondern
     ordnete an, Richtung Osten zu reiten, geradewegs dem aufsteigenden roten Sonnenball entgegen. Und nachdem sie kaum zwei Meilen
     auf diesem Weg zurückgelegt hatten, befahl er ihnen, hinter der Furt am Fluss abzubiegen in freies Gelände.
    »Der Fluss da, das war doch die Liswarta, wenn ich mich nicht irre.« Reynevan ritt zum Fürsten hin. »Wohin ziehen wir? Wenn
     ich fragen darf?«
    »Kommen wir an, du wirst sehen.«
    »Reg dich nicht auf, Medicus.« Kuropatwa hatte sich dazu durchgerungen, ein kleines bisschen freundlicher zu sein. »Wirst
     schon sehen, alles wird so, wie es sein soll.«
    Reynevan schüttelte den Kopf, aber er sagte nichts. Er zügelte sein Pferd, um sich ganz an das Ende des Zuges zurückfallen
     zu lassen.
    Sie ritten weiter. Die Sonne stand hoch, als der Boden unangenehm zu werden begann, feucht und morastig. Sie ritten aus einem
     Sumpf heraus, um gleich darauf in den nächsten zu gelangen, überwanden ein mooriges Tal nach dem anderen und den nächsten,
     von krummen Weiden gesäumten Bach. An einem dieser Bäche sah Reynevan die Wäscherin.
    Niemand außer ihm, der am Ende des Zuges ritt, größeren Abstand zu den anderen haltend, bemerkte sie. Zuerst war sie gar nicht
     da, da war nur der im hellen Sonnenschein liegende Fleck am Fuß einer verdorrten und rindenlosen Weide. Und plötzlich erschien
     auf diesem Fleck die Wäscherin. Sie kniete unter der Weide, über das Ufer des Bächleins gebeugt, die Arme bis über die Ellenbogen
     im Wasser. Schmal, fast dürr in ihrem eng anliegenden weißen Kleid. Das Gesicht hinter dem Vorhang ihrer langen dunklen Haare
     verborgen, die bis ins Wasser fielen und in der Strömung schaukelten. Mit gespenstisch langsamen Bewegungen wusch und rieb
     sie rhythmisch ein Hemd oder ein leinenes Frauengewand und wrang es aus. Mit jeder Bewegung von ihr quoll ein Schwall von
     dunkelrotem Blut aus dem Gewand. Der ganze Bach war voll Blut und blutigem Schaum.
    Reynevan schüttelte den Kopf und drehte sich um. Aber Samson war nicht neben ihm. Obwohl er seine Anwesenheit spürte, obwohl
     geschworen hätte, sein Flüstern zu hören. Samson war nicht bei ihm. Da war der Wind, ein heftiger, böser Wind, der an den
     grünenden Zweigen der Weide zerrte und die Wasseroberfläche kräuselte und aufblitzen ließ. Reynevan blinzelte. Als er die
     Augen wieder öffnete, war die Wäscherinnicht mehr da. Nur der helle Fleck mit der rindenlosen Weide.
    Aber das Wasser war immer noch dunkelrot von Blut.
     
    Am Nachmittag durchritten sie zwischen flachen Hügeln trockeneres Gelände. Dann bemerkten sie einen vereinzelten, höheren
     Hügel. Hell.
    Geradezu weiß. Im Sonnenschein schneeweiß erscheinend.
    Auf dem Gipfel des Hügels ragte ein Kirchturm empor.
    » Clarus Mons«
, erklärte Jakub Nadobny von Rogowo kurz. »Der Helle Berg. Das Paulinerkloster von Tschenstochau.«
     
    Das vor einem halben Jahrhundert von Władysław von Oppeln gestiftete
cenobium
der Pauliner rückte immer näher. Man konnte schon das zwei Flügel einnehmende, von Strebepfeilern gestützte
claustrum
und die Kirche erkennen. Sogar der Gesang der Mönche war zu hören.
    »Ist das unser Ziel?«, fragte Reynevan. »Das Kloster? Reiten wir zum Kloster?«
    »Hast du erraten«, erwiderte Fedor von Ostrogski, die Hand auf der am Gürtel hängenden Streitaxt. »Nu was? Gefällt dir nicht?«
    »Heute ist Ostern«, sagte Nadobny. »Da werden wir den heiligen Ort aufsuchen.«
    »Denn wir sind doch sehr fromm«, setzte Jan Kuropatwa von Łańcuchowo hinzu. Obwohl seine Stimme ernst klang, brach Jan Tłuczymost
     in Gelächter aus, und die Brüder Kondzioł wieherten laut.
    »Reiten«, mahnte Ostrogski, »nicht reden.«
    Sie kamen dem Kloster immer näher.
    Benedicta es, coelorum regina
    et mundi totius domina,
    et aegris medicina.
    Tu praeclara maris stella vocaris,
    quae solem justitiae paris,
    a quo illuminaris.
    Reynevan zügelte sein Pferd und schloss sich dem am Ende des Zuges reitenden Jerzy Skirmunt an. Der junge

Weitere Kostenlose Bücher