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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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fernhalten? Ihr fiel nichts ein. Vermutlich, weil es keine Möglichkeit gab. Kalte Angst schwappte über sie hinweg. Ivy schloss die Augen und rührte sich nicht.
    »Geht es dir so schlecht?«
    Hier drinnen war es dunkel. Vielleicht würde sie es nicht sehen?
    »Was ist denn das?«
    Alisa war nun so nah, dass sie ihren Atem kühl über ihre von Asche geschwärzte Wange streichen spürte.
    »Das ist unmöglich! Warte hier, ich muss eine Lampe holen.«
    Tue es nicht!, flehte Ivy tonlos, und doch gab es in ihrem Innern einen winzigen Teil, der hoffte, dass die Lügen nun ein Ende fänden. Dies waren vielleicht die letzten Augenblicke, da sie ihr Geheimnis nur mit Seymour und Tara und den Lycana teilte.
    Viel zu schnell kehrte Alisa zurück. Ivy spürte die Wärme der kleinen Flamme und öffnete die Augen. Alisa, die sonst nie um Worte verlegen war, starrte sie mit offenem Mund an. Ihre Hand zitterte, als sie die Finger ausstreckte und den Ruß auf Ivys unversehrter Schulter ein wenig verrieb. Dann bückte sie sich und hob eine der Haarsträhnen auf, die Ivy abgeschnitten hatte.
    »Bei den Dämonen der Nacht. Die Haarsträhne! Nun wird mir alles klar. Du hast es schon einmal getan, nicht wahr? Die Haarsträhne, die Leo dir abgeschnitten hat - damit niemand es bemerkt! Aber Ivy, warum?«
    »Um auf die Akademie gehen zu können. Um von den anderen zu lernen und stärker zu werden!«, sagte sie kaum hörbar. »Das war die einzige Möglichkeit. Du weißt, dass sie nur Erben reinen Blutes aufnehmen!«
    »Ja, schon«, Alisa zögerte. »Vielleicht hätten sie eine Ausnahme gemacht?«
    »Glaubst du das?«
    Alisa schüttelte den Kopf. »Nein, eigentlich nicht.«
    »Und jetzt ist alles vorbei«, hauchte Ivy.
    »Nein!«, rief Alisa energisch. »Ich kann dir helfen.« Sie bückte sich, hob ein wenig Asche auf und rieb sie in Ivys Haar. Dann schwärzte sie die wieder völlig geheilte Haut an Arm und Schulter. »Deine Hand verbinden wir, dass sie niemand sieht. Und nachher ziehst du ein anderes Gewand an. Es wird sich hier im Turm schon irgendetwas finden. Sei guten Mutes. Alles bleibt, wie es war. Wir werden gemeinsam dafür sorgen, dass es niemand erfährt.«
     
    Franz Leopold schritt die Treppe hinunter. Es drängte ihn, ihr nachzueilen, so schnell er konnte, doch etwas in ihm hielt ihn zurück. Was ging hier vor sich? Warum war sie nach dieser Nacht wie von Weihwasser getroffen davongestürzt? Ein Teil seines Geistes drängte ihn, es gar nicht wissen zu wollen. Eine Ahnung flüsterte, dass nichts mehr so sein würde wie bisher, und doch setzte er einen Fuß vor den anderen und ging die nicht enden wollende Wendeltreppe hinunter, stieg über die verkohlten Reste der Tür und folgte den Stimmen, die aus der geschwärzten Lagerhalle drangen. Er wollte nicht lauschen und doch musste er es tun. Es war Alisa, die da sprach. Sie verdeckte die Sicht auf Ivy, als er unter die Tür trat. Was zum Teufel tat sie da? Sie schmierte Asche in Ivys Haar?
    »Sei guten Mutes. Alles bleibt, wie es war. Wir werden gemeinsam dafür sorgen, dass es niemand erfährt.«
    Eiseskälte rann durch seine Adern. »Was?«, fragte er tonlos. »Was wird niemand erfahren?«
    Die beiden Vampirinnen fuhren herum. Ivy stieß einen Schrei aus. »Geh, Leo, geh fort!« Unbeirrt kam er näher. Er beugte sich vor und betrachtete ihr Haar, dann wanderte sein Blick an ihrer Wange hinab zu Hals, Schulter und Arm bis zu den völlig intakten Fingern, die nur von der Asche geschwärzt waren. Die Erkenntnis fraß sich wie Gift in sein Herz. Er taumelte ein Stück zurück.
    »Du hast uns alle belogen! Betrogen hast du uns, unsere Clanführer und unsere Familien! Alle hast du hintergangen und diese Akademie beschmutzt!«
    »Franz Leopold, hör auf!«, schrie Alisa. »Du weißt nicht, was du sagst!«
    »Oh, ich weiß es sehr gut, und ich möchte noch viel mehr loswerden!«
    Er hatte sie geküsst, sich diesem Wesen geöffnet, es verehrt. Und sie? Hatte sie sich heimlich über ihn lustig gemacht? Über diesen einfältigen Dracas, den man so leicht hinters Licht führen konnte? Der Gedanke schmeckte bitter auf seiner Zunge.
    »Du hast es gewusst!« Er sah Alisa anklagend an.
    »Nein, habe ich nicht. Mir ist es eben erst klar geworden, genau wie dir!«
    »Aber es scheint dir nichts auszumachen.«
    Alisa hörte in sich hinein und sagte dann: »Es macht mir etwas aus, dass Ivy uns nicht genügend vertraut und das Geheimnis vor uns bewahrt hat. Dennoch stehe ich zu ihr, egal welches Blut

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