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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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sind, sich blindlings für eine Sache zu engagieren und
     zu opfern. Damit sie wissen, wie das ist.«
    »Aber das ist doch immer so. Hast du das denn nicht gewusst?«
    »Jetzt weiß ich es. Und ich werde es mir merken.«
     
    »Herr Houžvička!«
    »Was ist?«
    »Eine Schenke! Vielleicht halten wir an?«
    Houžvička brummte und knurrte.
    Houžvička, der Anführer der Eskorte, war ein immerfort maulender, brummiger Kerl, mit Gebrumm und Geknurr hatte er seit Beginn
     der Reise alle Fragen abgeblockt; es hatte ein wenig gedauert, bis Reynevan kapiert hatte, dass sein Name Houžvička und nicht
     einfach Vička, Žvička oder Ožvička war. Die anderen vier Knechte waren auch nicht sehr gesprächig, auch miteinander sprachen
     sie nur selten. Einer schien Zahradil zu heißen, ein anderer Smetiak. Aber da war er sich auch nicht ganz sicher.
    »Wir haben eine weite Reise vor uns«, brummte Houžvička, »und wir sind gerade mal in Libina, nicht mal bis Šumperk sind wir
     gekommen. Wir müssen uns beeilen, nicht anhalten.«
    »Du siehst doch, dass ich verwundet bin.« Reynevan deutete auf seine Kopfbandage. »Ich muss den Verband wechseln. Sonst kommt
     der Wundbrand hinein, ich krieg’ Fieber und sterb’ euch unterwegs noch weg. In Prag werden sie sich nicht darüber freuen,
     das kannst du mir glauben.«
    In Wirklichkeit heilte die Verletzung recht gut, das Ohr war nicht mehr geschwollen, der pochende Schmerz hatte nachgelassen,
     und es gab keine Entzündung. Reynevan wollte ganz einfach seinem vom Sitzen im Sattel schmerzenden Hinterteil eine Erholung
     gönnen und sich an einer lange entbehrten warmen Mahlzeit gütlich tun. Von der kleinen, sich am Wegesrand zusammenkauernden
     Schenke trug ein leichter Wind recht angenehme Gerüche herüber.
    »In Prag werden sie sich nicht darüber freuen«, sagte er noch einmal mit düsterer Miene. »Sie werden die Schuldigen anstandslos
     zur Verantwortung ziehen.«
    Houžvička knurrte. In diesem Geknurr waren ganz eindeutig ziemlich hässliche Ausdrücke enthalten, mit denen er Prag, die Prager
     und die Verantwortung bedachte.
    »Wir machen Halt«, willigte er schließlich ein. »Aber nicht lange.«
    Drinnen in der leeren Gaststube zeigte sich aber dann sofort, dass Houžvičkas Eile nur vorgetäuscht und seine Einwände nur
     scheinbare waren.
    Der Anführer der Eskorte stürzte sich mit nicht geringerem Eifer als Smetiak, Zahradil und die anderen auf das Fastensüppchen,
     die Erbsen, die Knödel und das gedünstete Kraut, mit nicht weniger Begeisterung als seine Untergebenen leerte er drei Krüge
     Bier, die von der keuchenden Bedienung herangeschleppt wurden. Reynevan, der seine Eskorte über den Rand seiner Schüssel hinweg
     beobachtete, zweifelte von Krug zu Krug weniger daran, dass sich die Reise verzögern würde. Dass sie just hier, in der Schenke
     hinter dem Dorf Libina nächtigen würden.
    Die Tür knarrte, der Wirt wischte seine Hände an der Schürzeab und lief herbei, die neuen Gäste zu begrüßen. Reynevans Löffel blieb plötzlich auf halbem Wege zu seinem weit geöffneten
     Mund in der Luft stehen.
    Die Neuankömmlinge – es waren zwei – zogen die Mäntel aus, die Spuren einer langen Reise unter unterschiedlichsten Wetterbedingungen
     trugen. Der eine Neuankömmling war von gewaltiger Größe und Gestalt, unter seinen Schritten erzitterte und bebte der Boden.
     Er war glatt rasiert und hatte das Gesicht eines blödsinnigen Kindes. Das Gesicht des anderen Neuankömmlings, der kleiner
     und schlanker war, zierten eine Narbe auf dem Kinn und eine große, edel gebogene Nase.
    Die beiden setzten sich auf eine Bank in der Nähe, lehnten es aber ab, beim Wirt eine Bestellung aufzugeben. Schweigend betrachteten
     sie Reynevan und die Eulenberger Waffenknechte. So intensiv, dass sie Houžvičkas Aufmerksamkeit erregten, der ihren Blick
     erwiderte. Und knurrte.
    »Seid mir gegrüßt, werte Herren«, sagte Scharley bedächtig und verzog, ein Lächeln andeutend, den Mund. »Wohin beabsichtigt
     Ihr denn zu reisen? Wohin führt Euch Euer Weg, wenn ich fragen darf?«
    »Nach Prag«, stieß Smetiak hervor, noch bevor Houžvička ihm bedeuten konnte zu schweigen.
    »Wozu
. . .
«, mit Mühe schluckte er den Knödel hinunter, der ihn am Sprechen hinderte, »wozu wollt ihr das denn wissen, he? Was geht
     euch das an?«
    »Nach Prag«, wiederholte Scharley, ihn schlichtweg ignorierend, »nach Prag, sagt Ihr. Das ist keine gute Idee, Brüder. Gar
     keine gute

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