Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
Vom Netzwerk:
erhob. Myles hatte darauf verzichtet, die Lampe anzuzünden. Der Mond zeigte ihnen den Weg, der rasch schmaler wurde und sich dann zwischen Moortümpeln und dornigem Gebüsch aufwärts wand.
     
    Im Osten begannen die tiefschwarzen Wolken bereits an Farbe zu verlieren, als Murrough beidrehen und die Segel reffen ließ. Aufgeregt drängten sich die Vamalia an die Reling und versuchten, so viel wie möglich von der Felsküste zu erkennen. Da trat der Mond zwischen den Wolken hervor und beleuchtete eine Landschaft, wie sie sich Alisa nicht einmal in ihren Träumen hätte ausmalen können. Sie sah nicht nur eine Felsklippe, die Hunderte Schritte schroff in den Himmel stieg. Dies war ein Bauwerk aus schwarzen und rötlichen Steinen, zu sechs- oder achtseitigen Säulen geformt, mal höher mal niedriger, wie die Pfeifen einer Orgel aneinandergeschmiegt, um gemeinsam das Konzert der Sinne zum Klingen zu bringen.
    »Das ist ja unglaublich!«, stieß Alisa mit einem Keuchen aus. »Wer hat solch ein Wunder erbaut?«
    »Ich denke, die alten Kelten waren es nicht«, vermutete Franz Leopold, dessen gelangweilter Tonfall ein wenig misslang. »Auch wenn man ihnen viel wundersame Magie nachsagt.«
    Zum ersten Mal erhellte ein Lächeln die Miene des Bootsführers. Murrough trat zu ihnen und überließ es seinen Männern, den Untiefen auszuweichen, die ihnen offensichtlich vertraut waren.
    »Oh ja, wundersame Magie muss im Spiel gewesen sein, als Giant’s Causeway - der Damm der Riesen - erbaut wurde. Finn MacCumhal war ein Held und ein stattlicher Krieger. Ob er tatsächlich ein Riese war, mag ich nicht zu beurteilen. Vielleicht haben ihn die Erzählungen späterer Jahrhunderte erst zu einem gemacht. Er war ein Zeitgenosse Cormac MacArts, König und Anführer der edlen Kriegerkaste der Fianna im dritten Jahrhundert. Sein Rivale war der schottische Benandonner. Ebenfalls ein großer Kriegsmann.«
    »Ich ahne es«, fiel ihm Franz Leopold ins Wort. »Die beiden Helden wollten ihre Kräfte messen und herausfinden, wer der Stärkere ist.«
    Alisa duckte sich ein wenig und warf Murrough einen Blick zu, doch der lachte nur und ließ seine auffällig guten Zähne sehen.  »Ja, das hast du richtig erfasst. Da es aber kein Boot gab, das stabil genug war, den mächtigen Finn MacCumhal nach Schottland zu bringen, begann er damit, eine Landbrücke zu bauen.«
    Tammo besah sich kritisch den Küstenstreifen. »Na, weit nach Schottland hinübergekommen ist er nicht.«
    »Dennoch ist, was wir hier noch sehen, recht beeindruckend für das Werk eines Mannes, selbst wenn er ein Riese war«, gab Alisa zu bedenken.
    »Was ihr hier entlang der Küste erkennen könnt, ist nur der Rest des Dammes, der noch übrig ist«, stellte Murrough richtig. »Hört zu. Die Geschichte geht noch weiter. Während er so an seinem Damm arbeitete, hörte Finn MacCumhal, Benandonner sei bereits auf dem Weg nach Irland. Da eilte er nach Hause, ließ sich von seiner Frau in das Kleid eines Säuglings stecken und legte sich in eine Wiege. Als Benandonner kurz darauf eintraf, erklärte ihm die Frau, hier sehe er Finns Sohn. Der Schotte bekam einen riesigen Schreck. Wie groß musste dann erst Finn MacCumhal selbst sein? Er floh über den Damm nach Schottland zurück und zerschmetterte das Bauwerk hinter sich.«
    Die Vampire aus Hamburg sahen einander an und begannen dann zu lachen.
    In diesem Moment drehte sich Murrough um und deutete nach vorn. »Seht! Dort ist es: Dunluce Castle, die Hauptfestung der Lycana.«
    Alisa hielt den Atem an. Sie wusste nicht, was sie erwartet hatte, doch dieser Anblick hätte in jedem Fall alle Erwartungen übertroffen. Die Küste war hier in Buchten gegliedert, die von weit ins Meer vorspringenden Spornen unterteilt wurden. Oben flach und grasig, brach die Kante unvermittelt ab, um lotrecht mehr als dreißig Meter in die Tiefe zu stürzen. Und auf einer dieser schwarzen Klippen - nur durch eine Zugbrücke mit dem Festland und der Vorburg verbunden, thronte Dunluce Castle. Die schwarz gefleckten Steine wuchsen direkt aus den Felsen, fügten sich zu Mauern und Giebeln und zu zwei wehrhaften  Rundtürmen. Hinter dem Burgfelsen wechselten die Klippen unvermittelt ihre Farbe und schimmerten weiß im Mondlicht. Alisa konnte sich gar nicht sattsehen.
    »Sieh dir dieses alte Gemäuer an. Es ist ja eine halbe Ruine!«, beschwerte sich Anna Christina.
    »Wenigstens müssen wir nicht wieder wie Ratten in Gängen unter der Erde hausen«, sagte Karl

Weitere Kostenlose Bücher