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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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damit alle es hörten. »Gott hat gehört, was du geschworen hast.«
    »Reynevan«, rief Urban Horn ungeduldig. »Lass uns reiten. Beende dieses klägliche Schauspiel.«

Viertes Kapitel
    in dem Reynevan ein Stückchen seines Ohrs und den größten Teil seiner Illusionen einbüßt.
    »Ich danke dir für meine Rettung«, wiederholte Reynevan. »Aber ich reite nicht mit dir. Ich kehre nach Schlesien zurück.«
    Urban Horn schwieg lange und blickte dem sich entfernenden Zug von Johann von Krawař hinterher. Dann wandte er sich im Sattel
     um. Die Verkleidung als böhmischer Ritter hatte er abgelegt, und er war jetzt wieder der alte Horn: Horn in einem eleganten
     Mantel aus feiner Wolle, Horn mit einer Luchsmütze mit einem Buschen Reiherfedern. Horn mit dem durchdringenden, bohrenden
     Blick.
    »Du kehrst nicht nach Schlesien zurück«, sagte er kühl, »du reitest mit mir.«
    »Hast du nicht gehört?« Reynevan hob die Stimme. »Ist das nicht bis zu dir vorgedrungen? Ich muss zurück! Davon hängt das
     Schicksal eines Menschen ab, der mir nahesteht!«
    »Fräulein Jutta de Apolda«, erklärte Horn ungerührt. »Ich weiß.«
    »Ach, das weißt du? Dann weißt du auch, dass ich alles tun werde, um
. . .
«
    »Ich weiß, dass du alles tun wirst«, unterbrach Horn ihn schroff. »Die Frage ist nur, wie viel du schon getan hast.«
    »Wovon redest du
. . .
« Reynevan merkte, dass er blass wurde. Und dann wieder rot. »Worauf spielst du an?«
    »Leiser, wenn’s gefällig ist.« Horn blickte zu den Polen hinüber, die sie beobachteten; er trieb sein Pferd an und ritt so
     nah heran, dass sich ihre Steigbügel berührten. »Aufsehen erregenhilft der Sache nicht. Und was ich meine, weißt du sehr wohl. Nachrichten verbreiten sich schnell, Gerüchte noch schneller.
     Die Nachricht besagt, dass man dich zum Verrat gezwungen hat. Und das Gerücht, dass du seit langem ein Verräter bist. Von
     Anfang an.«
    »Zum Teufel damit! Du kennst mich doch. Du
. . .
«
    »Ich kenne dich«, unterbrach ihn Horn. »Deswegen halte ich nichts von Gerüchten. Was die Nachricht anbelangt
. . .
Das muss überprüft werden. Es gibt, wie es so schön heißt, keinen Rauch ohne Feuer. Deshalb, ich sage es noch einmal, wirst
     du nicht nach Schlesien zurückkehren. Du reitest mit mir nach Eulenberg, von dort aus wirst du mit einer Eskorte sofort nach
     Prag gebracht. Auf Neplachs Befehl hin. Den muss ich ausführen, das verstehst du doch wohl.«
    »Hör mal
. . .
«
    »Schluss mit der Diskussion! Vorwärts!«
     
    Am Nachmittag verabschiedeten sie sich von den Polen und von Hlas z Libočany. Kochłowski, Nadobny, Kuropatwa von Łańcuchowo
     und der taboritische Hundertschaftsführer bogen auf die Straße nach Olmütz ab, auf der sie nach Odrau gelangen wollten. In
     Odrau machte gerade, wie sich aus Gesprächen zufällig ergeben hatte, ein alter Bekannter Station, Dobiesław Puchała mit seiner
     polnischen Truppe. Schon seit geraumer Zeit war Odrau zu einem Zentrum für die Rekrutierung polnischer Freiwilliger und für
     geschmuggelte Waffen aus Polen geworden.
    Der Abschied war überaus herzlich. Die Polen umarmten und küssten Reynevan, und Kuropatwa lud ihn ganz herzlich nach Odrau
     ein, um dort, wie er sich ausdrückte, Schulter an Schulter zu kämpfen und gemeinsame Unternehmungen durchzuführen. Reynevan
     konnte damals noch nicht wissen, wie schnell es zu solch einer gemeinsamen Unternehmung kommen und welch fatale Folgen sie
     haben würde.
    Horns Abteilung zog nach Westen, das steinige Tal derMohra entlang. Acht Taboriten hatten sich den Polen angeschlossen, bei der Abteilung waren sieben Mähren verblieben, Burgmannen
     von der Burg Eulenberg, die, wie sich herausstellte, das Ziel ihrer Reise war. Auch der freigelassene Kranke begleitete sie.
     Wer dieser Mensch war und warum Horn ihn mitgenommen hatte, blieb ein Rätsel. Er war, wie es schien, immer noch nicht ganz
     gesund, schwitzte, hustete und nieste. Er hing schläfrig in seinem Sattel, und zwei von Horn dazu abgestellte Männer achteten
     darauf, dass er nicht vom Pferd fiel.
    »Horn?«
    »Ich höre.«
    »Ich bin kein Verräter. Das glaubst du doch selbst nicht, dass ich einer sein könnte. Oder glaubst du es?«
    Horn hielt sein Pferd an und wartete, bis seine Männer vorbeigezogen waren.
    »Die einlaufenden Nachrichten schwächen meinen Glauben daran,« sagte er, Reynevan mit seinem Blick durchbohrend. »Überzeuge
     mich also und stärke ihn wieder.«
    »Ich kann mir schon denken,

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