Luzifer
Jane Collins getötet!«
Wir sagten in den nächsten Sekunden nichts. Bis ich das drückende Schweigen brach. »Der Traum«, flüsterte ich. »Es war der verdammte Traum, den auch Jane Collins hatte.«
»War er der gleiche?« fragte Mandra.
»Keine Ahnung. Sie hat nur von einem furchtbaren Alptraum gesprochen, der sie in einen Zustand der höchsten Angst hineinkatapultiert hat. Es muß schrecklich gewesen sein.«
»Dann hat sie möglicherweise ihren Mord an deiner Person gesehen, John. Etwas anderes kann ich mir nicht vorstellen.«
»Wir werden sie fragen, wenn sie kommt. Es kann sich nur mehr um Minuten handeln.«
Suko kam auf mich zu. Er legte mir eine Hand auf die Schulter. »John, du bist nicht allein, denk daran. Wir alle werden tun, was wir können. Wir stemmen uns gegen das Schicksal.«
»Ist so etwas möglich, wenn Luzifcr im Hintergrund die Fäden zieht? Er hat sich vorgenommen, mich zu vernichten, und er wird euch in diesen Kreis mit hineinziehen.«
»Soll er nur«, sagte Suko voller Optimismus. »Außerdem ist eine erkannte Gefahr nur die Hälfte wert.«
»Nicht bei Luzifer.«
»John, sei nicht so pessimistisch.«
»Ich muß es einfach. Diesmal ist es verdammt ernst. Ich bin auch der Überzeugung, daß die andere Seite über jeden dieser Vorgänge informiert ist. Glaub mir, das ist es eben…«
»Wie kommst du darauf?« fragte Mandra.
»Durch mein Kreuz.«
Diesmal hatte ich es geschafft, ihn zu überraschen. Er trat einen kleinen Schritt zurück. »Kannst du das genauer erklären?«
»Ja, ich habe seit langem das Gefühl, an der langen Leine geführt zu werden. Du darfst nicht vergessen, daß Luzifer nicht allein dasteht. Auch er besitzt Helfer. Nicht die Legionen von Dämonen, die man ihm nachsagt, für mich ist ein Wesen ungemein interessant, das sich an seiner Seite hält. Lilith!«
Mandra nickte. »Ja, ich kenne mich aus. Hat man sie nicht die erste Hure genannt?«
»Das stimmt genau.«
Er räusperte sich. »Es ist natürlich nicht einfach, gegen beide anzukämpfen.«
Ich redete weiter. »Und Lilith hat es tatsächlich geschafft, die Zeichen von meinem Kreuz zu entfernen. Ich hatte erlebt, daß sich in der Mitte des Kreuzes etwas zeigte. Ihr Gesicht, das eine ebenso grausame Kälte ausstrahlte wie Luzifer. Ich stand stets in ihrem Bann, auch wenn ich es nicht merkte und zahlreiche Siege errungen habe. Sie hielten mich an der langen Leine, wie man so schön sagt. Nun aber ist Luzifer die Leine nicht mehr lang genug. Er will sie kappen, er will meine Vernichtung, die du bereits auf dem Rad der Zeit gesehen hast, als man dich dort festband. Es ist im Prinzip einfach.«
»Und Jane wird dich töten!«
»Falls sich die düstere Prophezeiung erfüllt.«
Mandra nickte. Die Bewegung galt mehr ihm selbst. Er räusperte sich und zog die dunklen Augenbrauen zusammen. »Was?« so fragte er, »können wir tun?«
»Reagieren, wenn es soweit ist.«
»Das heißt, du willst es darauf ankommen lassen?« erkundigte sich Suko.
»Bleibt mir eine andere Wahl? Ich werde mich auf das Rad der Zeit binden lassen müssen. Ich muß mich einfach stellen. Ich will mich auch stellen.«
»Damit kämpfst du gegen das Schicksal an!« stellte Mandra fest.
»Sicher.« Ich hob die Schultern. In diesen Augenblicken wirkte ich äußerlich sehr sicher, war es im Innern allerdings nicht. Ich spürte die Beklemmung deutlich. »Was ist Schicksal?« sprach ich weiter. »Gibt es einen Zufall, der in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Schicksal steht? Ich habe mich mit diesem Gebiet in der letzten Zeit ein wenig beschäftigt, als hätte ich geahnt, was auf mich zukommen würde. Mathematiker, Physiker und auch Philosophen sind der Ansicht, daß es keinen Zufall gibt. Also gibt es auch kein Schicksal. Im Moment versuchen die Wissenschaftler Denkmodelle zu errichten, die unsere Welt aus den Fugen heben können. Sie widersprechen Einstein, und es scheint mir, als hätten sie damit recht.«
»Das ist schwer zu begreifen«, sagte Suko.
»Auch ich packe es natürlich nicht, aber ich werfe es auch nicht fort. Man hat experimentiert, man hat Ergebnisse bekommen, die tatsächlich darauf hindeuten, daß ein Zufall ausgeschlossen werden kann. Daß sich alles bewegt, daß das eine mit dem anderen zusammenhängt. Ein gewaltiger Kreislauf aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Alles ist schon mal geschehen, es kehrt nur wieder.«
»Auch der Mord an dir?« fragte Glenda.
»Möglich.«
»Das war harter Stoff«, sagte Suko.
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