Luzifers Hammer
daß alle Kommunalbehörden voll besetzt sein werden und daß auch ich auf dem Posten sein werde – hier, oder besser gesagt, dort drüben«, setzte er hinzu und zeigte auf das pompöse Büro. »Und ich erwarte, daß all meine Führungskräfte ein Beispiel geben. Wahrscheinlich werde ich auch sagen, daß ich einen Farbfernseher laufen lassen werde, denn ich will verdammt sein, wenn ich mir eine solche Show entgehen lasse.«
»Dienst wie gewöhnlich bei gelockertem Betrieb für eine leichte Show«, sagte Harvey.
Der Bürgermeister nickte. »Natürlich.« Sein Gesicht wurde ernst. »Privat bin ich ein wenig besorgt. Zu viele Leute sind im Aufbruch begriffen. Wissen Sie, daß bereits fast alle Anhänger und Wohnwagen in der Stadt vermietet sind? Alles in einer Woche. Und wir haben eine Menge Urlaubsgesuche von der Polizei und von der Feuerwehr vorliegen. Sie werden natürlich nicht genehmigt. Für diesen Tag herrscht absolute Urlaubssperre.«
»Haben Sie Angst vor Plünderung?«
»Nicht so sehr, um es öffentlich zu bekennen. Doch ja«, sagte Bürgermeister Allen. »Plünderung oder Diebstahl in all den Häusern, die bereits leer stehen oder leer stehen werden. Doch wir werden’s schon hinkriegen. Wenn Ihre Leute da draußen fertig sind, gehen wir besser zu ihnen. In einer halben Stunde habe ich eine Besprechung mit dem Leiter der Bürgerwehr.«
Sie erhoben sich und gingen ins andere Büro hinüber.
Der Verkehr auf Beverly Glenn war erträglich, viel zu dünn für einen Donnerstagabend. Harvey fuhr mit einem breiten Grinsen dahin. Ich habe eine pfundige Story, dachte er, ich habe eine Story, selbst wenn das alles war, was ich heute in den Kasten kriege. Es glauben nicht nur Millionen an den Weltuntergang, Millionen hoffen , daß die Welt untergeht. Ihr Verhalten beweist es. Sie hassen ihre Arbeit und haben eine nostalgische Sehnsucht nach dem »einfachen« Leben. Natürlich möchte keiner freiwillig Bauer werden oder in einer Kommune leben, doch wenn sie alle müssen …
Es war nicht unbedingt sinnvoll, aber manchmal verhielten sich die Leute eben merkwürdig. Harvey Randall störte das überhaupt nicht.
Und es sollte nachher noch eine große Story geben, an dem Tag nämlich, der auf jenen folgte, an dem die Welt nicht unterging. Der Tag nach dem Weltuntergang , das wäre ein guter Buchtitel, dachte Harvey. Wahrscheinlich wird es Tausende von Schriftstellern geben, die sich darum raufen werden, ihr Buch in Druck zu bekommen, Bücher wie Der Tag, an dem die Welt nicht unterging (nicht so gut wie sein Titel). Dazu kamen noch die Rundfunkstationen, die rund um die Uhr religiöse Lieder über die Katastrophe verbreiteten, und die Weltuntergangsprediger, die sich überall im Lande breitmachten.
Da waren auch die ›Comet Wardens‹, eine südkalifornische Sekte, die in weißen Gewändern herumlief und den Kometen wegbetete. Die Mitglieder hatten so manche Show abgezogen, um Publicity zu erringen, und mehr als die Hälfte ihrer Führer waren ausgezogen, um den Verkehr zu blockieren oder bei der Fernsehübertragung von Baseballspielen aufzutreten. Das wurde unterbunden. Ein Richter hatte verfügt, daß bis zum nächsten Mittwoch nichts mehr an die Öffentlichkeit gelangen durfte … Himmel, ich könnte ein Buch schreiben, dachte Harvey. Eigentlich sollte ich sogar. Ich habe zwar nie den Ehrgeiz gehabt, aber ich kann schreiben und ich habe die Recherchen gemacht.
Ich bin den anderen meilenweit voraus. Der Tag nach dem Tag, an dem die Welt nicht unterging. Nein. Das ist nicht gut. Zu lang für ein Buch. Ich konnte es Hammer-Fieber nennen. Und natürlich würde es eine Menge Publicity geben, denn hinterher würden wir sowieso eine Sendung machen.
Vielleicht könnte ich damit sogar Geld verdienen. Eine Menge Geld sogar. Genug, um all die Rechnungen zu bezahlen und das Geld für die Knabenschule in Harvard aufzubringen … und …
Hammer-Fieber . Das gefällt mir.
Da gab es nur ein Problem. Es war Wirklichkeit, so wirklich wie ein Krieg, der seine Schatten vorauswirft.
Das ließ sich überall feststellen. Kaffee, Tee, Mehl, Zucker, alles, was sich horten ließ, wurde knapp. Tiefgefrorene Lebensmittel waren ausverkauft. Die Kaufhäuser meldeten einen Run auf Regenbekleidung (und das in Südkalifornien, wo der nächste Regen erst im November bevorstand!). Freizeit- und Straßenkleidung war kaum zu haben, auch Wanderstiefel waren knapp. Und kein Mensch kaufte Anzüge, weiße Hemden oder Krawatten.
Auch Waffen
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