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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Rückkehr zu den Hussiten ist nur scheinbar die bessere Wahl«, sagte Samson schließlich. »Aus dem, was du erzählt hast,
     geht hervor, dass sie dich verdächtigen.«
    »Sie haben keine Beweise.«
    »Wenn sie welche hätten, wärst du schon nicht mehr am Leben«, bemerkte Scharley ruhig. »Aber wenn du ausreißt, lieferst du
     ihnen den Beweis auf dem Silbertablett. Deine Flucht wird zum Schuldbekenntnis. Und zugleich zum Urteil über dich.«
    »Die Hussiten werden dich beobachten«, fügte Samson hinzu. »Sie werden dir auf die Finger sehen und dich gleichzeitig von
     Geheimnissen und geheimen Plänen fernhalten. Selbst wenn du wolltest, würdest du keine Informationen bekommen, mit denen du
     die Inquisition zufriedenstellen könntest.«
    »Die Inquisition wird dem Mädchen nichts antun«, sagte Scharley rasch, aber ohne Überzeugung. »Dieser Hejncze scheint ein
     ehrlicher Kerl zu sein. Und ein Bekannter aus deiner Studienzeit
. . .
«
    Er schwieg. Und breitete ratlos die Arme aus. Aber im Nu beherrschte er sich wieder.
    »Kopf hoch, Reinmar, Kopf hoch. Unser Schiff ist noch nicht untergegangen, noch fährt es mit vollen Segeln. Wir finden einen
     Weg. Weder Homer noch Vergil haben es erwähnt, aber ich sage dir: Bereits der trojanische Geheimdienst hatte seine Spione
     unter den Achaiern. Und hat sie sich durch Erpressung gefügig gemacht. Aber die auf diese Weise erpressten Spione haben einen
     Weg gefunden, um Troja hinters Licht zu führen. Und auch wir werden Troja hinters Licht führen.«
    »Wie denn?«, fragte Reynevan verbittert. »Hast du eine Idee? Irgendeine? Alles ist besser als diese Untätigkeit.«
    Sie schwiegen eine Zeit lang.
    »Man muss darüber schlafen«, sagte Scharley schließlich.
» De mane consilium,
der Morgen ist klüger.«
     
    Der Morgen brachte Reynevan keinen guten Rat, in Wahrheit brachte er ihm nichts außer einem schmerzenden Nacken. Samson und
     Scharley gegenüber war der Morgen, wie es schien, auch nicht übertrieben spendierfreudig, jedenfalls was Ratschläge und Hinweise
     anbelangte. Der Riese kam denn auch gar nicht erst auf das gestrige Gespräch zurück, seine ganze Aufmerksamkeit, wie es schien,
     galt der rothaarigen Marketka, sowohl beim Frühstück wie auch danach. Reynevan und Scharley nutzten also den erstbesten Vorwand,
     um sich aus dem Haus zu stehlen. Und zu laufen. Weit hinaus. Den von windschiefen Weiden gesäumten Damm entlang, der zwei
     aufgelassene Fischteiche voneinander trennte.
    »Mit Marketka und Samson«, begann Reynevan und wies mit einer Kopfbewegung zum Haus hinüber, »ist das, was man so sieht, wohl
     eine ernste Sache.«
    »Ja, es ist eine ernste Angelegenheit«, bestätigte der Demerit nachdenklich. »Wie alles bei Samson. Er ist wirklich wie ein
     Wesen aus einer anderen Welt. Es gibt Momente, da fange sogar ich an zu glauben
. . .
«
    »Zum Teufel, Scharley! Er ist unser Freund, was hätte er denn davon, uns anzulügen? Wenn er behauptet, ein Wesen aus einer
     anderen Dimension zu sein, dann muss man ihm das glauben. Dafür haben sich, nicht ohne sich den Kopf zu zerbrechen, ernst
     zu nehmende Spezialisten und hochrangige Autoritäten ausgesprochen. Bezdĕchovský, Axleben, Rupilius
. . .
Denkst du, die hätten sich hinters Licht führen lassen, die hätten einen Betrüger nicht entlarvt? Woher kommt bei dir bloß
     dieses Misstrauen, dieser Mangel an Vertrauen?«
    »Daher, dass ich im Leben Betrügereien gesehen habe, vondenen sich sogar Autoritäten haben blenden lassen. Ich selbst, das gebe ich reumütig zu, habe etliche derartige Dinger gedreht.
     Jugendsünden
. . .
Genug davon. Ich habe gesagt: Ich fange an zu glauben. Für mich ist das viel.«
    »Ich weiß. Aber Rupilius, da ich ihn schon mal erwähnt habe
. . .
«
    »Da wird nichts draus«, unterbrach ihn der Demerit rüde. »Samson will nicht. Ich habe mit ihm gesprochen. Er grämt sich ein
     bisschen wegen des Versprechens, das ihr Rupilius gegeben habt, aber er hat einen Entschluss gefasst. Rupilius, hat er erklärt,
     muss sich selbst helfen, denn er, Samson Honig, habe Wichtigeres im Kopf. Etwas, worauf er nicht verzichten könne.«
    »Marketka.«
    »Natürlich Marketka.«
    »Scharley?«
    »Was ist?«
    »Hmm
. . .
Spricht sie denn?«
    Der Demerit schwieg eine Weile, bevor er antwortete.
    »Ich habe nicht gehört, dass sie etwas gesagt hätte.«
     
    Der nächste Tag, laut Kalender ein Mittwoch, war, was Ratschläge und Hinweise betraf, ähnlich geizig wie der letzte Morgen
    

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