Luzifers Geliebte (Geschichtentrilogie Band 2 Fantastische Geschichten)
Fünkchen in den hellen Augen unter roten Locken. Sie schiebt ihren Rock bis zum Nabel, tastet erregt zwischen ihre Beine, dringt in die feurige Nässe. Juchzt:
„Der Bräutigam lebt!“
Glücklich wankt sie in den Proberaum, packt ihre Tasche, das Textbuch lässt sie auf dem runden Souffleusentisch liegen, die Leuchte brennen. Erleichtert schlüpft sie in ihren Mantel. Wankt langsam wie eine Schlafwandlerin dem Ausgang zu. Kurz davor holt sie der Regieassistent ein.
„Die Probe geht bis zweiundzwanzig Uhr!“, sagt er ungehalten. „Du kannst jetzt nicht gehen. Wir brauchen dich.“
Klara versteht nicht, was der Regieassistent von ihr will. Wütend schlägt sie ihm die Tür vor der Nase zu, rennt die fünf Stockwerke hinab auf die Straße.
Irgendwann bleibt sie stehen, ringt nach Atem, schaut in den Himmel.
Sie hat ja geahnt, dass heute alles anders ist als sonst. Der Mond strahlt jetzt hell auf sie herab. Schnell läuft sie weiter, zur S-Bahn. Die Bahn steht schon da. Im letzten Augenblick springt Klara hinein. Die Türen schließen sich.
Klara tastet nach dem Bräutigam. Die Menschen auf den Bänken rekeln ihre Gesichter zu seltsamen Grimassen.
„Ich bin nicht tot!“, schreit Klara, stürzt zur Tür, reißt sie auf, fällt in die Arme eines Mannes.
„ Bist du der Bräutigam?“
„ Ja“, sagt der Mann, der aussieht wie der Lockere Frank und doch so gar keine Ähnlichkeit mit ihm hat.
*
Am nächsten Tag ruft der Regieassistent an.
„Klara“, sagt er, „hör auf mit dem Mist. Komm sofort zur Probe.“
„ Ich komme nicht mehr.“
Vorsichtig legt Klara den Hörer auf die Gabel. Sie kann nicht zur Probe kommen. Nie wieder. Sie wird überhaupt nirgends mehr hinkommen können.
Wer würde verstehen, dass sie ein zweites Ich hat, das ihr böse Dinge einflüstert, wundervolle Dinge, schamlose Dinge, Dinge, die man nicht ausspricht, Dinge, die sie nur teilt mit dem Bräutigam, der vom Quell des Lebens getrunken hat und gestorben ist zwischen ihren Schenkeln?
Wer würde verstehen, dass sie nie wieder tun wollte, was sie nicht tun will?
Wer würde verstehen, dass die letzte Nacht ihre Schicksalsnacht war?
Mit einem verzückten Lächeln tastet Klara wieder zwischen ihre Schenkel, lächelt den Mann, der aussieht, wie der Lockere Frank und doch so gar keine Ähnlichkeit mit ihm hat, vertrauensvoll an.
„Bist du der Bräutigam?“
*
Der Mann wäscht das blutige Messer sorgfältig in der Spüle ab, steckt es dann gelassen in die Halterung auf der Arbeitsplatte. Verlässt seelenruhig Klaras kleine Wohnung.
Crazy
V erdammt! Die Hexe. Sandra. Wieder dieses Irrlicht.
„ Mondlicht. Blut.“
Von Grauen gepackt, setzte ich mich im Bett auf. Griff nach dem Handy. Ein Reflex.
„Ich habe die Handschellen“, lachte Kastor, “du wolltest doch mal gefesselt werden. An deine Grenzen kommen.“
„ Wer sagt dir das?“
„ Mein Gefühl.“
„ Wann treffen wir uns?“
„ So in einer halben Stunde.“
Wie im Traum klickte ich Kastor weg. Wieder musste ich über diesen ungewöhnlichen Namen lächeln. Kastor. Das war doch der Rossebändiger, der, der Herakles die Kunst, schwer bewaffnet und geordnet, im Felde zu fechten, lehrte.
Wie dem auch sei. Kastor hatte Recht.
Plötzlich verspürte ich so einen unwiderstehlichen Drang, mich zu unterwerfen, der Macht des Stärkeren, eines Mannes, eines Kastor, auszuliefern. Fast freute ich mich darüber. Vielleicht würden mich die Dämonen dann endlich in Frieden lassen. Wenn ich mich nicht mehr sträubte. Nicht immer um jeden Preis Ich sein wollte. Emanzipiert, distanziert. Natürlich nur, was die Männer und ihr Begehren betraf.
Entschlossen sprang ich aus dem Bett, ging zum Fenster, zog die Vorhänge zurück, öffnete es weit, atmete tief durch, schaute den schnell vorüber ziehenden Wolken nach, die den Vollmond in regelmäßigen Interwallen verdeckten und ihm dann, unverhofft, für Sekunden nur, einen freien Platz einräumten.
Natürlich brauchte ich das passende Outfit. Im Schlafzimmer nahm ich die Sachen aus dem Kleiderschrank. BH, Tanga, Strapse, Spitzenstrümpfe, Minikleid.
Alles in Schwarz. Dazu hochhackige rote Pumps. Auch ein Seidenband für die Haare. Natürlich ein rotes. Beides fand ich ganz unten. In einem Schubfach für besondere Gelegenheiten.
Da war auch das Schmuckkästchen mit dem Silberschmuck von Enoch. Meinem Ex. Und ganz zuunterst, versteckt in einem kleinen Geheimfach, lag der schlichte Ring mit
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