Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
Vom Netzwerk:
unseren Verwandlungen fortfahren. Noch haben es nur wenige geschafft, die Gestalt eines Wolfes anzunehmen, von schwierigeren Formwechseln ganz zu schweigen.« Donnchadh sah in die Runde.
    »Müssen wir wieder die ganze Nacht hierbleiben?«, fragte Tammo.
    »Ja, es wäre viel schöner, draußen zu üben«, pflichtete ihm Ireen bei.
    »Es ist unerträglich, in diesem Turm eingesperrt zu sein!«, fügte nun auch Anna Christina hinzu.
    »Wir waren ja gar nicht nur im Turm, sondern auch im Hof«, korrigierte Malcolm, der aber ebenfalls dafür stimmte, Aughnanure für ein paar Stunden zu verlassen. Keiner der Erben wollte wieder die ganze Nacht im Schutz der Burgmauern zubringen.
    Donnchadh warf Catriona einen Blick zu, dann nickte er. »Gut, wir werden zum Friedhof von Oughterard gehen. Dort können wir ungestört arbeiten, und die anderen haben die Möglichkeit, abwechselnd auf die Jagd zu gehen, während ihr euch an eure Übungen macht.«
    Es kamen alle mit, die sie seit Dunluce begleitet hatten. Nur die Bewohner von Aughnanure entschieden, die Nacht lieber unter sich zu bleiben und ein Dorf im Süden des Lough aufzusuchen.
    Donnchadh und Catriona führten ihre Schützlinge zum Ufer hinunter und folgten dann einem schmalen Pfad am Wasser entlang, bis sie auf die Fischerboote des Dorfes stießen. Schon jetzt sahen sie im Westen den Turm der halb zerfallenen Friedhofskirche aufragen. Die schmiedeeiserne Tür hing ein wenig schief in ihren verrosteten Angeln und kreischte, als Donnchadh sie aufstieß. Der Führer der Lycana ließ es zu, dass sich die jungen Vampire erst einmal auf dem erstaunlich weitläufigen Friedhof umsahen.
    In einer Ecke waren offensichtlich die Gräber der Bergleute und der vielen Armen, die für eine Handvoll Münzen mit dem Hammer das Erz aus dem Marmor schlugen. Es gab auch sehr alte Gräber, ein paar mit reich verzierten Grabplatten, aber noch mehr nur mit einfachen Steinen oder Kreuzen. Die wertvollsten Gräber schienen entweder nah der Kirche oder gar im Boden des Kirchenschiffs eingelassen, wobei sie ausgehoben worden sein mussten, nachdem die Kirche dem Zerfall preisgegeben worden war.
    Franz Leopold fiel auf, dass die Lycana und auch die meisten der Servienten, die mit den Erben gekommen waren, die Kirche mieden. Sie blieben lieber außerhalb der Mauern, während Alisa, Luciano und er durch das nun dachlose Kirchenschiff schlenderten und die Grabplatten betrachteten. Ohne recht darüber nachzudenken, wappnete sich der Dracas bereits bei den ersten Anzeichen von Unruhe und formte aus seinen Abwehrkräften einen Schild, der ihn vor dem Schmerz und dem Trüben der Sinne bewahrte, die die Nähe von kirchlichen Gegenständen und Schutzsprüchen zur Folge hatte. Auch Alisa an seiner Seite verriet keine Anzeichen von Unwohlsein und beugte sich neugierig zu manchem Segensspruch hinab. Wider Willen musste er Conte Claudio und dem Clan der Nosferas Respekt zollen. Sie hatten das vergangene Jahr gut genutzt, die Erben gegen die Kirchenmagie zu schützen, und die Vampirjäger aller Länder damit einer ihrer wirksamsten Waffen beraubt.
    Franz Leopold strich über die Figur eines kleinen Schutzengels, der den Toten in seinem Grab vor den Wesen der Nacht beschützen sollte, und fühlte den zu einem Kribbeln abgeschwächten  Zauber auf seiner Haut. Der Dracas lächelte breit. Und nun lernte er auch noch, sich Tiere zu unterwerfen und sich ihrer Gestalt zu bedienen.
    Alisa und Luciano verließen die Kirchenruine und schlenderten weiter zwischen den Gräbern umher. Mit etwas Abstand folgten ihnen Matthias und Francesco. Hindrik hatte die Überwachung von Tammo und - zu seinem Leidwesen - der beiden Pyras übernommen. In der Ecke des Friedhofs, die am weitesten vom Dorf entfernt war, entdeckten sie eine große Anzahl von Gräbern, die alle innerhalb weniger Jahre entstanden sein mussten. Sie waren schlicht, ja zum Teil muteten sie wie Massengräber an. Nur wenige hatten Steine mit Namen und Jahreszahlen. Franz Leopold beugte sich vor, um sie zu entziffern.
    »Sie scheinen alle in den Jahren 1846 bis 1848 gestorben zu sein.«
    »Meint ihr, das sind die Opfer der Aufstände, von denen uns Áine erzählt hat?«, fragte Alisa.
    »Nein, sie sind keine Kinder der Revolution, obgleich man sie durchaus zu den Opfern der Unterdrückung zählen kann«, sagte Ainmire, der Malcolm und Ireen zu ihnen führte. »Es sind die Opfer der großen Hungersnot. Es war das Jahr 1845, als die Kartoffeln in der Erde verfaulten, und

Weitere Kostenlose Bücher