Lux perpetua
trat Scharley heftig gegen die Brust. Der Demerit
flog gegen die getünchte Wand, bremste mit dem Rückenab und sprang sogleich nach vorne, aber Horn war noch schneller. Er sprang herbei und versetzte ihm zuerst mit der Rechten
einen Kinnhaken, hakte dann mit der Linken nach, Scharley fiel hin und zerbrach dabei einen Schemel, aber Horn war schon bei
ihm und holte zu einem Fußtritt aus. Der Demerit drehte sich um, packte mit den Händen Horn am Bein und brachte ihn zu Fall.
Fast gleichzeitig sprangen sie vom Boden wieder auf. Aber das war auch schon das Ende des Kampfes. Horn holte zu einem Haken
aus, Scharley wich mit einer leichten, fast unmerklichen Drehung aus, aus der Wendung des Körpers heraus verpasste er Horn
einen Kinnhaken, besserte nach, dass es krachte, aus einer raschen Drehung um die eigene Achse heraus schmetterte er ihm den
Ellenbogen ins Gesicht, aus einer zweiten den Unterarm und aus einer entgegengesetzten die geballte Faust. Nach dem letzten
Schlag war Horn zu Boden gegangen. Der Demerit versetzte ihm zum Abschluss noch einen sehr heftigen Schlag und trat noch einmal
zu, wodurch sein Gegner endgültig kampfunfähig war.
»Na, das wär’s dann wohl!« Er wischte sich seinen Mund ab und spuckte das Blut aus.
»Nun haben wir beide uns überzeugt, Horn. In die Zelle mit dir.«
»Du kommst in eine Einzelzelle«, schlug Reynevan vor, der zusammen mit Samson Horn half aufzustehen. »Aber vielleicht willst
du ja mit Schilling zusammensitzen? Da könnt ihr euch was erzählen. Wenn man sich unterhält, vergeht die Zeit schneller.«
Horn blickte ihn giftig an, über seine rasch anschwellende untere Gesichtshälfte hinweg. Reynevan zuckte mit den Achseln.
»Wenn deine Leute zurückkommen, lassen sie dich raus. Wir sind dann schon weit weg. Und nur mal so unter uns, nur zu deiner
Information und zu deiner Beruhigung: Ich werde wie Lancelot Guinevere zu Hilfe eilen, die der böse Meleagant geraubt hat.
Alles andere, selbst deine hehren Pläne, interessiert mich vorläufig nicht. Ich habe nicht die Absicht, sie zudurchkreuzen. Und das Geheimnis bewahre ich. Also, mit Gott. Und nimm es nicht übel.«
»Scher dich zum Teufel!«
Auf dem Hof erhielten Houžvička, Smetiak und Zahradil von Scharley ein ledernes Päckchen, das im Sattel eingenäht war. Es
enthielt zwanzig ungarische Golddukaten, die zweite Rate, die zu bekommen ihnen nach Erledigung des Auftrags versprochen worden
war und die sie sich verdient hatten. Scharley war nicht so dumm gewesen, ihnen die ganze Summe auf einmal zu geben. Ohne
zu zögern, sprangen die Mähren in den Sattel und verschwanden in der Ferne.
»Eine nachzuvollziehende und durchaus angebrachte Eile«, kommentierte Scharley, ihnen hinterherblickend. »Eine erneute Begegnung
mit Urban Horn könnte böse enden. Mit einem Strick bestenfalls, aber ich schließe auch einen langsameren Tod nicht aus. Was
mich daran erinnert, dass wir uns hurtig entfernen sollten.«
»Treib lieber das Pferd an, statt lange Reden zu halten. Los!«
Die Hufe hämmerten mit lautem Echo über das Pflaster vor dem Tor. Dann umfloss sie der Wind, ein warmer Wind vom Odergebirge.
Sie ritten im Galopp den steilen Burgberg hinunter, auf dem Weg, der ins Tal führte.
Im Tal bogen sie in den Wald ab, in eine finstere und feuchte Waldschlucht. Die Schlucht führte sie zu einem kahlen Bergrücken.
Und hier versperrten ihnen ein halbes Hundert Reiter den Weg.
Einer von ihnen löste sich von den anderen und ritt auf einem Grauschimmel auf sie zu.
»Reynevan? Gut, dass ich dich treffe«, sagte Prokop der Kahle, genannt auch der Große, der Oberste Hetman von Tábor, der
director operationum Taboritarum.
»Dich suche ich gerade. Ich brauche dich ganz dringend.«
Siebtes Kapitel
in dem wir unsere Helden in Mähren zurücklassen, um uns – zur gleichen Zeit – in die Stadt Breslau zu begeben, die , wie sich erweist, eine gefährliche Stadt ist.
»Der Antichrist wird vom Stamme Dan sein«, las der über den Bogen gebeugte Schreiber ergriffen vor.
Er räusperte sich und blickte zum Bischof hinüber. Konrad von Oels nippte an seinem Glas und sah durch das angelehnte, von
Lichtreflexen funkelnde Fenster. Es schien, als höre er nicht zu, als ginge ihn der vorbereitete Text überhaupt nichts an.
Der Schreiber wusste jedoch, das dem nicht so war.
»Der heilige Irenäus«, las er weiter, »sagt, es verhalte sich mit dem Antichristen so, dass dieser am Ende der Welt
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