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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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krochen von der Bank weg, mit erhobenen
     Händen gaben sie zu verstehen, dass sie genug hatten.
    Vom Ofen her waren Ohrfeigen und das dumpfe Geräusch eines gegen die Wand schlagenden Kopfes zu hören. Scharley und Samson
     verprügelten den in die Ecke gezwängten Smetiak. Der geprügelte Smetiak brüllte entsetzlich.
    »Ach Gott, Ihr Herren! Bitte nicht mehr schlagen! Nicht mehr schlagen! Ist gut, ist ja schon gut, nehmt den Jungen, wenn Ihr
     das wollt, ich geb’ ihn Euch, ich geb’ ihn!«
     
    Scharley prüfte noch einmal, ob alles gut verriegelt war, dann stand er auf und klopfte sich die Knie ab. Der Schankwirt,
     hochrot im Gesicht vor Aufregung, folgte jeder einzelnen Bewegung und zwinkerte nervös.
    »Vor morgen früh machst du die nicht auf.« Scharley deutete auf die Falltür. »Die sollen dort unten sitzen. Sollten sie dich
     dann angreifen wollen, sagst du ihnen, ich hätte dir mit dem Tode gedroht
. . .
Ach, was soll’s, da hast du, gib jedem einen Dukaten. Sag ihnen, das ist von mir, für meinen Einkauf. Und hier hast du einen
     Dukaten für dich. Für den Schaden und die Aufregung. Ach was, hier hast du zwei, das macht mich nicht arm. Damit du mich in
     guter Erinnerung behältst.«
    Der Schankwirt steckte eifrig das Geld ein und schluckte laut. Von der Falltür drangen aus dem Keller erstickte Schreie, Flüche
     und Gepolter herauf. Aber die Falltür war aus Eichenholz und stabil.
    »Das macht nichts, edler Herr«, sagte der Schankwirt eilig und kam damit Scharley zuvor. »Sollen sie klopfen, sollen sie fluchen.
     Ich mach’ nicht vor dem Morgen auf. Ich hab’ mir gemerkt, was Ihr befohlen habt.«
    »In der Tat«, Scharleys Blick und sein Ton wurden eisig, »es wäre besser für dich, wenn du das nicht vergisst. Samson, Reinmar,
     auf die Pferde. Reinmar, was ist los mit dir?«
    »Mein Ohr
. . .
«
    »Jammere nicht, stöhne nicht. Wenn man den Dummen spielen will, muss man was aushalten können.«
    »Wie habt ihr mich gefunden? Woher wusstet ihr
. . .

    »Das ist eine lange Geschichte.«

Fünftes Kapitel
    in dem Reynevan seine gerade erst wiedergefundenen Freunde auf der Insel Ogygia zurücklässt, sich selbst aber auf den Weg
     macht. Um kurz darauf vor dem Revolutionstribunal zu stehen.
    Sie ritten. Anfangs im Galopp, langsamer nur dann, wenn sie eine Anhöhe hinaufritten. Und auch nur, damit die Pferde nicht
     stürzten. Sie ritten so schnell, dass die Erde von den Hufen spritzte. Als sie etwa eine Meile von der Wirtschaft in Libina
     entfernt waren und zwischen ihnen und dieser Ortschaft Anhöhen, Wälder, Heide und Gestrüpp lagen, verminderten sie das Tempo.
     Hier zu forcieren, machte einfach keinen Sinn. Wind wehte von den Bergen herunter, ein warmer Frühlingswind. Samson führte
     sie an, er hatte sich an die Spitze gesetzt. Scharley und Reynevan ritten in gleichmäßigem Tempo Seite an Seite, sie versuchten
     erst gar nicht, den Riesen einzuholen.
    »Wohin reiten wir, Scharley? Wohin führt dieser Weg?«
    Scharleys Pferd, ein schöner schwarzer Hengst, keineswegs müde vom Galoppieren, begann ungeduldig zu werden. Der Demerit klopfte
     ihm den Hals.
    »Nach Rapotín«, antwortete er. »Das ist ein Dorf bei Šumperk. Dort wohnen wir.«
    »Ihr wohnt dort?« Reynevan blieb vor Verwunderung der Mund offen stehen. »Hier? In irgend so einem Rapotín? Aber wie habt
     ihr mich gefunden? Durch was für ein Wunder
. . .
«
    »Das war eine ganze Serie von Wundern.« Scharley brach in Gelächter aus. »Und jedes Wunder war noch wunderbarer als das vorherige.
     Begonnen hat das am Sonntag vor drei Wochen. Damit, dass Neplach alle viere von sich gestreckt hat.«
    »Was?«
    »Filou hat dieses Jammertal verlassen. Er ist von uns gegangen.
Florentibus occidit annis.
Kurz gesagt, er ist gestorben
. . .
Eines natürlichen Todes, stell dir das bloß vor. Die einen haben ihm prophezeit, am Strick zu enden, andere wiederum haben
     ihm selbigen gewünscht, doch alles in allem hat wohl keiner daran gezweifelt, dass dieser Schuft unsere Welt am Galgen baumelnd
     verlässt. Er aber, stell dir vor, stirbt wie ein unschuldiges Kindlein oder wie eine Nonne. Süß träumend. Lächelnd.«
    »Nicht möglich!«
    »Es fällt einem schwer, es zu glauben«, pflichtete ihm Scharley bei. »Aber das kommt auch noch. Denn es gibt viele Zeugen.
     Unter anderem Hašek Sykora, erinnerst du dich noch an Hašek Sykora?«
    »Ich erinnere mich.«
    »Hašek Sykora hat mittlerweile den Posten und die Aufgaben von Filou

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