Luzifers Kathedrale
gar aus diesem Traum herausgerissen worden.
Selbstverständlich nutzte ich die Gunst des Augenblicks. Ich bewegte mich an den letzten Bänken entlang und hatte sehr bald den Ort des Geschehens erreicht.
Ich schaute in fremde Gesichter, kümmerte mich nicht um Bill und den Schäfer, hörte aber die Stimme meines Freundes, der sich beschwerte.
»Du hast uns verdammt lange warten lassen.«
»Ja, ich mache es immer spannend.«
Die Mündung der Beretta zeigte auf den Anführer, dessen Gesicht aussah, als würde er auf einer Zitrone kauen. Er wusste, dass er verloren hatte, zumindest für den Moment, und so konnte ich mir die Zeit nehmen, das Kreuz aus der Tasche zu ziehen.
Da bewegte sich der Mann mit dem heißen Stacheldraht. Er wähnte mich wohl abgelenkt und sprang auf mich zu. Den Draht hielt er so, dass er ihn mir um den Hals wickeln konnte.
Ich schoss.
Plötzlich schrie der Schmied auf. Die Kugel hatte ihn in der rechten Schulter erwischt. Er lief keinen Schritt mehr weiter, sackte zusammen, aber das Brüllen blieb. Es lag nicht allein an der Kugel. Durch sie hatte er den Überblick verloren, seine Hände zu hektisch bewegt und sich den glühenden Draht über die Stirn gezogen. Er taumelte weg und warf sich dann in eine Bank hinein.
»Keine Bewegung!«, warnte ich. »Die zweite Kugel ist tödlich!«
Bill meldete sich vom Boden her. »Der Typ vor dir, John, heißt Plummer. Er hält sich für den Größten. Ich meine, dass du ihm den Zahn ziehen solltest.«
»Werde ich.«
Plummer wusste nicht, wohin er schauen sollte. Da gab es die Waffe, aber da war auch noch das Kreuz, das ich ihm entgegenhielt. Sein Blick pendelte zwischen beidem hin und her.
»Sie sind hier der Chef, Plummer?«
»Nein, das ist er nicht!«, rief Bill vom Boden her. »Da steckt noch ein anderer dahinter. Das hier ist eine uralte Geschichte. Die Hundesöhne wollen Luzifer’s Kathedrale wieder zu einer normalen Kirche machen. Angeblich. Da müssen sie zuvor eine alte Schuld ihrer Vorfahren begleichen. Das glauben sie durch Menschenopfer schaffen zu können.«
Ich musste schlucken, als ich das hörte. »Sind Sie irre?«, flüsterte ich Plummer zu.
»Es ist so. Es gibt keinen anderen Weg!«
»Und Sie stehen zu diesem verdammten Geist. Haben sich ihm verschworen, denke ich.«
»Ja.«
»Das ist jetzt vorbei, Plummer. Hier wird nicht mehr getötet, und für diesen einen Mord an Ian Warren werden Sie sich verantworten müssen. Ihr verfluchtes Spiel ist aus. Wer immer auf Ihrer Seite steht, wem immer Sie vertrauen, er wird Ihnen im Knast nicht helfen können.«
Plummer kochte innerlich, das sah ich ihm an. Die Hitze aus dem Becken schien ihn ebenfalls zum Glühen gebracht zu haben. Für mich war Plummers Endstation erreicht, aber mein Freund Bill warnte mich noch. »John, du musst daran denken, dass es noch jemanden gibt, der hinter ihm steht.«
»Ich weiß. Aber zuerst soll man euch die Fesseln lösen. Aber schnell!«, schrie ich.
Zwei Männer setzten sich in Bewegung, während ich Plummer in Schach hielt. Ich schaute gar nicht zu Bill und dem Schäfer hin, aber die Zeit wurde mir allmählich lang. Hier lauerte tatsächlich etwas. Mein Kreuz erwärmte sich immer mehr, und so musste ich davon ausgehen, dass sich das andere auf dem Weg befand.
Licht huschte über das Kreuz hinweg. Plummer sah es und fing leise an zu wimmern. Er konnte damit nichts anfangen, aber er spürte wohl, dass seine Felle wegschwammen.
Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, dass die beiden Gefangenen frei waren und sich aufrichteten.
»Geht aus dem Weg!«
Bill wollte erst nicht. Er warnte mich noch. »Pass auf, Plummer muss noch meine Waffe haben.«
»Okay, danke.«
Bill und Julian zogen sich zurück. Ich rechnete nicht damit, dass sie die Kathedrale verlassen würden. Dafür war Bill Conolly viel zu neugierig.
Aber etwas anderes passierte, die Wand, vor der mal ein Altar gestanden hatte, veränderte sich. Zuerst tanzten Schatten darüber hinweg. Wenig später gaben sie sich selbst eine Form, und ich sah eine bleiche Gestalt.
»Das ist er!«, schrie Julian McBell aus dem Hintergrund. »Das ist die verdammte Gestalt, die auch ich gesehen habe. Scheiße, jetzt ist es aus!«
Plummer hatte sie ebenfalls gesehen. Irre lachte er auf. Er kümmerte sich nicht um meine Waffe. Er begann zu schreien und zu tanzen. Er jubelte seinem dämonischen Chef zu und zerrte plötzlich seine Beutewaffe hervor.
Ich war schneller.
Die geweihte Silberkugel traf ihn in der Drehung.
Weitere Kostenlose Bücher