Luzifers Heiliger (Die Londoner Drakulia Vampire #2) (German Edition)
besser, wenn Sie das nicht täten. Denken“, fügte er als Erklärung hinzu, ein Appell, der sich an sie, aber auch an ihn selbst richtete. Denn, als sie schnaubte und sich umdrehte, um ihm ihren Rücken darzubieten, zitterten ihm die Hände, denen er soeben die Handschuhe abgestreift hatte.
Es war vielleicht nicht die intelligenteste Entscheidung, die er je getroffen hatte, aber diese ganze Farce hatte schon vor sechs Jahren mit einer törichten Entscheidung begonnen, als er zugestimmt hatte, Vormund für Chas Woodmores Schwestern zu sein. Das war gewesen, bevor er eine von Ihnen getroffen oder zu Gesicht bekommen hatte.
Nicht, dass er Chas Woodmore die Bitte abgeschlagen hätte, so oder so. Besonders, wenn er sie gesehen hätte. Denn Dimitri tat immer das Richtige. Er tat, was die Ehre verlangte, trotz der brennenden Erinnerung seines Teufelsmals, dort an seiner Schulter.
Miss Woodmores Haut war warm.
Es war nicht, dass er sie direkt berührte, aber er konnte sie durch den dünnen Stoff spüren. Und vielleicht strich auch eine Fingerspitze über diese seidige Glätte, als er den obersten Knopf an ihrem Hals zuknöpfte. Womöglich hatte auch ein Finger die sanfte Kurve dort an ihrer Schulter berührt. Ganz und gar nicht wie seine, über die sich Luzifers Zeichen wie ein Wurzelwerk aus verknoteten, vernarbten Wurzeln spannte, hie und da von Härchen besetzt.
Er war schnell, seine Finger geschickt, und die Zähne waren ihm so lang, dass sein Gaumen wehtat, füllten seinen gesamten Mund aus. Ihr Duft, die sanfte Berührung von ihrem Haar dort hinten an ihrem Nacken, die Wärme, die ihre Haut verströmte, und die Bestätigung, dass sie kein Korsett trug, ließen ihm rot vor Augen werden.
Er musste sich nicht daran erinnern, wer sie war: sein Mündel, das er geschworen hatte zu beschützen. Eine Sterbliche. Eine Göre, die ihn aus unerfindlichen Gründen zur Weißglut trieb. Eine junge Frau, die sich auf ihre Vermählung mit einem respektablen Gentleman vorbereitete. Die Schwester von einem seiner Freunde.
Nein, es war nicht, wer sie war oder wer sie nicht war, denn wenn Dimitri sie – oder irgendjemanden – gewollt hätte, würde er sie kriegen. Er würde sie einlullen und sie verführen und sie langsam hineingleiten lassen. So einfach war das, und verflucht sei jeder, der sich ihm in den Weg stellte.
Aber er wollte nicht. Nichts. Und. Niemanden.
All das hatte er schon vor Jahrzehnten aufgegeben. Er war eine Insel.
Und das würde er bleiben, bis er einen Weg fand, um wieder das zu werden, was er einmal gewesen war. Oder bis er starb.
Sobald Dimitri fertig war, nahm er rasch seine Hände von ihr und zog sich in die hinterste Ecke seines Sitzes zurück, und dort verfluchte er Voss aufs Neue, für alles, was ihm nur in den Sinn kam: die Entführung Angelicas, für das, was er ihr in der Zwischenzeit angetan haben mochte, und dafür, sich ein Versteck so weit entfernt von Blackmont Hall auszusuchen, dass die Fahrt eine Ewigkeit zu dauern schien.
„Werden Sie mir erzählen, was hier gerade geschieht?“, fragte Miss Woodmore ihn jetzt mit lauter Stimme. Anscheinend galt für sie: richtig bekleidet, gut bewaffnet.
„Ich bin nicht sicher, ob ich weiß, was Sie meinen.“ Selbst in seinen Ohren klang Dimitri gelangweilt, und er wurde damit belohnt, dass seine Begleiterin sich kerzengerade aufsetzte und vor Empörung und Zorn fast zitterte. Ihre Augen sprühten Funken, sie fauchten geradezu, und sie war nicht einmal eine Drakule.
„Das wissen Sie sehr wohl, Mylord. Denn dumm sind Sie wahrlich nicht. Waren das gestern Abend auf dem Ball wirklich Vampyre ?“
Verflucht und verdammt und Luzifers Haupt auf einem Pfahl. Hatte das Personal etwa geplaudert? Natürlich waren sie im Bilde über ihren Herrn und dessen Lebenswandel, aber sie wurden gut dafür bezahlt, den Mund zu halten – ganz besonders, wenn Mirabella in der Nähe war, die keine Ahnung von ihrer Vorgeschichte mit den Drakule hatte. Als er sie aufnahm, war sie noch zu klein gewesen, sich an irgendetwas zu erinnern. Oder war Iliana eine Information entwischt?
Dimitri machte eine ungeduldige Handbewegung. „Wenn Sie es unbedingt wissen müssen, ja. Ich beantworte Ihnen Ihre Frage am besten gleich, sonst geben Sie nie Ruhe.“
Miss Woodmore schnappte deutlich hörbar nach Luft und sank wieder zurück in ihren Sitz. Anscheinend hatte sie nicht mit einer derart offenen Antwort gerechnet. „ Vampyre? Es gibt sie wirklich?
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