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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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auch im folgenden Jahr vernichtete diese Krankheit die Ernte. Es kam zu einer Hungersnot, wie sie Irland noch nicht erlebt hatte. Die Menschen starben zu vielen Tausenden an Erschöpfung oder an Krankheiten wie Cholera, die sich rasch ausbreiteten. Ganze Dörfer verwaisten, und wir hatten über Jahre jede Nacht lange Wege, um gesundes Blut zu finden.«
    Malcolm steuerte auf Alisa zu und nahm wie selbstverständlich den Platz an ihrer Seite ein. Er legte die Hand auf ihren Arm und sie lächelte ihm zu.
    Franz Leopold fühlte eine Welle von Zorn in sich aufsteigen und das Bedürfnis, seinen Arm wegzustoßen oder noch besser dem eingebildeten Vyrad ins Gesicht zu schlagen. Was drängte er sich ihnen ständig auf? Doch Alisa hatte nichts dagegen. Ihre  offensichtliche Freude war geradezu widerlich! Ja, er konnte fast trunkene Erregung spüren. Franz Leopold zwang sich, seine Gedanken von ihrem Geist zu lösen. Er war enttäuscht, dass er nun nicht mit ihr zusammen üben würde.
    Nein, enttäuscht war ein zu starkes Wort. Ihm lag natürlich nichts an Alisa. Einer Vamalia! Es war nur angenehm, mit jemandem nicht ganz so ungeschickten oder einfältigen zusammenzuarbeiten. Daher kam eine Übung mit Luciano natürlich nicht infrage! Außerdem rief Ainmire den Nosferas zu sich, um ihm zu helfen, seine Schwierigkeiten bei der Wandlung zu überwinden. So blieb nur das kleine Londoner Mädchen - Ireen. Franz Leopold betrachtete sie verächtlich. Sie war klein für ihre fünfzehn Jahre, ihr Körperbau noch zu kindlich. Die vorstehenden Zähne und die Sommersprossen unterstrichen ihre Unscheinbarkeit noch. Allerdings war der stets ängstliche Ausdruck, mit dem sie wie ein Geist durch die Domus Aurea in Rom gehuscht war, verschwunden, wie Franz Leopold plötzlich mit Erstaunen feststellte. Sie traute sich, ihm in die Augen zu sehen.
    Franz Leopold hob die Brauen. Der blasierte Blick, den er so gut beherrschte, sollte ausreichen, der Vyrad zu zeigen, wo ihr Platz war, doch sie zuckte mit keiner Wimper.
    »Nun, fangen wir an? Willst du zuerst? Ich helfe dir mit meinen Kräften.«
    Franz Leopold nickte gnädig. Eigentlich konnte er darauf verzichten. Was konnte dieses klägliche Wesen schon an Energie sammeln, um ihn zu unterstützen? Er brauchte Ireen nicht. Im Moor war er mit dem Wechsel schon gut alleine zurechtgekommen, und hier gab es bestimmt auch genug Kraftströme im Untergrund, derer er sich bedienen konnte. Ein Stück weiter hatte Alisa bereits die Gestalt ihres Wolfes angenommen. Franz Leopold wandte den Blick ab und richtete ihn auf sein Inneres. Noch reichten seine Kräfte nicht aus. Sein Geist tastete nach den Strömen der Gesteine im Untergrund. Da schoss ein Energiestrahl durch ihn hindurch, der ihn überrascht die Augen aufreißen ließ. Er brauchte einige Momente, ehe er begriff, dass er von Ireen stammte. Sie sah ihn fragend an.
    Franz Leopold war so verblüfft, dass er nur zurückstarren konnte. Wer hätte das gedacht! Er fasste sich rasch und schon kreisten die Nebel und er trat als Wolf aus ihnen hervor. Es wunderte ihn nun nicht mehr, dass Ireen mit seiner Unterstützung keine Schwierigkeiten hatte, seinem Beispiel zu folgen. Sie nahm sogar so wenig seiner Energie in Anspruch, dass er sich fragte, ob sie es nicht auch alleine geschafft hätte. Ihr Vetter Malcolm dagegen entzog Alisa all ihre Kraft, was er schon allein an ihrem verzerrten Gesicht ablesen konnte. Franz Leopold sah zu Luciano hinüber, der sich unter Ainmires Anweisungen abmühte und kurz darauf tatsächlich in Wolfsgestalt dastand. Er wirkte weniger räudig als bei seinem ersten Versuch im Moor. Vielleicht war er ja doch kein hoffnungsloser Fall. Franz Leopold und Ireen wandelten sich noch einmal mit gegenseitiger Hilfe, dann versuchten sie es alleine und waren zu ihrer Freude erfolgreich.
    »Ich denke, das reicht für heute«, sagte Franz Leopold mit einem Seitenblick auf Ainmire, der sich ganz auf Luciano konzentrierte. Er wollte vorschlagen, dass sie jeder alleine noch ein wenig trainieren konnten, doch Ireen war schneller, nickte ihm zu und zog sich dann in einen anderen Teil des Friedhofs zurück. Das war Franz Leopold nur recht. Sein scharfes Gehör hatte nämlich einen Wolf vernommen, dessen Ruf ihm bekannt vorkam. Er näherte sich von Norden her!
    Unauffällig tauchte Franz Leopold hinter den Grabsteinen unter und huschte zu dem Eingang, der dem Dorf am nächsten lag. Er erhaschte einen Schimmer von weißem Fell und dann einen silbernen

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