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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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war. Die Sonne hat sie getroffen.
    Die Druidin sank auf die Knie und barg ihr Gesicht in den Händen. Es war viele Jahre her, dass Seymour sie das letzte Mal die Fassung hatte verlieren sehen. Beruhigend leckte er über ihre Hände.
    Fasse dich. Sie ruht jetzt unter dieser Steinplatte, bis der Abend kommt.
    Der Kopf der Druidin ruckte, die Hände sanken herab. »Hat sie versucht, sich zurückzuwandeln?«
    Nein, sie hat bei ihrem Sturz das Bewusstsein verloren. Als ich sie unter den Stein bettete, regte sie sich. Sie ist zu klug, es in diesem Zustand zu versuchen.
    »Hoffen wir es, denn sonst wird sie wie Áine enden, für die ich keine Hoffnung mehr hege.«
    Sie schwiegen. Obwohl Seymour Ivy versprochen hatte, über Tag die Spur weiterzuverfolgen, rührte er sich nicht von Taras  Seite, die mit geschlossenen Augen dasaß und in einen leisen Singsang verfallen war. Sprach sie wieder mit den alten Göttern?
    Kein Gott auf dieser Welt würde einem Vampir helfen!, dachte Seymour bitter, doch er störte sie nicht.
     

DIE GESCHICHTE DES CLOCH ADHAIR
    Die Sonne sank im Westen herab und näherte sich dem Horizont. Die Druidin saß noch immer neben Seymour, während ihre beiden Wölfe zu ihren Füßen lagen. Beide hatten ihren Blick starr auf den nun nicht mehr blendenden roten Ball gerichtet, der mit dem Grat der gegenüberliegenden Bergkette zu verschmelzen schien. Goldenes Licht rann wie glühende Lava die Berghänge herab und erlosch. Der Moment, den sie sehnsüchtig und mit noch mehr Furcht erwartet hatten, war gekommen. Tara erhob sich steif. Seymour stellte sich an ihre Seite. Ihre Hand tastete Hilfe suchend nach seiner tröstlichen Wärme. Die Augenblicke dehnten sich zur Ewigkeit. Die Sonne war untergegangen, doch noch rührte sich nichts in der kleinen Erdhöhle unter dem Hünengrab.
    Sollen wir die Platte beseiteschieben?
    »Kannst du ihren Geist erreichen?«, fragte die Druidin kaum hörbar.
    Seymour streckte zaghaft seine Gedanken aus. Ihre Präsenz kam so plötzlich über ihn und war so überwältigend, dass er zurücktaumelte.
    Es ist verflucht eng hier drin! Hättest du nicht etwas Größeres suchen können?
    Die Steinplatte erbebte. Ein zweiter Stoß brachte sie ins Wanken. Sie richtete sich träge auf, verharrte einen Moment in senkrechter Stellung und fiel dann mit einem dumpfen Dröhnen zu Boden. Seymour und die Druidin mussten zurückspringen, um ihre Füße in Sicherheit zu bringen.
    Ivy krabbelte aus dem Erdloch, richtete sich auf und klopfte sich die Erde aus dem Gewand. »Was starrt ihr mich so an? Gehen wir! Sie haben schon viel zu viel Vorsprung.«
    Da stand sie, strahlend schön wie der Vollmond. Schimmernd  fielen ihr die silbrigen Locken über den Rücken herab. Ihre Haut war fast durchsichtig wie Perlmutt und unversehrt. In den türkisfarbenen Augen blitzte der Tatendrang. Tara ließ einen Aufschrei hören und zog Ivy in einer ungewohnten Geste an ihre Brust. Seymour drückte sich an ihre Beine.
    »Es ist alles gut«, versuchte Ivy leichthin zu versichern, doch auch ihre Stimme klang belegt. »Kommt, lasst uns gehen. Die Spuren verblassen mit jeder Stunde, die wir ungenutzt verstreichen lassen.«
    Seymour rieb den Kopf an ihrem Schenkel, doch dann biss er ihr plötzlich in die Hand.
    »Au! Was soll das? Wie kannst du nur? Sieh, es blutet!« Ivy steckte sich die aufgerissenen Finger in den Mund und warf dem Wolf einen vorwurfsvollen Blick zu.
    Tu so etwas nie wieder! Meine Aufgabe ist es, dich zu beschützen. Wie soll ich ihr gerecht werden, wenn du nicht auf mich hörst? Du weißt, wie knapp du entkommen bist!
    »Ja«, gab Ivy kleinlaut zu. »Und es wäre mit mir vorbei gewesen, wenn du mich nicht geholt und in die Höhle gebracht hättest. Ich besaß nicht mehr die Kraft dazu. Danke!« Sie sah ihm einen Augenblick in die Augen, dann wandte sie sich ab. »Wir müssen los. Wirst du mit uns über den Grat steigen?«
    »Ich werde mit Álainn den Weg über den Maumeenpass nehmen und dann wieder zu euch stoßen. Nimm Ciallmhar mit und schicke ihn mir, wenn ihr den Berg überquert habt. Wenn wir wissen, welche Richtung sie einschlagen, kehren wir nach Aughnanure zurück.« Sie sah den Widerstand in Ivys Augen auf blitzen, doch die Druidin ließ sich nicht beirren.
    »Wir müssen ihnen sagen, was geschehen ist! Willst du, dass sie in Gefahr geraten, weil sie nicht ahnen, dass wir unsere Mission nicht erfüllt haben? Eine kriegerische Aktion seitens der Werwölfe ist wahrscheinlicher denn

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