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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Hauptleute und Ritter, unter dem Feldzeichen mit dem Odrzywąs-Wappen, dem Familienwappen der Benešovics,
     ritt vor ihnen Johann von Krawař, der Herr auf Jičín, Fulnek, Štramberk und Rožnov, ein mächtiger Magnat, dessen Besitz die
     riesige Fläche des nordwestlichen Teils der Markgrafschaft Mähren umfasste.
    »Der mit den Äxten im Wappen neben dem Herrn von Krawař, das ist Silvester von Kralice, der Hetmann von Fulnek«, erklärte
     Horn halblaut. »Und der andere mit dem Bart ist Johann Helm.«
    Johann von Krawař hielt sein Pferd an.
    »Den Herren Ungerath gebühren einige Worte der Erklärung«, sagte er ruhig, ja sogar gelassen. »Seitdem der junge Herr Gebhard
     und der hier anwesende Herr Silvester von Kralice ihren schlauen, jedoch nicht sehr ehrenvollen Plan ausgeheckt haben, hat
     sich die Situation verändert. Wesentlich verändert, würde ich sagen. Der Geist, meine Herren, hat mich beseelt, die Gnade
     der Erleuchtung ist über mich gekommen, und die Schuppen sind mir von den Augen gefallen. Ich habedie Wahrheit erblickt. Ich habe verstanden, auf wessen Seite das Recht steht. Ich habe begriffen, wer den wahren Glauben Christi
     verkörpert und wer den Antichristen. Am gestrigen Tage, meine Herren, am Samstag vor
Oculi
, habe ich dem Luxemburger und Albrecht von Österreich meine Gefolgschaft aufgesagt, das Sakrament
sub utraque specie
empfangen und auf die Vier Prager Artikel geschworen. Seit dem gestrigen Tag sind die guten Böhmen unter dem Zeichen des Kelches
     nicht mehr meine Feinde, sondern Brüder im Glauben und meine Verbündeten. Euer Abkommen mit Herrn von Kralice bezeichne ich
     daher öffentlich als unwirksam und ungültig.«
    »Das
. . .
das
. . .
«, stotterte Gebhard Ungerath hervor, »das ist unwürdig
. . .
unehrlich
. . .
Das ist Verrat
. . .
Das
. . .
«
    »Ich rate Euch, nicht von Verrat zu sprechen, Herr Ungerath«, unterbrach ihn der Herr auf Jičín ruhig. »Denn dieses Wort klingt
     aus Eurem Mund besonders abscheulich. Wo seht Ihr denn hier Unehrlichkeit? Alles ist ehrlich und nach Gottes Gesetz erfolgt.
     Es sollte ein Austausch stattfinden? Er hat stattgefunden. Gemäß der Übereinkunft: Die Böhmen haben Euch Eure Leute zurückgegeben,
     und Ihr habt den Böhmen ihre Leute zurückgegeben. In der Kaufmannssprache, damit Ihr es besser versteht: Die Bilanz ist ausgeglichen.
     Und jetzt eröffne ich Euch meine Rechnung. Eine ganz neue. Jetzt, Herr Ungerath, wird Euer Vater mit mir über das Lösegeld
     verhandeln. Für Euch und Euren Bruder. Und bevor wir eine Einigung erzielen, sitzt Ihr beide erst einmal im Kerker von Jičín.
     Und mit Euch die anderen Herren. Alle, wie ihr hier steht.«
    Johann Helm lachte, Silvester von Kralice stimmte ein und schlug sich mit seiner panzerhandschuhbewehrten Faust auf den Schenkel.
     Johann von Krawař lächelte nur.
    »Ich will ein Schelm sein, meine Herren Schlesier, wenn ich für jeden von euch nicht zweitausend Mark herauspresse. Prokop
     hatte recht, auch du hattest recht, Horn, dass mir der Übertritt zum Kelch Nutzen bringt! Dass Gott mich dafür belohnt! Ich
     glaube, dass er mich jetzt schon dafür belohnt.«
    »Edler Herr Johann«, ließ sich plötzlich Reynevan vernehmen, »ich habe eine Bitte an Euch. Ich bitte für zwei von diesen Rittern:
     Lasst sie frei.«
    Der Magnat sah ihn lange an.
    »Horn«, fragte er schließlich, ohne den Blick von Reynevan zu wenden, »ist das euer Spion?«
    »Das ist er.«
    »Sehr kühn. Ist er euch tatsächlich so viel wert, dass diese Kühnheit ungestraft bleibt?«
    »Er ist es wert.«
    »Ich muss Euch dies wohl aufs Wort glauben.« Johann von Krawař lachte.
    »Wenn Ihr dies vorzieht«, auch Reynevan senkte den Blick nicht, »dann messt mich an meinen Taten.«
    »Und welche sollen das sein?« Der Herr auf Jičín spitzte spöttisch die Lippen. »Ich vergehe vor Neugier.«
    »Anno Domini 1425, am dreizehnten September, Schlesien, die Scheune der Zisterzienser in Eichau. Die geheime Zusammenkunft.
     Euch gegenüber am Tisch, Herr Johann, saß Gottfried Rodenberg, ein Deutschordensritter und Vogt von Linde. Zu Eurer Linken
     Herr Puta von Czastolovice, der Starost von Glatz. Zu Eurer Rechten ein Ritter mit einem Hirschgeweih auf dem Lentner, ähnlich
     dem Wappen der Biberstein, nur von anderer Färbung.«
    »Herr Tass von Prusinovice.« Johann von Krawař nickte. »Das hast du dir gut eingeprägt. Warum erinnere ich mich dann nicht
     an dich?«
    »Ich war nicht dort unten bei Euch. Ich war

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