Luzifers Geliebte (Geschichtentrilogie Band 2 Fantastische Geschichten)
das wie ein Schatten vor mir her lief?
Über einen dunklen Hof, unregelmäßig gepflastert mit groben Kopfsteinen, gelangte ich in einen Keller. Vor langer Zeit musste dieser Keller ein Weinkeller gewesen sein. Längliche Räume und Räumchen wechselten einander ab, Dämmerlicht verbreitete anheimelnde Nähe.
Längs der Steinwände saßen an langen Holztischen erlebnishungrige, junge Menschen, die ungeniert lachten und schmusten. Gebannt schlenderte ich weiter, schlängelte mich durch die vielen Menschen, stand endlich vor einer kleinen, schwarzen Bühne.
Ein junger Mann hielt eine Geige zärtlich an sein Kinn gedrückt und spielte weltvergessen eine Melodie, die mir bekannt vorkam.
Wie ein Magier stand er da, gehüllt in ein Gewand, das in allen Regenbogenfarben schimmerte und glänzte.
Ein irres Glücksgefühl erfasste meinen Körper, Tränen der Rührung liefen mir übers Gesicht; ich war nicht fähig, mich zu bewegen. Vor mir stand ER. Luzifer. Idiotisch himmelte ich ihn an.
Luzifer!
Wir kannten uns. Seit Ewigkeiten.
Ein Gedicht fiel mir ein:
Lilith und Luzifer
Oh Ritter mit Seraphenschwingen
Schwarz gewandet wie der Himmel den du mir schenktest
Dein Herz ist wie der Stern nach dem du heißt
Deine Augen sind wie Wellen im Lichte
Des Sonnenuntergangs
Ruf mich aus der Finsternis
Vergieß dein Blut um meinen Durst zu stillen
Nimm meines
Als Gabe für deinen Hunger.
Ahi hay Lucifii
Jage uns in die ungestalten Lande lass uns
Lachend fallen
In den Abgrund Gottes
Wir legen uns einen eigenen Garten an
Bevölkern ihn mit Gottheiten
Dornen und Ranken und Stechpalmen
Oh Engel der Dämmerung
Lass ihn uns wässern mit Silber
Und von seiner Fülle trinken
Wenn die Früchte meiner Liebe zu dir Blüten treiben
Seltsame wilde Blüten
Oh Luzifer Schweigsamer du
Lass deine Klinge fallen in den Sand und versinken
Hingeworfen wie einen Knochen der Eitelkeit
Des Einen droben
Umschließe mich mit deinen Schwingen
Finde Frieden
Ahi hay Lucifii
Finde Frieden
Misstönendes Beifallklatschen riss mich aus der Verzauberung. Luzifer verbeugte sich lässig und stolz nach allen Seiten. Ich konnte die Augen nicht von ihm wenden.
Er kommt auf mich zu, tupft mir mit einem Seidentüchlein die Tränen vom Gesicht, nimmt zärtlich meine Hände, führt mich zur Bar.
Das ist ein Märchen. Ein Traum. Er soll nie vergehen.
„Warte auf mich", sagte da Luzifer mit irdischer Stimme. „Bin gleich zurück."
Der Keller war wieder erfüllt vom Stimmengewirr unzähliger Menschen, den Ausdünstungen verschwitzter Körper, dem schalen Geruch verbrauchten Zigarettenatems, der animalischen Trunkenheit einer modernen Disco.
*
Natürlich landeten wir in meinem Bett. Luzifer war kein Mann, der große Umstände machte. Er war ein Macho. Ihm lagen die Frauen zu Füßen. Auch ich war ihm vom ersten Moment an verfallen. Auf dem Weg zu meiner Wohnung hatte er einige Flaschen Wein gekauft und einen großen Strauß roter Rosen. Echt Gentleman.
Vielleicht wollte er mich damit kaufen. Brauchte er nicht. Ich wäre ihm auch so zu Willen gewesen.
‚So muss Liebe sein‘, dachte ich. ‚Was sonst bedeutet dieses Gefühl, das mit nichts zu vergleichen ist? Das man nicht beschreiben kann? Dieses Gefühl muss man erlebt haben. Dieses Gefühl, das einem Flügel wachsen lässt. Erheben in die Lüfte. Vor Glück.‘
Ich zündete alle Kerzen an und stellte die Rosen in ein hohes Glas. Luzifer entkorkte die Flaschen und goss den roten Wein in die Gläser. Dann zauberte er ein kleines Päckchen aus seinem Ärmel und schüttete vorsichtig das weiße Pulver hinein. Wir prosteten uns zu und tranken gierig.
Nach einigen Gläschen war ich so beschwipst, dass ich nur noch lachen konnte. So frei und lustig hatte ich mich lange nicht mehr gefühlt. Es war, als sei alle Kälte, die mich lange Zeit in eisiger Starre gehalten hatte, wie durch Zauberhand von mir gewichen.
Luzifer hatte mich erlöst. Er war der Zauberer aus dem Märchenland, er hatte aus der Eisprinzessin eine Sonnenprinzessin gezaubert, eine Sonnenprinzessin mit einem warmen, fröhlichen Herzen und trug jetzt die Sonnenprinzessin auf das jungfräuliche Bett. Er war der erste Mann, der sich darin austoben durfte.
„Du bist schön, wie ein Opal im Mondlicht", flüsterte Luzifer, während er einen roten Schleier aus Tüll über meinen nackten Körper warf. „Ich hülle dich damit ein, du, Göttin der Hölle."
Luzifer kann
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