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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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stehenden vergoldeten Käfig und setzte sich, die Federn plusternd, auf die goldene Stange.
    »Kein Flügelschlagen«, warnte der Bischof, während er seinen Wein im Kelch schwenkte. »Und kein Gekrächze im falschen Moment.
     Herein!«
    »Der edle Herr Oswald von Langenreuth«, kündigte der Diener an.
    »Bitte ihn herein. Seid gegrüßt, seid gegrüßt!«
    »Eure Bischöfliche Gnaden.« Oswald von Langenreuth, ein älterer, hochgewachsener, asketisch schlanker und reich gekleideter
     Mann verbeugte sich ehrerbietig. »Euer Gnaden präsentieren sich wie immer jugendlich, gesund und kraftvoll. Was ist es, das
     ein solches Aussehen bewirkt? Doch nicht etwa Magie?«
    »Arbeit und Gebet«, erwiderte Konrad liebenswürdig. »Frömmigkeit und Enthaltsamkeit. Setzt Euch, setzt Euch, lieber Herr von
     Langenreuth. Probiert diesen Alicantewein aus Aragonien. Gleich wird auch der Stör serviert. Verzeiht, dass alles so bescheiden
     ausfällt. Aber es ist immer noch Fastenzeit.«
    Ein Luftzug stahl sich durchs Fenster. Warm und frühlingshaft.
    »So sprecht doch, sprecht!« Der Bischof nickte und flocht die Finger ineinander. »Neugierig bin ich auf die Nachrichten aus
     dem fernen Wolhynien. Vor kurzem war Seine Hochwürden der päpstliche Legat Andrea de Palatio hier. Er kam wie Ihr aus Luck,
     aber er hat mich nicht gerade mit Historien verwöhnt, so eilig hatte er es, nach Hause zu kommen
. . .
Und dabei hat er ein saures Gesicht gezogen, oh, so ein ganz saures
. . .
Bei der Gelegenheit, wisst Ihr, wie die Böhmen jenes Treffen in Luck nennen? Die Konferenz der drei Greise.«
    »Diese drei Greise herrschen über halb Europa«, bemerkte Oswald von Langenreuth bitter. »Und mithilfe der anderen Hälfte schützen
     sie es vor der Invasion der Osmanen. Der älteste und gebrechlichste von diesen Greisen hat zwei Söhne,die den Bestand der Dynastie, die der Alte begründet hat, sichern.«
    »Ich weiß. Der jüngste von diesen Greisen ist unser König. Und in Kürze, so Gott will, wird er Kaiser. Er hat es verdient.
     Besonders nach allem, was ich aus Luck gehört habe.«
    »Und da wundert Ihr Euch über die saure Miene des Legaten?« Langenreuth zog die Augenbrauen hoch. »Andrea de Palatio hat eine
     geheime päpstliche Bulle nach Polen mitgebracht. Seine Heiligkeit Papst Martin V. ruft darin König Władysław Jagiełło und
     Fürst Witold zu dem heiligen Werk und gottgefälligen Bestreben auf, einen Kreuzzug gegen die Böhmen zu unternehmen. Im Hinblick
     auf Gott, Erbarmen und Seelenheil, ich zitiere, ruft der Statthalter Petri den König von Polen und den Großfürsten von Litauen
     auf, gegen die Böhmen zu ziehen, um sie auf den rechten Weg zurückzuführen und ihr häretisches schändliches Treiben auszumerzen
     und ihm ein Ende zu bereiten. Im Namen Roms, der Stadt der Apostel, gestattet der Papst die Vernichtung der Ketzer in Übereinstimmung
     mit den heiligen Rechten der Kirche. Ende des Zitats. Und was ist in Luck geschehen? Der Traum des Papstes von einem Kreuzzug
     hat sich wie Rauch verflüchtigt. Denn was hat unser teuerster König, dieser Sigismund von Luxemburg, den als Kaiser zu sehen
     Ihr Euch schon freut, getan? Er hat Witold die Krone angeboten! Die Krone! Er will ihn zum König von Litauen machen!«
    »Das war klug von ihm.«
    »Diese Art von Klugheit ist mir unbegreiflich. Der römische König beweist diese Klugheit jetzt schon zum zweiten Mal. Im Jahre
     1420 hat er durch den Schiedsspruch von Breslau Witold rasend gemacht; dank dieser Großtat haben wir jetzt Korybut und seine
     polnischen Truppen in Böhmen. Diesmal versetzt Sigismund Jagiełło in Wut, indem er Witold die Krone anbietet und damit Litauen
     von Polen loszulösen droht. Der wütende Jagiełło hat nicht nur seine Pläne zu einem Kreuzzug nach Böhmen verworfen, mehr noch,
     er ist dazu bereit, sich mit denHussiten zu verbünden! Und das haltet Ihr für politisch klug, ehrenwerter Bischof? Dass es zu einer Allianz von Polen und
     Böhmen kommt? Wollt Ihr, Ihr und Euer König Sigismund, eine Armee zum Gegner haben, in der die Sieger von Aussig und Tachau
     mit den Siegern von Tannenberg vereint kämpfen? Letztes Frühjahr stand Prokop vor den Mauern von Breslau. Dank der Politik
     von König Sigismund könnte er nächstes Frühjahr mit der vereinten polnisch-böhmischen Armee hier stehen. Bevor Ihr Euch auch
     nur umdreht, wird in Eurem Dom die Kommunion
sub utraque specie
erteilt. Mit einer Liturgie auf Polnisch.«
    »Mit den Polen

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