Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde
entschuldigen. Ich kann Sie gut verstehen.« Das sagte sich so leicht, trotzdem war Lydia gerührt.
»Kommen Sie wieder, wenn Sie bereit sind«, fügte er hinzu. Er stand ebenfalls auf und machte seinen Gitarrenkoffer zu.
Sie betrachtete ihn. Er wirkte so normal, so bodenständig. Während der Andacht hingegen hatte er beim Gitarrenspiel wie ein Engel ausgesehen. Aber er war aus Fleisch und Blut, so wie sie. Warum hatte er eine solche Macht über ihre Gefühle?
»Wenn ich bereit bin?«
»Bereit, zu Gott zurückzufinden.«
»Warum Sie?«, fragte Lydia. »Was haben Sie in meinem Traum gemacht?«
Sie wusste, was er sagen würde, und war jetzt schon enttäuscht über seine klischeehafte Antwort.
»Die Wege des Herrn sind unergründlich, Lydia.«
Als sie die Kirche verließ, war sie noch ratloser als vorher. Und doch war eine schwere Last von ihr abgefallen.
DREIZEHN
B evor Jeffrey zur Wache fuhr, rief er sein New Yorker Büro an. Er wollte seine Partner informieren, dass er Lydia inoffiziell bei einer Recherche unterstützte. Während er mit Jacob Hanley telefonierte, drehte er eine letzte Kontrollrunde durch Lydias Haus.
»Soll ich ein paar Jungs runterschicken?«, fragte Hanley.
»Nein, nicht nötig. Zumindest jetzt noch nicht. Ich glaube nicht, dass sie an einer großen Sache dran ist.«
»Na ja, in meinen Ohren klingt es schon verdächtig. Außerdem hat sie sich noch nie geirrt.«
»Nur aus dem Grund bin ich hier.«
»Ja, klar.«
»Was soll das denn heißen?«
»Ich wünschte, ihr zwei würdet endlich die Kurve kriegen.«
»Hanley, kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten.«
»Im Ernst, du solltest einfach die Initiative ergreifen. Zwing sie, dir zu gestehen, dass sie dich auch liebt, Mann! Stell ihr ein Ultimatum.«
»Du hast wohl zu viele Liebesfilme geguckt. Halt die Klappe, Hanley.«
»Reg dich ab. Wie wäre es, wenn ich ein paar Namen durch den Computer laufen lasse? Wie hießen die Opfer?«
»Gute Idee. Mach dich endlich einmal nützlich.« Er gab Hanley die Namen durch und legte auf. Glaub mir, dachte er, niemand sehnt sich mehr danach als ich, die Kurve zu kriegen.
Mit den Sicherungsvorkehrungen in Lydias Haus war Jeffrey zufrieden. Allerdings fand er es unsinnig, dass der Sicherungskasten sich draußen in einem wasserdichten, gelben Kasten befand und damit die Stromversorgung der Alarmanlage ausgelagert war. Er machte sich jedoch keine ernstlichen Sorgen, da das System bei Stromausfall automatisch Alarm schlug und einen Notruf bei der örtlichen Polizei absetzte. Trotzdem musste er mit Lydia darüber sprechen.
Er stieg in Lydias Mercedes Cabrio und fuhr zur Wache. Er spielte mit dem Gedanken, sich telefonisch bei Morrow anzukündigen, beschloss aber, sich den Überraschungseffekt zunutze zu machen. Jeffrey wusste nicht, wie die örtliche Polizeibehörde über Privatdetektive dachte. Er war auf der Suche nach den ungeschönten Fakten, nicht nach subjektiven Eindrücken und persönlichen Interessen. Wahrscheinlich nahm Morrow sich nach ihrer letzten Begegnung in St. Louis in Acht. Damals hatte Jeffrey gedacht, dass Morrows Karriere am Ende war. Ob Morrow immer noch trank?
Er betrat die kleine, in einem freistehenden Haus untergebrachte Wache. Am Empfang saß ein untersetzter, rothaariger Polizist, der ihn misstrauisch beäugte.
»Mein Name ist Jeffrey Mark«, sagte er und zeigte gewohnheitsmäßig seinen Detektivausweis vor. »Ich möchte mit Chief Simon Morrow sprechen.«
Der Polizist griff zum Telefonhörer und wählte, ohne Jeffrey aus den Augen zu lassen.
»Chief, hier steht ein Privatdetektiv, der Sie sprechen möchte.« Er hielt inne. »Okay.« Zu Jeffrey sagte er: »Worum geht es?«
»Sagen Sie ihm einfach, Lydia Strong hat ein paar Fragen zu Lucky.«
Der Sergeant gab die Informationen weiter, hörte zu und legte auf.
»Setzen Sie sich. Er ist gleich da.«
»Danke, ich bleibe lieber stehen.«
Morrow erschien in dem Türrahmen hinter dem Empfangstresen. Er brauchte einen Augenblick, bis er Jeffrey erkannte, aber er fing sich schnell und streckte seine Hand aus. Jeffrey erwiderte den festen, wenn auch feuchten Händedruck. Morrow wirkte nüchtern. Sein Blick war wach, sein Atem roch nach Pfefferminz und Kaffee.
»Agent Mark, was kann ich für Sie tun?«
»Ich bin nicht mehr beim FBI , Chief. Ich habe eine Detektei gegründet.«
»Was bringt Sie nach New Mexico?«
»Ich wollte kurz mit Ihnen über die vermissten Personen reden.«
»Warum?«
»Sagen wir es so …
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