Lycana
durch ihre Adern rinnt.«
Franz Leopold kehrte zu seiner hochmütigen und abweisenden Miene zurück. »Das kann ich mir denken. Ihr Vamalia pflegt ja einen sehr intimen Umgang mit euren Unreinen, und es ist euch vermutlich auch völlig egal, mit wem ihr das Lager teilt.«
Alisa schlug ihm hart auf die linke Wange. Sie hätte ihm einen zweiten Schlag versetzt, aber Franz Leopold fing ihre Hand auf und quetschte sie in seinem Griff zusammen, als wollte er ihr alle Knochen brechen. Sie funkelten einander an.
»Verschwinde«, zischte Alisa. »Und halte dich in Zukunft von uns fern. Wage es nicht, auch nur ein Wort davon zu verlautbaren, sonst bist du der Nächste, der wie Ireen endet! Denn das ist es, was einen erwartet, wenn man sich gegen die Gemeinschaft der Erben wendet!«
Franz Leopold lachte schrill. »Ich habe ja schon eine Menge Unsinn aus deinem Mund gehört, aber das übertrifft alles.« Sein Arm schoss nach vorn. Sein Finger zeigte anklagend auf Ivy. »Das dort als eine Erbin zu bezeichnen, ist wohl der Gipfel an Dreistigkeit!« Ivy gab einen Laut von sich, der an ein gequältes Tier erinnerte.
»Verschwinde!«, wiederholte Alisa und legte schützend die Arme um Ivy.
»Ja, ich gehe, denn ich halte mich lieber in einer reineren Umgebung auf!«, zischte Franz Leopold und stürmte hinaus, nur um unter der Tür gegen Luciano zu prallen.
»Was ist denn hier los?«
»Geh hinein und sieh es dir an!«, höhnte Franz Leopold.
»Wage nicht, dein Schweigen zu brechen!«, schrie Alisa.
Er hielt inne. »Nein, ich werde nichts sagen. Es ist sogar unter meiner Würde, an etwas derart Unwertes einen weiteren Gedanken zu verschwenden!« Franz Leopold stürzte aus der Halle und lief in den Hof hinaus.
Luciano sah Franz Leopold nach, dann wandte er sich den Vampirinnen zu und trat näher. Seymour folgte ihm und ließ sich an seiner Seite nieder.
»Geh, bitte!«, flehte Ivy, und auch Alisa forderte ihn auf, sie alleine zu lassen, doch Luciano ignorierte sie. Stattdessen betrachtete er Ivy mit einem seltsamen Lächeln.
»Ist der gute Leo so aufgebracht, dass er seine gute Erziehung vergisst? Das kann nur bedeuten, er hat endlich herausgefunden, dass du eine Unreine bist.«
Ivy keuchte. »Du wusstest es?«
»Seit wann?«, verlangte Alisa zu wissen.
»Die Haarsträhne. Ihr erinnert euch?« Luciano zog eine silberne Haarlocke aus einem kleinen Beutel, den er anscheinend immer bei sich trug. »Ich habe mich gewundert, dass Ivy so außer Fassung geriet, nur weil Leo ihr eine Haarsträhne abgeschnitten hat. Ich konnte es mir nicht erklären! Und dann, ein paar Tage später, kam es mir so vor, als wäre eine andere Strähne kürzer als der Rest ihres Haars. Wie konnte das sein? Von nun an beobachtete ich Ivy und vor allem ihr Haar noch genauer.« Luciano lächelte verlegen. »Und es war tatsächlich so, dass nicht immer dieselbe Locke fehlte. Ich war sehr verwirrt, das muss ich zugeben. Um mir Gewissheit zu verschaffen, bin ich zu Ivys Sarg geschlichen, als die Schlaf kammer der Mädchen einmal leer war - und ich fand eine ganze Anzahl silberner Locken! Ich habe lange gegrübelt, aber die einzige Erklärung, die mir einfiel, warum ihr Haar so schnell über Nacht nachwuchs, war, dass sie nicht reinen Blutes sein konnte.«
»Und du hast dir nichts anmerken lassen!« Alisas Stimme schwankte zwischen bewundernd und gekränkt.
Luciano schüttelte den Kopf. »Wenn Ivy es uns nicht sagen wollte, dann war es ganz sicher nicht an mir, es auszuposaunen.«
»Dass Leo es nicht in deinen Gedanken gelesen hat, wundert mich«, meinte Alisa.
Luciano hob die Schultern. »Worüber ich nicht nachdenke, kann der Dracas nicht aus mir herauslocken. Nachdem mir klar war, dass es nicht anders sein konnte, habe ich nicht mehr darüber nachgedacht. Wozu auch? Ist das so wichtig? Ihr Vamalia geht mit euren Servienten ja auch anders um als wir Nosferas oder gar die Dracas. Warum also sollte Ivy nicht zusammen mit Mervyn die Akademie besuchen?«
Ivy umarmte ihn. »Du bist ein wahrer Freund, Luciano. Nicht einmal mir war klar, dass du um mein Geheimnis weißt - vielleicht weil ich zu sehr Angst hatte, was geschehen würde, wenn ihr es erfahrt.« Sie sah Alisa und Luciano aus ihren türkisfarbenen Augen an. »Ich hätte wissen müssen, dass ihr mich nicht verurteilt und unsere Freundschaft nicht aufgebt - zumindest ihr beide«, fügte sie traurig hinzu und blickte zu Boden.
Das brachte Alisa wieder in die Wirklichkeit zurück. »Wir müssen
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