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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Karen. »Das geht uns nichts an! Wenn wir einfach nach Süden davonziehen und in die Berge gehen, wie wir es ursprünglich geplant haben, kann uns nichts passieren.«
    »So?«, zischte Mac Gaoth. »Das sehe ich anders. Ich habe euch diese Waffen besorgt. Dafür seid ihr mir etwas schuldig. Ihr interessiert euch nicht für meinen Kampf, ich mich nicht für den euren. Heute Nacht werdet ihr eure Schuld begleichen - und ich rate euch, tut dies gut! Wenn ihr diese Nacht überlebt, dann mögt ihr mit den Waffen in euren eigenen Krieg ziehen.«
    Nellie sah in die Gesichter. Sie spiegelten erst Überraschung und dann Abwehr wider. Karen war schockiert und murmelte fassungslos etwas von »Verrat«, ihr Vater dagegen sprühte vor Zorn, was auch Mac Gaoth nicht entging. Mit Bedacht stellte er die beiden Kisten auf den Boden, dann sprang er plötzlich so schnell auf Nellie zu, dass sie nicht einmal zurückweichen konnte. Er schlang den Arm um ihre Mitte und zerrte sie ein Stück von den anderen fort.
    »Um euch die Entscheidung zu erleichtern, werde ich die liebe, kleine Nellie mit mir nehmen. Das dürfte euch ein wenig anspornen.«
    Nellie sah, wie sich ihr Vater bewegte, und auch Cowan schien bereit, seine Schwester wenn nötig mit Gewalt aus den Klauen  dieses Monsters zu befreien. Mac Gaoths Hand griff in ihren Nacken und umschloss ihn wie eine eiserne Klammer.
    »Versucht es nicht. Ich würde ihr mit einem einzigen Ruck das Genick brechen, ehe ihr mich erreichen könnt.«
    Nellie glaubte ihm. Sie sah zu ihrem Vater und Bruder hinüber, die sich nur mühsam zurückhielten, die Drohung allerdings ernst zu nehmen schienen.
    »Du wirst meiner Tochter nichts tun, sonst werde ich dich finden und töten!«, drohte ihr Vater, was Mac Gaoth nicht zu beeindrucken schien. Cowan dagegen kam langsam auf sie zu, die Hände in einer besänftigenden Geste erhoben.
    »Ich komme mit dir! Was kannst du dagegen haben? Zwei Geiseln sind besser als eine!« Er stellte sich neben Mac Gaoth, der einen Augenblick überlegte und dann nickte.
    »In Ordnung. Ich hoffe, du weißt, dass jeder Fluchtversuch für euch beide tödlich enden wird. Begeht nicht den Fehler, mich zu unterschätzen.«
    Cowan nickte ernst, aber es kam Nellie vor, als würde er ihr kurz zuzwinkern. Myles stöhnte auf, Nellie sah es ihrem Vater jedoch an, dass er stolz auf seinen Sohn war.
    »Ich bringe sie heil zurück, Vater«, sagte er und kam sich sicher sehr erwachsen und männlich vor. Hatte er keine Angst? Nellie schielte zur Seite. Wenn doch, so verstand er gut, sie zu verbergen.
    Mac Gaoth forderte Cowan auf, die beiden Kisten zu tragen, während er zwei der Leinenpakete von einem der Ponys löste und sich unter den Arm klemmte. Kein Mann hätte beide Gewehrbündel tragen können, doch Mac Gaoth schien das Gewicht nicht einmal zu spüren. »Das ist mein Anteil. Und nun kommt mit zum Kloster hinüber, während ihr anderen euch schon einmal in eine taktisch gute Position bringen solltet«, riet er Myles. Dann verließ er den Hain und eilte über die Wiese auf die vor ihnen aufragende Klosterruine zu. Cowan und Nellie hatten Mühe, mit ihm Schritt zu halten, obwohl er die schweren Gewehre trug. Schweigend  rannten sie neben ihm her. Zu fliehen wagten sie nicht. Nellie stand noch zu deutlich das Bild der herausgerissenen Kehlen vor Augen.
     
    Er fühlte sich, als sei er in Trance oder als kontrolliere ein mächtiger Vampir seinen Geist und schicke ihn ganz nach Belieben mal in diese mal in jene Richtung. Seine Stimmungen wechselten rasch. Gefühle, die er kaum kannte, brachen über ihn herein. Selbstzweifel und tiefe Traurigkeit, Leere und Verzweiflung. Fast begrüßte er den Hass und die Gedanken an Rache, die dazwischen auftauchten. Die Nacht rauschte an ihm vorbei, aber es kam ihm vor, als sei er nur ein Zuschauer und nicht wirklich daran beteiligt. Es sah Ivy gestikulieren und Anweisungen geben, und er konnte auch ihre Worte hören, sowie die Alisas und Lucianos und die Gespräche der anderen, aber es berührte ihn nicht. Franz Leopold hielt ein Schwert in der Hand und ging neben seinem Vetter Karl Philipp her, sein Geist jedoch huschte zurück in die Vergangenheit, Bilder blitzten auf und brachten bittersüßen Schmerz: Wie er sie in Rom aus dem Brunnenschacht befreit hatte, wie sie seine Wange berührt und seinen Namen geflüstert hatte, die Nacht in Dunluce, als sie zusammen über das Meer geschaut hatten, die Höhle von Aillwee, der unerlaubte Flug durch die Moore

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