Lycana
in die tiefsten Winkel seiner Seele durchleuchtet.
»Franz Leopold, willst du dich nicht auch dieser Gruppe anschließen? Du hast schnell gelernt und dürftest mit dem Wechsel keine Schwierigkeiten haben. Ja, ich hätte sogar vorgeschlagen, dass du mit Ivy zusammen als Falke fliegst.«
Ivy protestierte stammelnd, doch Franz Leopold erhob sich. Er bemühte sich um die abweisende, maskenhafte Miene, die er so gut beherrschte, und trat an Ivys Seite. Natürlich würde er den Lycana seine Fähigkeiten zur Verfügung stellen. Er war ein Dracas, und sie konnten sich glücklich schätzen, seine Unterstützung im Kampf zu haben!
»Danke«, murmelte Ivy, ohne ihn anzusehen. Vielleicht war es ihr gerade recht, den Nebel zu rufen und sich im Federkleid des Falken verbergen zu können. Catriona half Franz Leopold bei seiner Verwandlung. Er merkte gleich, dass zwischen einer Fledermaus und einem Greifvogel ein deutlicher Unterschied bestand, doch mit Catrionas Unterstützung schaffte er es, das grau gefleckte Federkleid eines Baumfalken anzulegen, während Ivy das braune Gefieder des Turmfalken zierte. Gemeinsam erhoben sie sich in die Luft. Die Fledermäuse, angeführt von Alisa, folgten in einigem Abstand. Die restlichen Erben näherten sich unter der Führung der Servienten aus Rom von zwei Seiten ungesehen den Klostermauern.
Warum haben wir nicht die Gestalt eines Adlers gewählt?, dachte Franz Leopold. So sind wir zwar schnell, doch unsere Schnäbel und Klauen sind viel zu schwach, um etwas zu transportieren.
Etwas wie den cloch adhair?, mischte sich Ivy ein. Er unterdrückte den Impuls, sie rüde anzufahren. Sie hatte nicht mehr das Recht, in seinen Geist einzudringen!
Ja, den cloch adhair. Um den Besitz dieses Steines dreht sich doch die ganze Farce.
Ivy landete auf einer Zinne des Kirchturms, der über der Vierung aufragte, und äugte nach unten. Wir sollen nur beobachten, wie Tara und Seymours Verhandlungen verlaufen, und herausbekommen, wo der Stein ist.
Franz Leopold hielt Abstand zu Ivy und ließ sich auf einer anderen Zinne nieder. Er würde sich von nun an in hoheitsvolles Schweigen hüllen. Wenn die Lycana so dumm waren, seinen Rat nicht zu wollen. Bitte!
Doch das war gar nicht so einfach. Gedanken ließen sich nicht völlig unterdrücken.
Gut, von hier aus haben wir die bestmögliche Sicht darauf, wie sie scheitern und die Werwölfe sich über die fruchtlosen Bemühungen der Lycana totlachen. Das ist ja auch viel wichtiger, als den Stein in Sicherheit zu bringen!
Er erhob sich und flog zu einem der beiden Kreuzgänge hinunter. Er landete auf dem eingebrochenen Dach und ging dann daran, sich einen Überblick über die anwesenden Werwölfe zu verschaffen. Mit wie vielen Gegnern würden sie es zu tun bekommen? Nach dem, was er bisher gesehen hatte, war ihnen der Feind zahlenmäßig unterlegen. Doch wo waren Tara und Seymour? Er flog eine Runde um die Kirche und spähte durch die großen Spitzbogenfenster. Franz Leopold entdeckte etwas Grünliches auf einem großen, quaderförmigen Steinpodest. War das der Stein, den die Lycana begehrten? Hatten die Werwölfe ihn dort mitten auf dem Altar platziert?
Ja, das haben sie. Sie sind nicht dumm. Sie wissen, dass die kirchlichen Kräfte des Altars dem Stein den besten Schutz vor den Lycana gewähren - zumindest vor den meisten!
Mit unseren Kräften rechnen sie offensichtlich nicht, dachte Franz Leopold verächtlich. Sie flogen wieder zum Kirchendach hinauf. Sich im Maßwerk der Kirchenfenster niederzulassen, wagten sie nicht. Es war sowieso ungewöhnlich, dass zwei Falken durch die Nacht flogen. Wenn sie jetzt auch noch im Fenster auftauchten, würden die Werwölfe wissen, dass sie ausspioniert wurden - und wer sonst als die wandlungsfähigen Lycana wäre dazu in der Lage? Dann würde ihnen auch klar werden, dass die Aura der Klostermauern nicht alle Vampire fernhalten konnte. Besser, sie wogen sich noch eine Zeit lang in Sicherheit.
Da flatterte eine kleine graubraune Fledermaus zu ihnen herab. Ja, ihr seid zu auffällig. Es war Alisa, die neben ihnen landete. Aber eine kleine Fledermaus kann sich in einer Nische verbergen und ein wenig lauschen.
Noch ehe die anderen reagieren konnten, erhob sie sich schon wieder in die Luft und flatterte durch eines der Fenster in das Kirchenschiff. Der größte Teil des doppelten Querschiffes bot keine Verstecke, doch unter dem Turm in der Vierung gab es genug dunkle Nischen. Alisa wählte eine, die ihr einen guten
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