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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Bis Ostern haben wir Leute entführt. Dann gab es keine Befehle mehr.«
    Urban Horn schwieg lange und trommelte mit den Fingern auf den Tisch.
    Reynevan sah Schilling an, ohne dabei seine Gedanken zu verbergen. Der Renegat mied seinen Blick.
     
    Ein warmer Wind blies ihnen ins Gesicht, während sie auf der Wehrmauer standen und in die Richtung blickten, aus der er wehte,
     von Süden her, vom Odergebirge.
    »Heute früh habe ich mich beim Rasieren geschnitten«, sagte Horn düster.
    »Das macht nichts«, beruhigte Reynevan ihn, obwohl er selbst nicht ganz so sicher war. »Für das Perferro muss das Gewebe tiefer
     verletzt werden, bis in den Blutkreislauf
. . .
die Lymphe, verstehst du, und überhaupt
. . .
«
    »Wir alle«, Horn wartete nicht ab, was mit »überhaupt« gemeint war, »wir alle können das in uns tragen. Ich, du
. . .
«
    »Ziel der Anschläge waren die Hauptleute, die wichtigen Funktionsträger. Ich halte mich nicht für so bedeutend.«
    »Du bist von einer bewundernswerten Bescheidenheit. Schade nur, dass deine Stimme nicht grade überzeugend klingt. Dieser Smil
     Půlpán von den Waisen von Nachod gehörte nicht zu den Prominenten; ohne uns rühmen zu wollen, aber ich halte uns beide für
     weitaus wichtiger. Gift kann man am einfachsten bei Festmählern verabreichen, und Půlpán hat sicher mit den Hauptleuten beim
     Mahl gesessen. Ich habe auch mit ihnen gegessen. Du auch
. . .
Ha, und du warst doch auch verwundet.Und lebst. Und Schilling hat behauptet, nach 1425 hätten sie keinen mehr vergiftet.«
    »Das hat er eben nicht behauptet. Er hat nur gesagt, dass sie nach 1425 keine Menschen mehr entführt haben, um an ihnen Experimente
     durchzuführen. Und ich kann beweisen, dass man das Gift verabreicht hat und dass man es wahrscheinlich immer noch tut.«
    »Denkst du dabei an Neplach? Das Gift hat ihn umgebracht, das ist klar. Aber er könnte schon viel früher vergiftet worden
     sein. Er hat nie an Kämpfen teilgenommen, es hätte sehr viel Zeit vergehen können, bevor er sich an einem Eisen verletzte
. . .
«
    »Ich denke an Smil Půlpán. Ich war dabei, als er vor einem Jahr in Frankenstein verwundet wurde, eine eiserne Lanzenspitze
     hat ihm das Ohr abrasiert. Und er ist erst vor einer Woche gestorben, als ich ihm mit einem stählernen Messer den Karbunkel
     aufgeschnitten habe.«
    »Ha, du hast recht, du hast recht. Und das bestätigt vollständig, was du in der Zisterzienserscheune gehört hast. Der Bischof
     und Grellenort haben die Anschläge geplant, Smiřický hat ihnen die Zielpersonen genannt. Das war im Herbst 1425.   Einen Monat später ist Jan Hvězda, der Erste Hetman von Tábor, durch einen Bolzenschuss verwundet worden. Die Wunde sah nicht
     gefährlich aus, aber Hvězda hat trotzdem nicht überlebt.«
    »Weil der Bolzen eine Eisenspitze hatte und bei Hvězda das Perferro bereits im Blut zirkulierte«, bestätigte Reynevan. »Und
     kurz darauf, im November, ist Bohuslav von Švamberk, Hvězdas Stellvertreter, an einer scheinbar ebenso leichten Wunde gestorben.
     Ja, Horn, ich hatte schon früher den Verdacht, dass man Hvězda und Švamberk mit schwarzer Magie umgebracht hat, demzufolge,
     was Smiřickýmir gestanden hat, war ich mir dessen schon ziemlich sicher. Aber dass sie so tückisch handeln
. . .
«
    »Fachmännisch«, verbesserte ihn Urban Horn. »Die Idee istgenial, die Durchführung fachmännisch, das Wissen
. . .
Ach, wo wir schon mal beim Wissen sind
. . .
Reynevan?«
    »Was ist?«
    »Was schon, was schon. Als ob du das nicht wüsstest! Gibt es ein Gegengift?«
    »Soviel ich weiß, gibt es keines. Sobald sich das Perferro im Blutkreislauf befindet, kann man es nicht wieder entfernen.«
    »Du hast gesagt, soviel du weißt. Vielleicht gibt es ja etwas, was du nicht weißt?«
    Reynevan antwortete nicht gleich. Er dachte nach. Er wollte sich Horn nicht preisgeben, aber während seiner Bekanntschaft
     mit den Prager Magiern aus der Apotheke »Zum Erzengel« hatte er Spezifika eingenommen, die ihn vor Giften schützen sollten,
     auch solche, die eine vollständige Immunität gegenüber Toxika gewährten. Er war sich nicht sicher, ob dies auch für Perferro
     zutraf. Und ob er überhaupt noch gegen irgendetwas immun war, weil er diese Spezifika seit über einem Jahr nicht mehr eingenommen
     hatte.
    »Na«, drängte Horn, »gibt es ein Gegengift oder gibt es keins?«
    »Ich will nicht ausschließen, dass es eines gibt. Schließlich ist der Fortschritt nicht

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