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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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ein Ritter, der sich bücken musste, um seine gewaltige Gestalt unter dem Türrahmen hindurchzubefördern;
     er hatte ein prägnantes Kinn und Schultern, breit wie ein Kirchenportal. Reynevan seufzte.
    »Ihr kennt euch, oder?«, erkundigte sich Bedřich. »Ritter Hayn von Czirne, Herr auf der kleinen Burg Nimmersatt. Früher im
     Dienste Breslaus, seit Kurzem Verbündeter von Tábor. Er ist nach dem Sieg von Taus zu uns gestoßen. Als wir noch ganz oben
     waren.«
    Reynevan bemerkte in der Stimme des Predigers einen leicht spöttischen Unterton. Auch wenn Hayn von Czirne diesen ebenfalls
     gehört haben sollte, ließ er es sich nicht anmerken.
    »Herr Reinmar von Bielau«, sagte er. »Na, na. Wer hätte das gedacht, dass man sich noch einmal lebend wiedersieht.«
    »Eben. Wer wohl?«
    »Ich lasse meine Mannen in Würben und auf der Burg Ottmachau zurück«, fasste Bedřich zusammen, während er in die Hände klatschte,
     damit die Bediensteten Wein brachten. »Und Herrn Hayn in Nimptsch. Es sei denn, Herr Hayn wünscht, mit uns nach Böhmen in
     den Kampf zu ziehen
. . .
«
    »Herzlichen Dank.« Der Raubritter rückte sein Schwert zurecht und setzte sich. »Aber das ist euer böhmischer Kampf. Ich ziehe
     es vor, hierzubleiben.«
     
    Der alte Mönch, der Chronist des Augustinerklosters von Sagan, scheuchte eine lästige Fliege weg und tauchte die Feder in
     die Tinte. Er hielt sie prüfend ins Licht, bevor er zu schreiben begann.
    Es geschah im Jahre des Herrn 1434, am Sonntag,
in crastino Cantianorum, ipso die XXX mensis maii.
Die Sonne stand seinerzeit
in signo Geminorum et luna in cauda sive fine Piscium.
    Als aus der Prager Neustadt die
Taborites et Orphanos
gezogen
waren, zogen ihnen die katholischen Herren und die Calixtiner nach, die ein Abkommen mit Kaiser Sigismund wollten. Und holten
     sie zwischen Kuřím und Český Brod ein, und waren dort
nobiles barones et domini
Menhart z Hradce , Diviš Bořek z Miletínka , Aleš Vřeštovský , Vílem Kostka z Postupic , Jan und Burian Švihovský z Gutštejna , Přibík z Klenového und Jan Zmrzlík ze Svojšína , und mit ihnen der katholische Herr Jan Švihovskýz Rýzmberka und der Pilsener Landfrieden, das Kontingent aus Mělník , wie auch Ritter, Herren ,
clientes
und Gesinde des Oldřich z Rožmberka . Zusammen waren sie dreizehntausend Bewaffnete, davon anderthalbtausend schwere Reiterei. Und sie stellten sich beim Dorfe
     Hřiby auf. Auf der gegenüberliegenden Seite im Dorf Lipany, am Hang des Lipaner Berges, wartete die bewaffnete Schar Tábors
     und der Waisen, zehntausend Mann Fußvolk und siebenhundert Berittene, verborgen in einer Wagenburg von vierhundertachtzig
     Wagen, geschützt durch die Läufe von vierzig Haubitzen. Und war dort auch Prokop, genannt der Kahle, der
capitaneus et director secte Taborensium,
und der Prediger Prokupek,
dictus parvus.
Und auch die Anführer: Jan Čapek ze Sán,
capitaneus secte Orphanorum,
Ondřej Keřský ,
capitaneus de Tábor,
Jiří von Řečyce , Zikmund von Vránov, Jan Kolda ze Žampachu , Roháč z Dubé und andere
capitanei cum aliis ipsorum complicibus.
    Anfänglich dachten sie, sich zu versöhnen und die Sache friedlich beizulegen, aber es war zwischen ihnen zu viel Hass und
     böses Blut. Bedřich ze Strážnice , von Schlesien herbeigezogen, rief zum Frieden auf, wurde aber geschmäht und fast erschlagen, er musste mit seinen Mannen
     das Feld räumen und fortgehen.
    Und sie begannen aus Haubitzen, Tarrasbüchsen und anderen
pixides
aufeinander zu feuern, dass sich großer Lärm erhob und der Rauch das ganze Feld bedeckte. In diesem Rauch schlugen die eisernen
     Rosenberger Herren los, wurden aber zurückgedrängt und liefen zurück. Da erhob sich großes Geschrei bei Tábor und den Waisen:
     Da rennet der Feind, man muss ihn
jagen und erschlagen. Sie brachen aus der Wagenburg aus und rannten mitsammen aufs Feld.
    Und das war ihr Ende. Und ihr Untergang.
     
    »Haalt! Haaaalt!«, schrie Jan Čapek ze Sán. »Das ist eine Falle! Schließt die Wagen! Geht nicht aus der
hradba
heraus!«
    Seine Stimme ging unter in Kampfeslärm und Geschützdonnern. Die Schützen in der taboritischen Wagenburg beschossen die zurückweichenden
     Ritter unaufhörlich. Und Taboriten und Waisen stürmten aufs Feld, brüllten und schwangen ihre Dreschflegel und Hellebarden.
    »Auf siiieee!«
    Da gingen die Geschosse auf sie nieder. Ein Hagel von Kugeln, Blei und Bolzen. Die Stellung der Calixtiner war vom Rauch

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