Luzifers Geliebte (Geschichtentrilogie Band 2 Fantastische Geschichten)
weißt. Ich weiß auch, dass du neidisch bist. Dass du scharf auf mich bist und mich deshalb schikanierst. Aber du, mein Lieber, kannst heute nicht spielen, du kannst deinen
Text nicht. ’
Nach und nach trudeln die Kollegen ein, trinken Kaffee,
erzählen den neusten Klatsch, blättern oberflächlich in ihren Textbüchern.
Rice hat kein Wort mehr gesprochen, auch der Lockere Frank nur geraucht und Klara sich gewundert über ihre seltsamen Gedanken.
„ Die Probe beginnt.“
Der Regieassistent erhebt sich von seinem Stuhl, alle schlendern in den Proberaum.
Der Lockere Frank setzt sich auf den Stuhl neben dem Souffleusentisch, stellt seinen Kaffee neben Klaras Textbuch, streckt seine langen Beine, umhüllt von seiner ledernen Sommerhose, aus, raucht genießerisch weiter.
Rice wird noch unruhiger, er ist als erster dran und bleibt schon beim ersten Satz stecken.
„Ich bin ein Schatten der Rebellion …“, souffliert
Klara. „Ich bin ein Schatten der …“
„ Nicht so dezent, Klara“, rügt Rice unsicher, „wie
geht ’s weiter? Wie geht’s weiter? Ich verstehe nichts ... Lauter …“
„ Schaff dir ein Hörgerät an“, murmelt Klara genervt.
„ Wie bitte?“
„ Ich bin ein Schatten der Rebellion …“, souffliert
Klara lauter.
Zu ihrer Verwunderung tanzt sie plötzlich über der Pfeife des Lockeren Frank. Ganz langsam steigt sie auf zur Decke, schwebt über die Verkabelungen, die Spotleuchten, breitet sich aus, wie ein riesiger Fächer, sinkt dann, hunderttausend Funken sprühend, wieder herab auf ihren Stuhl.
‚ Soll der doch sein Buch nehmen.‘
Rice nimmt sein Buch, zupft ziellos die Seiten, sieht nichts, begreift nichts, spürt das Unerklärliche im Raum. Das Schwüle. Unheimliche. Nicht Fassbare.
Still ist es, niemand wagt, sich zu regen, nur der Lichtmann taucht die Bühne und den ganzen Raum mit seinen, wie im Kino aufgerichteten Holzsitzen, in nebligen Dämmer.
‚ Setz dich auf den Boden.‘ Klara kichert hexisch.
Rice setzt sich auf den Boden. Mutlos ringt er mit seinem Gedächtnis. Vergeblich. Der Text fällt ihm nicht ein. Klaras Soufflieren versteht er nicht. Verzweifelt richtet er sich auf, klopft verwirrt an seine bleichnasse Stirn.
„Ich bin ein Schatten der Rebellion …“
Klara schüttelt ihr langes Haar, Goldflimmer zwischen den roten Strähnen, wie einen regennassen Mantel.
Unzählige Seifenblasentröpfchen fallen schillernd von der Decke, verfangen sich in dem glänzenden Haar, lassen es funkeln und sprühen.
Rics Hände sind verkrampft, seine Augen starr auf Klara gerichtet, dann auf das für ihn versiegelte Buch.
‚Steh auf! Schleudere dein Textbuch auf den Boden!‘
Rice erhebt sich mühsam, starrt zu Klara, wirft sein Textbuch auf die dunklen Holzdielen.
Über Klaras Gesicht laufen die Tränen.
„Was ist denn nur los heute?“ Der Regisseur hat eine kleine Stimme. Auch ihm ist etwas mulmig. Wie all die anderen, kann auch er sich das Geschehen nicht erklären. „Wir machen erstmal eine Pause“, schlägt er vor. „Esst mal was von dem irischen Whiskykuchen, den meine Frau gebacken hat.“
Alle setzen sich in die Manege, in der Rice noch immer wie geistesabwesend hockt, und essen schweigend von dem irischen Whiskykuchen.
Klara nicht, der Lockere Frank auch nicht, er raucht weiter, hüllt Klara dichter in seinen Duft. An ihren Schenkeln klebt die Erregung. In ihrer Vagina brennt das Feuer.
Die bunt schillernden Seifenblasentröpfchen glänzen und glitzern und werden zu Klaras Hochzeitskleid. Darunter sitzt der Lockere Frank, er öffnet ihre Beine, trinkt vom Quell des Lebens und stirbt.
„Willst du nicht auch ein Stück von dem irischen Whiskykuchen?“
Klara will keinen irischen Whiskykuchen. Wie kann der
Lockere Frank es wagen, sie aus ihren Träumen zu holen? Sie will weg. Nur weg von diesem Ort. Der Bräutigam ist tot, gestorben zwischen ihren Schenkeln. Übrig geblieben nur ein winziges Seifenblasentröpfchen.
Klara steht auf, sammelt die leer getrunkenen und leer gegessenen Teller und Tassen ein. In der Kochecke spült sie sie ab, stellt dann jedes Teil fein säuberlich auf ein dafür vorgesehenes Regal.
„Die Probe geht weiter!“, ruft der Regieassistent.
Klara will nicht mehr proben, sie geht zum Örtchen, putzt gewissenhaft ihr Klo, ein Ritual. Sie wäscht sich die Hände unter dem tropfenden Wasserhahn.
‘Man müsste ihn mal entrosten.’
Im fast erblindeten Spiegel sieht sie ihr Gesicht, bleich, mit goldenen
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