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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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worden war. In der Ecke stand ein moderner Kachelofen, der nun natürlich nicht mehr benutzt wurde. Die Burg musste über die Jahrhunderte von Menschen bewohnt worden sein, die sie immer wieder umgebaut und ihren wachsenden Bedürfnissen angepasst hatten. Interessiert sah sich Alisa um. Luciano richtete seine Aufmerksamkeit mehr auf Tadleigh und auf die Krüge, die er nun hereintrug.
     
    Sie wartete, bis die Erben in dem milden Rausch versunken waren, den ihnen das Tierblut schenkte. Die Lycana und die fremden Servienten würden später zum Dorf hinübergehen, wo es genug Beute für sie gab, um ihren Hunger zu stillen. Ihre Schützlinge mussten in der Burg zurückbleiben. Nicht unbewacht, wie sie vermutete. Im Augenblick j edenfalls waren die Neuankömmlinge mehr damit beschäftigt, die Räume der Burg zu besichtigen, als auf die jungen Vampire zu achten. Vielleicht war das die beste Gelegenheit, vielleicht die einzige, die sich ihr vor Sonnenaufgang bot! Zum Glück  war sie so vorausschauend gewesen, die Dose am Abend aus ihrem Sarg zu nehmen und in der Tasche ihres Gewandes zu verbergen. Ihre Finger tasteten über die gerundeten Kanten. Noch einmal ließ sie den Blick unter ihren gesenkten Wimpern durch den Saal wandern, doch niemand schien sie zu beachten. Sie widerstand dem Drang, sich die Kapuze über den Kopf zu ziehen und ihr Gesicht zu verbergen. Dies hätte in dieser Situation vermutlich genau den gegenteiligen Effekt gehabt. Stattdessen schob sie sich unauffällig in Richtung Tür. Immer wieder blieb sie stehen, betrachtete hier eine Rüstung aus dem späten Mittelalter, dort zwei gekreuzte Schwerter an der Wand. Als Nächstes steuerte sie eine Fahne an, die neben der offenen Eingangstür an der Wand befestigt war. Scheinbar auf den alten Fetzen Stoff konzentriert, wartete sie auf den Moment, da sie unbemerkt aus dem Saal schlüpfen konnte. Sie warf noch einmal einen Blick zurück zu ihrem Vetter. Nein, er achtete nicht auf sie und hatte ihr den Rücken zugekehrt. Mit einer raschen Bewegung huschte sie durch den Türbogen und drückte sich auf der anderen Seite an die Wand. Mit einem Blick nach allen Seiten vergewisserte sie sich, dass keiner zu sehen war. So schnell sie konnte, bog sie in den kurzen Gang, der in das dem Hauptturm angebaute niedere Nebengebäude führte. Am Ende des Flures war der Zugang zum Wachturm, von dem aus man das große Eingangstor von außen gut im Blick hatte und natürlich auch jeden Eindringling unter Beschuss nehmen konnte. Links von ihr führte eine schwere, eisenbeschlagene Tür in den Hof hinaus. Der Riegel war nicht vorgeschoben. Gut, so konnte sie die Tür geräuschlos öffnen und durch den Spalt hinausschlüpfen.
    Die Vampirin blieb in der Ecke zwischen Außenmauer und dem Anbau stehen und betrachtete den vor ihr liegenden Hof. Dass das große Tor verriegelt und mit einem dicken Balken gesichert war, wunderte sie nicht, doch sie brauchte die Burg nicht zu verlassen, um ihre Aufgabe zu erledigen. Sie fasste in ihre Tasche und zog die Dose heraus. Sie trat ein paar Schritte von der Mauer weg, löste behutsam den Deckel und hielt dann den unteren Teil mit  ausgestrecktem Arm von sich weg. Ein unruhiges Flattern war zu hören, dann ein helles Fiepen, als die winzige Fledermaus ihre Flügel entfaltete und sich in den Nachthimmel erhob. Sie umkreiste noch ein paar Mal die einsame Gestalt im Hof, dann schwang sie sich über die Burgmauer und verschwand. Die Vampirin rührte sich nicht und sah noch immer auf die Stelle, an der die Fledermaus ihren Blicken entschwunden war, als eine Stimme hinter ihr sie zusammenzucken ließ.
    »Was machst du hier draußen?«
    Sie fuhr herum. Konnte er in ihrem Gesicht oder gar in ihren Gedanken lesen? Es war der Servient Clotworthy, dem die Altehrwürdige aufgetragen hatte, vom Turm aus das Tor zu bewachen. Hatte er gesehen, was sie getan hatte? Sie versuchte, den Gedanken daran aus ihrem Geist zu verbannen. Sie setzte eine möglichst unschuldige Miene auf und hob die Schultern.
    »Nichts Besonderes. Ich wollte nur noch ein wenig die Burg betrachten und die Nachtluft genießen, bevor wir wieder in unsere Särge gesperrt werden.«
    Er brummte nur und forderte sie auf, in den Saal zurückzukehren. Sie lächelte ihn an, wandte sich ab und eilte zurück. Ihre Aufgabe für heute war vollbracht.
    Vor der Tür zum Saal blieb sie noch einmal stehen, holte tief Luft und schlüpfte dann hinein. Wo war ihr Vetter? Hatte er ihre Abwesenheit bemerkt? Rasch

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