Luzifers Hammer
saß, war ein Teil seiner Ruhe zurückgekehrt. »Ich möchte mit dem Leben davonkommen. Das ist alles.«
»In Ordnung. Erzählen Sie Ihre Geschichte.«
Hugo nickte. »Sie haben mich und Jerry Owen auf die Straße gesetzt, erinnern Sie sich? Jerry war dumm genug, um zu töten. Er sprach von … nun ja, Rache, über die Saat des Aufruhrs, die er Ihren Leuten eingepflanzt hatte, Mr. Christopher.«
George lächelte breit. »Sie haben ihn fast totgeprügelt.«
»Richtig, Jerry konnte sich nicht sehr schnell bewegen, und ich wollte nicht allein weitergehen. Irgend jemand hat einmal auf uns geschossen, ohne Warnung, nur peng! – und wir rannten wie die Hasen. Wir gingen nach Süden, weil die Straße dorthin führte und weil Jerry nicht in der Verfassung war, in die Sierra hinaufzuklettern. Mir ging es nicht besser. Wir marschierten den ganzen Tag und einen Großteil der Nacht, und wir wußten nicht, wie weit wir gekommen waren, weil wir nichts weiter besaßen als eine alte Karte der Union Oil, und heute sieht alles anders aus. Jerry fand etwas Weizen, der am Wegesrand wuchs. Er sah wie Unkraut aus, aber Jerry meinte, wir könnten ihn essen, und am nächsten Tag machten wir uns ein Feuer und kochten es. Es schmeckte gut.«
»Okay, wir wollen nicht die Geschichte jeder einzelnen Mahlzeit hören, die Sie ergattert haben«, knurrte Christopher.
»Freilich ist die nächste Sache wichtiger. Jerry erzählte mir unheimliche Geschichten. Wußten Sie, daß ihn das FBI und wer weiß wer alles suchte? Er war General in … in der …« – Hugo hielt inne – »… in der Befreiungsarmee der Neuen Brüderschaft.« Und er legte wieder eine Pause ein, bis die anderen begriffen hatten.
»Neue Brüderschaft«, brummte Al Hardy. »Ich glaube, das paßt.«
»Wahrscheinlich«, sagte Hugo. »Wie dem auch sei, er benutzte die Shire als Versteck. Erhielt den Mund, und wir wußten es nicht, bis nach dem Hammerfall. Wahrscheinlich befanden wir uns auf Mr. Wilsons Gebiet, und ich dachte daran, Jerry einfach stehen zu lassen. Nicht, daß es mir etwas ausgemacht hätte, weil ich nur langsam vorankam, aber wie sollte ich mich Wilsons Leuten anschließen, wenn Jerry einen Volksaufstand inszenieren wollte? Hätte ich auch nur ein einziges erleuchtetes Fenster gesehen, so wäre ich verschwunden, und Jerry hätte nie rausgekriegt, wohin.«
»Aber wir blieben die meiste Zeit allein und sahen kaum etwas. Einmal war es ein Lastwagen, aber der hielt nicht an. Und verbarrikadierte Farmhäuser, wo man die Hunde auf uns hetzte, sobald wir nur versuchten, näher zu kommen. So wanderten wir also immer weiter nach Süden und wurden immer hungriger, und am dritten oder vierten Tag erblickten wir diesen merkwürdigen Haufen. Jeder von ihnen sah aus, als hätte er seine letzte Chance verloren, aber es waren mindestens fünfzig, und sie sahen nicht danach aus, als wären sie am Verhungern. Ich dachte schon an Flucht, aber Jerry marschierte schnurstracks auf sie zu. Er rief mir zu, ihm zu folgen, aber die Leute sahen gar nicht verlockend aus, zumindest nicht wie Menschen, denen ich mich gern angeschlossen hätte. Ich dachte, es wären die Kannibalen, von denen uns Harry erzählt hatte, aber sie sahen nicht gefährlich aus, sie waren nur einfach fertig.«
»Keine Uniformen? Keine Waffen?« fragte Deke Wilson.
»Ich bin nicht nahe genug rangegangen, um zu sehen, welche Art Waffen sie trugen, aber ich bin mir verdammt sicher, daß ich keine Uniformen gesehen habe«, sagte Hugo Beck.
»Dann war es wohl nicht die Armee der Neuen Brüderschaft …«
»Hören Sie lieber zu«, unterbrach ihn Harry. »Er ist noch nicht fertig.«
Eileen kam mit einem Tablett. »Da ist Ihr Tee, Harry.« Sie schenkte eine Tasse voll und stellte sie auf einen Tisch in der Nähe des Postboten. »Und Ihrer, Senator.«
Beck warf einen Blick auf Harrys Tee, dann nippte er an seinem Wasserglas. »Nun, Jerry schloß sich den Leuten an, und ich setzte mich ab. Ich nahm an, ich hätte ihn zum letzten Mal gesehen, und daß ich nun wieder zu Mr. Wilson zurückkehren könnte. Statt dessen traf ich eine alte Dame und ihre Tochter. Sie wohnten in einem kleinen Haus inmitten einer Mandelplantage, und sie hatten keine Waffen. Keiner hatte sie belästigt, weil sie weitab von der Straße wohnten, und seit dem Hammerfall waren sie nicht mehr ausgegangen. Das Mädchen war siebzehn und in keiner guten Verfassung. Sie hatte schlimmes Fieber, wahrscheinlich vom Wasser. Ich habe mich um sie gekümmert«,
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