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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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einer kleinen Blutlache hinab. Ein Gefühl von Trauer breitete sich in ihr aus, als sie ihren Wölfen den Hang hinauffolgte. Sie entdeckte immer mehr Blut auf dem morastigen Boden, auf Blättern und abgeknickten Zweigen. Von Hunden oder von Wölfen? Die beiden grauen Tiere an ihrer Seite winselten leise. Tara schob mit ihrem Stab die stacheligen Zweige des Buschwerks zur Seite, das ihr den Weg versperrte. Sie musste sie nicht kraftvoll biegen. Sobald der Stab sie berührte, wichen die Zweige zurück und ließen sie und ihre Wölfe passieren. Tara sah die Ohren der Tiere nervös zucken.
    »Ich kann sie auch hören«, sagte die Druidin leise und fragte sich, was das zu bedeuten habe. Dann hörten die Büsche plötzlich auf und gaben eine felsige Mulde frei, die an einer Wand endete, die nicht die Natur geformt hatte. Hatten die Menschen hier ebenfalls nach den Erzen gesucht, die ihnen so wertvoll waren? Der Anblick gab der Druidin einen leichten Stich. Es war wie eine Wunde, die man dem Berg zugefügt hatte und die nur langsam wieder verheilte.
    Die Wunden, die man Peregrine zugefügt hatte, würden dagegen nie mehr verheilen! Sie hatte es geahnt, und doch wurde ihr Herz schwer, als sie ihn entdeckte.
    Zuerst jedoch fiel ihr Blick auf die vier groß gewachsenen, ausgemergelten Gestalten, die sich über den Körper, der am Boden lag, beugten. Noch ehe sie herumfuhren, sah sie an ihrem Körperbau und den verfilzten, langen Haaren, dass es Werwölfe waren. Nun, als sie sich zu ihr umdrehten, erkannte sie die Mitglieder von Áthair Faolchus Sippe. Er selbst war nicht bei ihnen, dafür der ungezähmte Mac Gaoth und Ivarr, einer seiner Bewunderer. Mac Gaoth starrte die Druidin grimmig an und zeigte die Zähne.
    »Tamara Clíodhna, was willst du hier? Das ist nicht deine Sache.«
    »Er ist einer der euren, ich weiß«, erwiderte Tara freundlich. »Möge seine Seele unbeschadet in die Anderwelt gelangen und, wenn die Zeit reif ist, in einem neuen Körper zurückkehren.«
    Der junge Werwolf knurrte. »Spar dir deine Worte. Er hat sie nicht verdient. Er war ein Verräter.« Er hob ein Seidentuch hoch, das ursprünglich sicher nicht Peregrine gehört hatte, und zog es über seine geblähten Nasenflügel. »Wisst ihr, was ich wittere? Vampire!«
    »Das hat nichts mit seinem Tod zu tun«, wehrte Tara ab.
    »Nein?«, rief ein anderer, an dessen Name sie sich nicht erinnern konnte. »Dann hast du die Lage nicht richtig erfasst, Druidin Tara. Wie verwunderlich. Lass dir sagen, er ist genau deshalb gestorben!« Er riss Mac Gaoth das Tuch aus der Hand und stopfte es mit einem Ausdruck der Verachtung in die Tasche.
    »Nun folge deinem Weg und lass uns den unseren gehen. Und falls du noch einen gut gemeinten Rat hören willst: Halte dich für eine Weile von den Mooren Connemaras fern.« Er reckte den Hals und schob das Kinn vor. »Wer sich in Dinge einmischt, die ihn nichts angehen, der könnte Schaden nehmen. Hast du verstanden?«
    Die Druidin nickte bekümmert. »Ja, deine Drohung war deutlich. Ich möchte nur, dass ihr keinen Fehler begeht.«
    Er schnitt ihr das Wort ab. »Wir brauchen weder deine Erklärungen noch deinen Rat. Geh!«
    Die vier Werwölfe hoben den Körper auf, der Taras Blicken bisher verborgen geblieben war. Wenn sie nicht gewusst hätte, dass es Peregrine sein musste, wäre es ihr vermutlich schwergefallen, ihn zu erkennen. Er steckte noch in seinem Wolfskörper, der regelrecht zerfetzt worden war. Der Tod hatte ihm sein menschliches Gesicht zurückgegeben, das jedoch blutig aufgerissen und in Pein zur Unkenntlichkeit verzerrt war. Tara wäre gern zu ihm gegangen, um ihn zu berühren und einen Segen zu sprechen, doch die vier grimmigen Mienen hielten sie zurück. So wandte sie sich ab und murmelte die alten keltischen Worte vor sich hin.
    Die Druidin zog sich mit ihren Begleitern in die Büsche zurück, bis die Werwölfe sich mit ihrem Toten entfernt hatten. Dann kehrte sie zu der Stelle zurück, an der Peregrines Körper gelegen hatte. Reglos stand sie da und betrachtete die Spuren, die ihr verwirrende Geschichten erzählten. Die alte Druidin schüttelte den Kopf. Sie konnte nicht klar sehen, was hier geschehen war. Hatten die Menschen mit ihren Hunden ihn in die Enge getrieben und getötet? Oder waren es die Werwölfe seiner Sippe selbst gewesen, die ihm gefolgt, ihn beobachtet und seine Liebe zu einer Vampirin mit dem Tod bestraft hatten? Oder hatten gar die Lycana ihn auf dem Gewissen? Tara wusste es nicht. Sie

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