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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Terrorismus es ihm geht.«
    »Schade. Denn im Kampf hätte man die Kräfte vereinigen können.«
    »Seine Hochwürden der Inquisitor bespricht die Vereinigung der Kräfte mit Bischof Konrad. Dem Ihr dient, Herr von Grellenort.«
    Der Mauerläufer schwieg lange.
    »Bist du zufrieden mit deiner Tätigkeit, Bożyczko? Bezahlt dich Hejncze gut?«
    »Welchem Umstand ist Eure Wissbegier bei dieser Frage zuzuschreiben?« Das Gesicht des Diakons blieb unbeweglich.
    »Der Neugier«, erwiderte der Mauerläufer. »Allein der Neugier. Denn das ist doch eine hochinteressante Sache, dieser Terrorismus,
     von dem wir gerade sprechen. Glaubst du nicht auch? Er beseitigt die Konkurrenz, schafft neue Arbeitsplätze, treibt die Konjunktur
     von Industrie, Handwerk und Handel an und weckt den Unternehmergeist. Er legitimiert die Existenz von zahlreichen Organisationen,
     Posten, Ämtern und einer ganzen Menge von Leuten, die sie ausfüllen. Jede Menge Menschen finden darin ihr Auskommen, Tantiemen,
     Gagen, Dividenden, Präbenden, Pensionen und Prämien. Ja wirklich, wenn es den Terrorismus nicht gäbe, dann müsste man ihn
     glatt erfinden.«
    »Seine Hochwürden der Inquisitor hat ebenfalls davon gesprochen.« Łukasz Bożyczko lächelte. »Mit fast denselben Worten. Jedoch
     in einem ganz anderen Sinn.«
     
    Die Kapellenbrücke versank im feuchten Nebel, der von einem leichten Wind von Osten, vom See der vier Kantone, herübergetrieben
     wurde. In einer der Kirchen von Luzern bimmelte ein Glöcklein.
    Die vorsichtigen Schritte eines sich nähernden Mannes hallten mit einem dumpfen Echo vom Dach der Brücke wider. Ein anderer
     Mann, der in einem grauen Mantel mit Kapuze an der Balustrade lehnte, hob den Kopf. Und tastete nach dem Griff des Messers,
     das unter seinem Mantel verborgen war. Der Ankömmling trat näher. Auch er trug eine Kapuze. Und hielt die Hand ebenfalls unter
     dem weiten Mantel verborgen.
    »Benedicite« ,
ließ sich der Ankömmling als Erster halblaut vernehmen, nachdem er sich umgeschaut hatte.
»Benedicite nos, parcite nobis.«
    »Benedicite« ,
erwiderte der Mann im grauen Mantel halblaut.
»Fiat nobis secundum verbum tuum.«
    »Qui creira sera sals?«
    »Mas qui no creira sera condampnatz.«
    »Qui fa la volontat de Deu?«
    »Esta en durabletat.«
    »Amen.« Der Ankömmling atmete erleichtert auf. »Amen, Bruder. Ich grüße dich von ganzem Herzen. Lass uns weitergehen.«
    Sie gingen bis zu einem nahe bei der Brücke im Wasser stehenden, achteckigen Turm. Unter den Holzbrettern gluckste das Wasser.
    Der Nebel begann sich aufzulösen.
    »Ich grüße dich von ganzem Herzen«, sagte der Ankömmling noch einmal. Jetzt, wo er seinen Argwohn überwunden hatte, sprach
     er mit deutlich schwyzerdütschem Akzent. »Ich muss bekennen, dass ich erleichtert war, als du die Antwort auf die Losung in
     der heiligen Sprache unseres Glaubens gabst. Wir hatten Angst, was soll ich sagen
. . .
Einige von den
parfaits . . .
Sie haben dich verdächtigt. Sie haben sogar geglaubt, du wärst ein Agent der Inquisition.«
    Gregor Hejncze hob mit einem Lächeln seine Hände, was so viel heißen sollte wie: dass er gegen solche Verdächtigungen machtlos
     war und man gegen derlei Anschuldigungen nichts tun konnte.
    »Uns ist zu Ohren gekommen«, fuhr der Schweizer fort, »dass du dich für einen gewissen Birkhart von Grellenort interessiert.
     Ich habe die Erlaubnis der Vollkommenen erhalten, daher bin ich auch sehr froh darüber, dir helfen zu können, Bruder, denn
     ich weiß das eine oder andere über ihn. Gegenwärtig weilt er in den Ländern der böhmischen Krone, genau in Silesia in der
     Stadt Vratislavia. Er dient dem dortigen Bischof
. . .
«
    »Genau das ist mir bereits bekannt«, unterbrach ihn Hejncze sanft. »Ich komme gerade aus Schlesien. Eben aus Breslau.«
    »Ach, ich verstehe. Also interessiert dich nicht die Gegenwart, sondern die Vergangenheit. Wenn das so ist, müssen wir zurückgehen
     bis ins Jahr 1415.   Bis zum Konzil in Konstanz. Wie du sicher weißt, Bruder, wurde in Konstanz beschlossen
. . .
«
    Gregor Hejncze war 1415 in Konstanz gewesen und wusste, was dort beschlossen worden war. Aber er sagte nichts.
    »
.
. .
beschlossen, dass es am besten sei, das große Schisma durch die Wahl eines neuen Papstes zu beenden, sobald die drei Personen,
     die den Titel Papst beanspruchten, freiwillig zurückgetreten seien: Gregor XII., Benedikt XIII. und Johannes XXIII.   Die ersten beiden waren einverstanden, Johannes

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