Lux perpetua
Litauer warf ihm
einen kurzen, ängstlichen Blick zu.
»Hier, mein Lieber, liegt etwas ganz Gemeines in der Luft«, brummte er. »Hier sehe ich ganz entschieden den Strick des Galgens
vor mir. Was können wir tun, eh?«
»Es ist zu spät, um irgendetwas zu tun«, stellte Reynevan besorgt und wütend fest.
»Was also gedenkst du zu tun?«
»Mich rauszuhalten. Und nicht mit Hand anzulegen. Wenn es geht.«
Te Deus Pater, ut Dei mater fieres et ipse frater,
cuius eras filia, sanctificavit ,
sanctam servavit,
et mittens sic salutavit,
Ave plena gratia!
Als sie an der Pforte abstiegen, stob eine Pilgergruppe bei ihrem Anblick erschreckt auseinander. Wenn Reynevan noch irgendwelche
Zweifel gehabt hatte, so wurden diese beseitigt, als die Waffen gezückt wurden. Melchior und Mikosz Kondzioł streiften ihre
Mäntel ab und krempelten die Ärmel hoch. Achacy Pełka spuckte in die Hände und griff nach seinem Beil. Kuropatwa von Łańcuchowo
trat zur Pforte und hämmerte mit seinem Schwertknauf dagegen, ein Mal, dann ein zweites Mal.
»Ja, wer ist denn da?« Die Stimme des Pförtners zitterte merklich.
»Aufmachen!«
»Wie denn, aufmachen? Wem soll ich aufmachen?«
»Aufmachen! Schnell! Wir kommen auf Befehl des Königs!«
»Was denn?«
»Mach Pforte auf, Hundesohn!«, brüllte Fedor von Ostrogski. »Schnell! Sonst wir schlagen Tor ein mit Axt!«
»Waas?«
»Verdammt, schieb den Riegel zurück, aber schnell!«, schrie Kuropatwa. »Solange wir noch gutmütig sind!«
»Habt Erbarmen! Dies ist ein heiliger Ort!« »Aufmachen, zum Teufel noch mal!«
Der Riegel knirschte, das Tor knarrte. Die Brüder Kondzioł stemmten sich gegen das Tor und schoben die beiden Flügel weit
auf, wobei sie den Pförtner und seinen Gehilfen, einen jungen Mönch im weißen Paulinerhabit, einfach umwarfen. Hinter ihnen
drangen Tłuczymost, Pełka und Jakub Nadobny in den Vorhof. Der am Boden liegende Pförtner griff nach Nadobnys Mantel. Fedor
Ostrogski haute ihm mit der Streitaxt an die Schläfe.
»Überfaaalll!«, heulte der junge Mönch. »Üüüberfaaall! Räubeeer! Brüüdeer!«
Kuropatwa nagelte ihn mit einem Schwertstich am Boden fest.
Die Türen zum Kapitelsaal öffneten sich und schlossen sich sofort wieder, das Schloss knirschte. Pełka sprang hinzu und zertrümmerte
die Angeln mit zwei Axtschlägen, stürmte ins Innere, und gleich darauf erklangen von dort Lärmen und Schreien. Ostrogski und
die anderen rannten zur Kirche hinüber. Am Portal und in der Vorhalle verstellten ihnen einige weiß gekleidete Pauliner den
Weg. Einer hielt dem Fürsten ein Kruzifix vors Gesicht und berührte dabei fast dessen Nase.
»Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes! Haltet ein! Dies ist ein heiliger Ort! Ladet keine Sünde auf
euer Gewiss
. . .
«
Fedko erschlug ihn mit der Streitaxt. Melchior Kondzioł schlug mit seinem Beil auf den anderen ein, Mikoschka durchbohrte
den dritten mit dem Schwert. Blut spritzte an die Wandund ans Taufbecken. Den vierten Mönch drückte Tłuczymost gegen die Wand und hob sein Messer. Reynevan packte seine Hand.
»Was willst du?« Der Pole riss sich los. »Lass meine Hand los!«
»Lass ihn, schade um die Zeit! Die anderen kommen uns bei der Beute zuvor!«
Im Kirchenschiff und im Chor war eine wilde Verfolgungsjagd im Gange. Die Brüder Kondzioł jagten die Pauliner, hieben und
stachen auf sie ein. Blut befleckte die weißen Habite, ergoss sich auf den Boden, spritzte auf das Antependium des Altars.
Ostrogski verfolgte einen bis in die Kapelle. Unmittelbar darauf erklang von dort ein markerschütternder Schrei. Kuropatwa
hatte einen anderen am Habit gefasst und stieß und zog und schüttelte ihn hin und her.
»Das
armarium
!«, brüllte er, dem Mönch seinen Speichel ins Gesicht geifernd. »Das
armarium,
Pfaffe! Führ uns in die Schatzkammer, oder ich stech’ dich ab!«
Der Mönch schluchzte und schüttelte den Kopf. Kuropatwa stieß ihn zu Boden, schlang ihm den Rosenkranz um den Hals und begann
ihn zu würgen. Die flüchtenden Pauliner liefen direkt in Reynevan und Tłuczymost hinein. Reynevan verpasste dem Ersten einen
Faustschlag, stieß den Zweiten mit einem Tritt um und presste den Dritten hart gegen eine steinerne Säule. Tłuczymost lachte
laut auf und machte mit, indem er auf diejenigen einschlug, die sich wieder erheben wollten. Die Brüder Kondzioł sprangen
herbei, der eine mit der Axt, der andere mit seinem Schwert.
»Lasst
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